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Deutschen Reich bestehenden Vereine gewerblicher Unternehmer, Berlin, 1903. S. 540), ist sie jetzt auf über 6000 angewachsen. Der Verband hat sich die Aufgabe gestellt, die wirtschaftlichen Interessen der Handelsgärtner zu vertreten und überhaupt für die Hebung des Gärtnerstandes zu wirken. Er richtet Gut achten und Anträge an die Behörden, gibt ein wöchent lich erscheinendes Organ, das „Handelsblatt für den deutschen Gartenbau“ heraus, nimmt sich nach Möglich keit auch der beruflichen Ausbildung des Nachwuchses an und hat für seine Mitglieder allerlei nützliche und wohltätige Einrichtungen getroffen, wie z, B. Führung einer Liste schlechter Zahler, Vermittlung von geschäft lichen und Rechtsauskünften, Sterbeunterstützung, Ver günstigungsvertrag mit einer Versicherungsgesellschaft usw. (Vergleiche auch „Volkswirtschaftliches Handbuch“, S.218). Neben diesem Verbände hat sich in jüngster Zeit eine Spezialorganisation gebildet in dem „Bund deutscher Baumschulenbesitzer", Sodann bestehen in Süddeutsch land noch einige wichtigere grössere Verbände: Verband Bayerischer Handelsgärtner, Verein selbständiger Gärtner Württembergs E. V,, Verein selbständiger Gärtner Badens, Verbindung der selbständigen Handelsgärtner Hessens, Verband der selbständigen Gärtner Elsass-Lothringens, Freie Fachvereinigung der selbständigen Gärtner der Pfalz. Diese süddeutschen Verbände werden zusammen ungefähr gegen 3000 Mitglieder haben. Endlich sei noch erwähnt, dass in Bremen eine freie Gärtner-Innung be steht. Alles in allem sind ungefähr 10000 bis 11000 selbständige Gärtner Deutschlands organisiert, also noch nicht die Hälfte der überhaupt vorhandenen. Ergab die Verbandsbildung doch immerhin noch ein einigermassen erfreuliches Bild von Einheitlichkeit, so ist die denkbar grösste Zwiespältigkeit vorhanden hinsichtlich der Zugehörigkeit der Gärtner zu den gesetz lichen Interessenvertretungen, d. h. den Körperschaften, bei denen der Kreis der zugehörigen Personen durch Gesetz bestimmt ist. Von solchen Interessenvertretungen kommen ja (abgesehen von den Standesvertretungen einzelner festgeschlossener Berufe wie die Apotheker und Aerztekammern) in Betracht die Landwirtschafts kammern, beziehungsweise die ihnen entsprechenden Ein richtungen, die Handelskammern und die Handwerks- und Gewerbekammern. Zu allen diesen Körperschaften sind Gärtner als zugehörig und gegebenenfalls beitragspflichtig erachtet worden. Was zunächst die landwirtschaftliche Interessen vertretung anlangt, so scheint eine ausdrückliche Rege lung des Verhältnisses der Gärtner hierzu mit Ausnahme vom Königreich Sachsen nirgends vorgenommen worden zu sein. In Preussen können, wie es herrschende An sicht zu sein scheint, auch Gärtner Mitglieder der Land wirtschaftskammern werden, wenn sie das in den Kammersatzungen nach dem Grundsteuer-Reinerträge angegebene Mindestmass des zum passiven Wahlrecht berechtigenden Grundbesitzes haben (§ 4 bis 6 des Gesetzes über die Landwirtschaftskammern vom 30. 4. 1894), Nach einer von mir veranstalteten Umfrage ist jedoch nur bei der Landwirtschaftskammer zu Halle ein Mitglied (der Besitzer einer der grössten Samenkulturen Deutschlands), das allenfalls zu den Gärtnern gezählt werden könnte. Nun hat zwar ein Teil der Landwirt schaftskammern Ausschüsse für Obst- und Gartenbau errichtet, in die auch meist einige Gärtner zugewählt worden sind, aber diese Ausschüsse haben nur die Auf gabe der Gartenbauvereine, sie fördern die Technik des Gartenbaues und nicht die Interessen der selbständigen Gärtner als solche; sie werden mehr an der Hebung des von den Landwirten nebenher betriebenen Obst- und Gartenbaues als an der Förderung der berufsmässigen Gärtnerei arbeiten. In Süddeutschland beruhten die landwirtschaftlichen Interessenvertretungen bisher auf dem Prinzip der Frei willigkeit und beginnt sich erst jetzt der Uebergang zu dem in Norddeutschland vorherrschenden System zu vollziehen. Die Württembergische Zentralstelle für die Landwirtschaft hat die Interessen der Gärtner nicht mit zu vertreten. Die bereits seit vorigem Jahre in Tätig keit befindliche Landwirtschaftskammer für Baden hat Material über die Gärtnerfrage nicht eingesandt. Die ebenfalls noch junge Landwirtschaftskammer für das Grossherzogtum Hessen hat mitgeteilt, dass die Zu gehörigkeit der Gärtner zu ihr bestritten und eine Ent scheidung bis jetzt nicht ergangen sei. Ganz ähnlich wie in Preussen ist die Einrichtung der Landwirtschafts kammer in Oldenburg, Gotha, S.-Altenburg, Anhalt, Braunschweig. Auch hier sind meist Ausschüsse für Gartenbau vorhanden, ohne dass den Gärtnern neben der allgemein landwirtschaftlichen eine besondere Ver tretung eingeräumt wäre. Dagegen gehören der Landwirtschaftskammer der freien und Hansastadt Lübeck zwei Mitglieder aus dem Gärtnerstande an. Dieser Kammer liegt ob die Ver tretung des gesamten landwirtschaftlichen Berufsstandes; das ist nach den Motiven des Gesetzes im weitesten Sinne zu nehmen, umfasst also, nach der Auslegung der Kammer selbst, auch die Wahrnehmung der Interessen der Gärtnerei. Eine wirkliche Vertretung der Inhaber gärtnerischer Betriebe ist seit 1907 im Königreich Sachsen geschaffen worden in Gestalt des Ausschusses für Gartenbau bei dem Landeskulturrate (Gesetz vom 30. April 1906, die Umgestaltung des Landeskulturrates betreffend). Dieser Ausschuss für Gartenbau ist etwas ganz anderes als die gleichnamigen Ausschüsse bei den preussischen Land wirtschaftskammern. Er besteht aus 7 Mitgliedern. 6 davon werden gewählt, das 7. Mitglied wird von den anderen aus der Zahl der bei den königlichen und staat lichen Gartenverwaltungen angestellten gärtnerischen Beamten gewählt. Wahlberechtigt sind die Unternehmer der gärtnerischen Betriebe, die zur Deckung des aus der Vertretung des Gartenbaues beim Landeskulturrate erwachsenden Aufwandes Beiträge zu leisten verpflichtet sind. Die Beitragsleistung erfolgt nach den Beitrags einheiten, mit denen die Unternehmer gärtnerischer Be triebe in den Katastern der land- und forstwirtschaft lichen Berufsgenossenschaft veranlagt sind. Auf diese Weise ist in Sachsen eine einheitliche Vertretung der Gärtnerei ermöglicht worden. Um mehrfache Beitrags leistungen einzelner Gärtner zu vermeiden, bedurfte es erst noch einer Auseinandersetzung mit den Handels und Gewerbekammern. Die Handelskammern haben sich bereit erklärt, auf die Beiträge der Gärtner, die zum Landeskulturrat steuern, zu verzichten, die Gewerbe kammern dagegen wollen an den bisherigen Merkmalen für die Beitragspflicht der Gärtner festhalten. Hiernach sind die Gärtner insoweit zu den Beiträgen für die Handels- und Gewerbekammern heranzuziehen, als sie mit erkauften Pflanzen oder Samen handeln oder die Verarbeitung von Pflanzen zu Bindereien und der gleichen nicht nur nebenbei betreiben und für dritte Personen Gärten herrichten. Eine Entscheidung ist vom Ministerium bisher nicht getroffen worden. — Ein Urteil über die Tätigkeit des Ausschusses für Gartenbau lässt sich noch nicht fällen, da die Zeit seiner Wirksamkeit zu kurz ist. (Ueber die Ausschüsse für Gartenbau bei den Landwirtschaftskammern und gleich gestellten Korporationen, vergleiche im übrigen „Volks wirtschaftliches Handbuch“, S. 323—375). Wie eine Rundfrage bei den grösseren deutschen Handelskammern ergeben hat, sind auch in diesen Körperschaften Gärtner vertreten, nämlich wenn sie ihre