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Claude Lorrain (1600—1682). Aus: „Der Landschaftsgarten". Hugo Schmidt, Verlag, München. unseren , unter den zerteilenden Kräften der Naturwissenschaf ten, insbesondere dem botanisch-dendrologischen Interesse leidenden modernen Anlagen voraus hatten“. Man soll eben erkennen, „daß bei dem Vorgang der Naturnachahmung die Eigenschaft der Schlichtheit vorangestellt werden muß, das, was Winckelmann die edle Einfalt und stille Größe zu bezeichnen lieble“. Alle, die die deutsche Gartenkunst nicht nur als gegeben, sondern als errungen ansehen, werden dem 1927 im Verlag Hugo Schmidt, München, erschienenen Werke „Der Land schaftsgarten“ unter den, ach so wenigen wirklich guten und tiefgründigen Gartenkunstbüchern einen Ehrenplatz geben. Hallbaums Buch lehrt den Praktiker, daß bei aller Vertraut heit mit den einzelnen Stilelementen doch nur die geistige Tiefe einer blutmäßig, weltanschaulich, ja sogar religiös verankerten Naturbetrachtung zu einer Schöpfung führt, die nicht Gefahr laufen wird, noch zu Lebzeiten des Gestalters oder gar nach wenigen Jahren als überholt abgetan zu werden. Wir haben heute die Auswirkungen eines eingehenden Studiums der Werke des großen Lenne. Ein Kreis fortgeschrittener Ge stalter, geschart um ihren in besonderer Verehrung der Lebens arbeit dieses Genies zugewandten Professors, ergründete dessen Leitgedanken und demonstriert nunmehr, was man nur zu lange übersah, die außerordentlich gewinnversprechenden An knüpfungspunkte. Also auch hier ein Vorwärts, gestützt auf ein Vermächtnis. Franz Hallbaum war es leider nicht beschie- den, in Auswirkung seiner einzigartigen Darstellung der Lebens arbeit von Friedrich Ludwig von Sckell in den Vordergrund gestellt zu werden und einen gleichen besinnlichen Kreis um sich sammeln zu sehen. Damit wären aber schon vor über einem Jahrzehnt aus seinen Darstellungen allgemein wertvolle Schlüsse zur Klärung der seinerzeit noch sehr verworrenen Auffassungen über „Richtungen“ gezogen worden. Von 1930 ab sehen wir Franz Hallbaum für drei Jahre als Schriftleiter der „Gartenkunst“. Es spricht nun sehr für die vornehme Art des Verstorbenen, daß er im Besitze der Möglich- keil, den in seinem Buche niedergelegten Gedanken in 'der von ihm geleiteten „Gartenkunst“ erhöhte Bedeutung zu verschaffen, diese völlig außer acht gelassen hatte. Wir müssen es heute als schmerzlich empfinden, wie dann in den immer überzeugender sich durchsetzenden Bestrebungen .zur rein landschaftlichen oder natürlichen Erledigung großer Grünvorhaben, sein im stillen nachhaltig wirkendes Werk nicht allzu sehr in den Vordergrund trat. Und doch sind allerwichtigste Leitsätze für unser neu gewonnenes und hoffentlich fester und fester wurzelndes natürliches Gartenideal in diesem Buche aus gesprochen worden. Ueberiegen wir nur einmal, wie der Ver storbene über den Sinn und Zweck von Wegen sich geäußert hat. „Die Wege innerhalb eines Geländes sind ja nicht unmittel bar von der Natur gegeben und unterliegen daher auch weniger dem Organismus der Natur als den Gepflogenheiten und der Willensrichtung des menschlichen Verkehrs. Es kommt hinzu, daß die Wege die Aufgabe haben, die Gartenbesucher in einem gewissen Gleichmaß von Umweg und direktem Weg an die Zielpunkte im Garten thinzuführen und daß auf dieser Wande rung gerade diejenigen Stellen der Anlage berührt werden sollen, an denen sich die vorbildlichsten Veduten und Prospekte eröffnen.“ Oder was Hallbaum hinsichtlich der Abzielung auf Grünräume entwickelt. Nicht von der realen, oft sehr von ihrem ursprünglichen Zustand abgekommenen Natur, sondern von ihrem in den jeweiligen Verhältnissen höchstmöglichen Landschaftsideal muß ausgegangen werden. „Es kann daher keine eigentliche Entwicklung des Landschaftsgartens geben, sondern nur höhere und geringere Grade des Typischen, eine größere oder geringere Annäherung an die Idee des Natür lichen!“ — „Die Begabung des Deutschen mit Kräften der Phantasie und des Gemüts lehnt sich auf gegen eine einseitige Herausstellung der Vernunft als (formal) regelnden und gestal tenden Prinzips. — Demzufolge ist die philosophische Natur- betrachtung eine Erkenntnis Gottes als des souveränen Künst lers in der Natur. —■ Für die Gartengestaltung kann nur das Prinzip der Natürlichkeit, die Angleichung der Menschen schöpfung an die Gottesschöpfung maßgeblich sein.“ — Auf diese indirekte, dafür aber nicht minder .hart treffende' Weise rechnet Franz Hallbaum mit den formalen Irrungen der letzten Jahrzehnte ab, als man sich einseitig der Gestaltungs methoden der Architekten bediente und die Augen für das Studium der Mittel und Wege der Natur, also das Primäre