Volltext Seite (XML)
Zur Stadt gehört die die Stadt umgebende Kulturlandschaft. Diese soll nach den Erkenntnissen naturwissenschaftlicher, bäuerlich-wirtschaftlicher und volkskundlicher Voraussetzungen stetig verbessert, verfeinert, vergei stigt und veredelt werden. Im einzelnen verlangt die Betreuung des Stadt bürgers durch den Landschafts- und Gartengestalter außer den oben gesag ten Grundlinien noch städtische Schmuckplätze, die die Freude und den Stolz des Stadtbürgers zum Ausdruck bringen sollen; Volksparkanlagen, die die Stadt durchlüften und die den Stadtmenschen in zusammenhängenden Grünzügen möglichst aus der Stadtmitte bis in die bäuerliche Kulturland schaft hineinführen. Diese müssen lärm- und verkehrssicher sein, sie sollen einfach gehalten und nicht modisch sein. Jeder Stadtbürger hat das Recht auf kleingärtnerische Betätigung; deshalb Kleingärtenanlagen als organische Glieder städtischer Grünpolitik. Bürger gärten sollen durch die Anwendungsmöglichkeiten von Stauden, Sommer- blumen, Rosen, Wasserpflanzen und dergleichen pflanzlicher Einheiten mehr dem Stadtmenschen das Erlebnis des Gartens und des Garteninhaltes, der Pflanze und der zum Garten gehörigen Tierwelt offenbaren. In der Stadt gehört der Vorgarten zum Straßenraum und soll deshalb ein heitlich den Gedanken des Stadtbaus und der Volksgemeinschaft tragen. Der Hausgarten in der Stadt soll schlicht und einfach, aber auch wohnlich sein. Unsere Friedhöfe müssen ein anderes Gesicht erhalten, als sie es heute zeigen. Geschäftliche Grundlagen soll der Friedhof nicht haben, sondern er soll der Ausdruck unserer volklichen Lebensgemeinschaft sein. Wir wollen deshalb versuchen, daß auch der Gottesacker den Gemeinschafts gedanken für alle Volkskreise verkörpert. 2. Professor Dr. Anton Eibl von Eibesfeldt, Klosterneuburg, Deutschland: Grünanlagen und öffentliche Gärten im antiken Städtebau. Die Grünanlagen und Gärten im Städtebild hängen eng zusammen mit den Richtlinien des Städtebaues. Die urtümliche Stadtanlage Grie chenlands zeigt unregelmäßige Gassen, einen oder mehrere Plätze — Agora — die als Versammlungsort und Tummelplatz der Bürger geplant sind, daher von einseitig offenen Markthallen auf drei Seiten umgeben werden. Die Mitte des Platzes bleibt frei, Standbilder, eventuell Altäre wer den aufgestellt. Die Straßen führen an dem Platz entlang. In der alten Stadt ist wenig Platz für den Privatgarten, er kommt aber als Hofgarten oder kleiner Hausgarten da und dort vor. Nachdem die Städte in den peloponne- sischen Kriegen größere Bedeutung als Zufluchtsort gewannen, entsteht die erste öffentliche Gartenanlage durch Bepflanzung der Agora. Auch die Aus gestaltung der Jugendbildungsanstalten (Gymnasien und Palästra) in und außerhalb der Stadtanlagen tritt auf. Der Grieche empfindet die Umgebung der Stadt als zur Stadt gehörend (Athen, Plan). Neuer Stadttyp Griechenlands durch Aristodemos von Milet: Städte mit regelmäßigen Straßenzügen, Baukomplexe rechteckig bis quadratisch, einzelne Stadtviertel aber nicht symmetrisch, indessen harmonisch anein ander gefügt, Möglichkeit der Gartenplanung gleichzeitig mit der Stadt planung (Milet, Plan). Vergrößerung des Weltbildes durch Perserkriege und Alexander den Großen, Einfluß des Orients. Früher Gartenbepflanzung bescheidener mit heimischen Gehölzen, und nur dann in regelmäßigen Reihen, wenn es Zweck und Harmonie erforderte. Jetzt größere Tendenz zur Rei henbepflanzung und zu fremdländischen Gehölzen. Gartenstädte in den Diadochenreichen Antiochia und Alexandria (Plan). Bei letzterer nehmen die öffentlichen, königlichen und Privatgärten in- und außerhalb der Mauern ein Viertel des Stadtareals ein und hängen alle miteinander zusammen. Im Zentrum der Stadt liegen das Museum, das Dikasterium und das Gymnasium mit ihren Gärten. Auch die Gärten der Totenstadt werden in die Grün flächen mit einbezogen. Das alt-italienische Städte bild ist ähnlich dem alt-griechischen, hat aber andere Ideologie. Die Mauer ist hier die Grenze der Stadt, um die das „Pomerium" eine Art Isolierschicht bildet. Die Fundamente der Mauern verankern alles, was innerhalb ist, mit dem Boden und stellen die Stadt daher unter den Schutz der Unterirdischen — ursprünglich der Erdgöttin, somit auch alle Gärten innerhalb der Mauern; d. i. besonders wichtig, als Rom die Großstadt der Kaiser war. Der Gartengürtel umschloß sie inner- platz für die Kinder. Der Garten als Arbeitsstätte ermöglicht dem Erwach senen den körperlichen Ausgleich durch -eine sinnvolle gesunde und den natürlichen Lebensrhythmen ange paßte '.Beschäftigung. Obst und Ge müse bieten eine wirtschaftliche Bes serstellung und bilden eine wesent liche Ergänzung der einseitigen städti schen Ernährung; selbstgepflegte Blu men erhöhen die Lebensfreude. Als Lehrer und Erzieher bringt der Gar ten -den Menschen dem organischen Naturgeschehen nahe und stellt ihn in den Rhythmus der Jahreszeiten, des Werdens, Wachsens und Vergehens, er erzieht ihn zu Fleiß, Aufmerksamkeit und Ordnung und liebevoller Pflege. Er macht ihn zum wertvollen Mitglied der Volksgemeinschaft. Er ermöglicht ihm alber auch einen inneren Zugang zu den tieferen Untergründen des Le bens und ein Verständnis für eine Rangordnung der echten Werte. Darum bedeutet die Sorge für eine Verbindung möglichst vieler Volks genossen mit dem Boden eine wichtige Aufbauarbeit am Volke. Prof. Dr. Ebert, Oberlandwirtschafts- rat im Reichsnährstand, Berlin Gartenkultur als Voraussetzung für die Entwicklung des Erwerbsgarten baues Gartenkultur behandelt ein Teilstück aus dem gesamten kulturlichen Leben eines Volkes. Sie kann nicht inter national gleichmäßig .sein, sondern ist in ihrem Werden und Charakter an Völker gleicher .geistiger Auffassung gebunden. Ihre Ausrichtung läuft der Entwicklung der Wohnkultur der Völ ker parallel, die ihrerseits vom Stand ort und Klima des betreffenden Volks beeinflußt wird. So wie das Haus sich in Küche und Wahnraum gliedert, finden wir im Garten schon frühzeitig den Nutz gartenteil und den Ziergartenteil. Vom Nutzgarten her empfing der .Gemüse- und Obstbau seine ent scheidenden Anregungen und da her auch von den Völkern, bei denen die Geselligkeit stark mit den verfei nerten Tafelfreuden verknüpft ist und deren Leben .sich mehr in der Oeffentlichkeit abspielt. Klimatisch ungünstig wohnende Völker mit hoher Naturverbundenheit legen mehr Wert auf die wohnliche Ausgestaltung des Gartens, vor allem, wenn sich bei ihnen das tägliche Leben mehr im Familienkreis abspielt. Von hier stammt im wesentlichen die Förde rung des Blumen- und Zierpflanzen baus und das um so mehr, wenn die Blume (auch in symbolischen Zu- sammenstellungen) Beistandteil der Wohnraumausstattung wird. Das Auf treten von besonderen Vereinigungen, die sich besonders mit dem Studium und dem Sammeln von Sorten einzel ner Pflanzengattungen beschäftigen, sind für diese Völkergruppen charak teristisch. Während der Nutzgartenbau (Obst- und Gemüsebau) seine Hauptforde rung aus den neuen Erkenntnissen der Ernährungswirtschaft und dem Auf-