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haben sollen. Auch letzteres kann leicht auf die für ein Schuldorf notwendigen 400—500 Einwohner ge bracht werden, da jeder der schematisch vorgesehenen acht Weiler um den kulturellen und geschäftlichen Kern mindestens sechs Höfe zu 20 ha und zwei Höfe zu 30 ha aufweisen soll. In der Praxis wird man dem Kern allerdings meist ein solches Uebergewicht geben wollen, daß für diesen die Form des Weilers zugunsten der des Straßendorfes zurücktritt und damit sich auch die Zahl der Weiler verringert. Der Plan Seite 175 muß als ein Beleg für diese Entwicklung angesehen werden. In der Frage der Flurnähe schneidet der Anger-Weiler besonders gut ab; die mittlere Wirtschaftsentfernung beträgt für seine 20 ha großen Höfe 440 m und die 30 ha großen 650 m. Grundsatz ist allerdings, daß sich die Fluren der einzelnen Weiler nicht überschneiden bzw. die Böden keine größeren Unterschiede aufweisen. Hervorgehoben wird dann durch Prof. Wickop das begrenzte Straßendorf mit einer und mit doppelter Längsstraße. Begrenzt insofern, als es sich um einen an beiden Seiten deutlich abgeschlossenen zweiseitigen Straßenraum handelt; im Prinzip also die gleiche Dorfform, die Diplomgärtner Werner Junge in der „Gartenkunst“ Nr. 10/1941 gezeigt hat. Die Wirt schaftsentfernungen liegen beim Straßendorf beider seits einer Längsstraße in Anbetracht der Zusam menfassung von mindestens 26 Höfen (22 Höfe mit rund 20 ha, 4 Höfe mit 30 ha) mit allen notwendigen übrigen Bauten und Einrichtungen recht günstig, nämlich 750 m für die 20-ha-Höfe und 855 m für die Höfe über 20 ha. „Ein besonderer Vorteil ist für alle Bewohner eines solchen Siedlungskerns die Nähe der Wege im Dorfe“, schreibt Prof. Wickop. „Diese Form des begrenzten Straßendorfes wird für die Gestaltung von Siedlungskernen besondere Beachtung verdienen, aber man wird versuchen, Siedlungskerne dieser Art so kurz wie möglich zu halten und sie an beiden Enden deutlich und endgültig abzuschließen ..." Schließlich wird auch noch das begrenzte Straßen dorf mit langer Doppelstraße untersucht und dort empfohlen, wo es darauf ankommt, ohne wesentliche Verlängerung des Straßendorfes sehr viel mehr Höfe anzusetzen wie beim Straßendorf an einer Straße. (Mehr Hofstellen bietet aber auch das im Auf satz von Diplomgärtner Junge gebotene Beispiel, wo eine zweite Straße in leichtem Bogen quer zu einer andern steht.) Als praktisches Ergebnis der theoretischen Unter suchungen von Prof. Wickop muß vor allem die Er kenntnis der wirtschaftlichen Ueberlegenheit des Weilerdorfes (440—650 m mittlere Wirtschaftsentfer nung bei den Weilern) und die noch gute Wirtschaft lichkeit des kurzen begrenzten Straßendorfes (750 bis 855 m m. W. E.) und des begrenzten Doppelstraßen dorfes (1060—1433 m m. W. E.) angesehen werden. Die durch den Zusammenschluß der letztgenannten Sied lungen sich steigernde Wirtschaftsentfernung wird jedoch gemildert durch die Verkürzung des Weges zu anderen, das dörfliche Leben ausmachenden Einrich tungen. Grundsätzlich sollen die Hauptgebiete der Dörfer so angelegt werden, daß sie weder Eisenbahn- noch Fern verkehrsstraßen durchschneiden, sondern mit diesen nur durch Stich- oder Dorfverbindungsstraßen ver bunden sind. Solche und andere „Hindernisse“ werden überhaupt jede schematische Aufteilung der Dorf gemarkung verhindern, deren wünschenswerte recht eckige Umgrenzung daher oft nicht möglich sein wird. „Bei Neuplanung muß grundsätzlich vermieden werden“, schreibt Prof. Wickop, „daß ein derartiges Hindernis den Weg vom Hof zum Acker durchschnei det. Es bleibt also nichts anderes übrig, als die durch Straße, Bahn, Bach oder Steilhang abgeschnittenen Flächen, die Reststücke der Gemarkung, durch Kleinsiedlungskörper, gelegentlich auch durch eine kurze Reihe von Einzelhöfen, aufzuschließen. Oft wird dann noch im äußersten Zipfel der Gemarkung ein Einzelhof, dann möglichst ein Großhof, angesetzt wer den müssen ..." — Und betreffs Landschaftsgestaltung heißt es: „Man erkennt die Notwendigkeit der rechtzeitigen Einschaltung des erfahrenen Land schaftsgestalters. Aber auch der kann erst arbeiten auf dem Fundament der mühevollen Arbeit des Vermes sungsingenieurs. Erst an Hand seiner zuverlässigen Darstellung alles Vorhandenen lassen sich die ersten dorfplanerischen Entscheidungen treffen. Wenn der Besiedlungsraum gewählt ist, wird zunächst der Land schaftsgestalter die Landschaft selbst planend verbes sern oder unter Umständen von Grund auf neu gestal ten. Er wird nach der Bodenwertkarte die aufzufor stenden Flächen ausweisen; er wird, bei Gefahr der Verwehung, Windschutzwaldstreifen und Wallhecken vorläufig festlegen. So wird er die „Kulturlandschaft“ oft erst planend „schaffen“ und auch Grundsätze der „Grünpolitik“ im Dorfe klären.“ In seinem Seite 175 abgebildeten Entwurf für den Sied lungsraum von Uniejow, Reichsgau Wartheland, ent spricht Prof. Wickop dem dort so verheerenden Ost wind durch 30 m breite Mischwaldstreifen zwischen 700 bis 800 m breiten Räumen von allgemein nord-südlicher Richtung. 6 m hohe Querhecken in etwa gleichgroßen Abständen sichern gegen weitere Kaltluftströme. Auch sind auf Grund eines generellen Entwurfs von Prof. Wiepking-Jürgensmann Flächen unter Bodenwert 24 aufgeforstet. Bei größeren Unterschieden der Boden werte sind statt der grundsätzlich geforderten zwei Flure nicht hofgebundenen Landes auch drei oder vier empfohlen, um eine gerechte Verteilung von Aeckern verschiedenen Bodenwertes zu erreichen. Der Idealplan für den Siedlungsraum Uniejow ist ein begrenztes Straßendorf mit mehreren außenseitigen Anger-Weilern in besonderen, durch „Hindernisse“ abgetrennten kleinen Landschaftsräumen. (Im Prinzip übereinstimmend mit dem Aufbau des ferner in dieser Ausgabe veröffentlichten Wettbewerbsentwurfes eines Dorfes im Warthegau von Diplomgärtner Hans Sachs und Gartengestalter Ger hard Voigt, Pose n.) Auf dem Plan von Prof. Wickop trennt im Norden der Gemarkung eine Fern verkehrsstraße ein geschlossenes Gebiet für einen Weiler ab, dessen entfernteste Schläge wiederum einem Großhof zugeschlagen sind, weil diesem die not wendigen Verkehrsmittel zur Verfügung stehen. Im