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No. 3 Handelsblatt für den deutschen Gartenbau usw. 24 auch Erträge erzielt, die vor der Verwendung von Kunst dünger in das Reich der Fabel gehörten. Die Hauptnährstoffe, deren unsere Kulturgewächse bedürfen, sind: Wasserstoff, Sauerstoff, Kohlenstoff und neben Chlor, Schwefel, Eisen, Magnesia in der Hauptsache Kalk, Kali, Phosphorsäure und Stickstoff. Die drei ersten nehmen die Pflanzen vermöge der Spaltöffnungen ihrer Blätter auf. Die darauf folgenden vier Nährstoffe enthalten unsere Böden in ausreichenden Mengen. Kalk, Kali, Phosphorsäure und Stickstoff müssen äusser durch Stalldünger usw. durch Zuführung künstlicher Düngemittel ersetzt werden, wenn man Höchsterträge erzielen will. Die Phosphorsäure begünstigt die Fruchtbarkeit der Blüten und Fruchtansatz, sowie die rechtzeitige Ausreifung des Holzkörpers. Das Kali ist der Nährstoffträger zur Erzeugung kräftigen Wachstums und reicher Tragbarkeit, durch Kalidüngung wird auch hartes, festes Holz, gutes Aroma und schöne Färbung der Früchte erzielt. Der Stickstoff wirkt anregend auf den ganzen Pflanzenorganismus, er befördert Blatt-, Kraut- und Holz wachstum; grosse, dunkelgrün gefärbte Blätter, grosse und vollkommen ausgebildete Früchte sind das Ergebnis genügender Stickstoffdüngung, — also nicht nur Quantität, sondern besonders Qualität der Ernte. Die letztgenannten Nährstoffe in Verbindung mit Kalk müssen unbedingt sämtlich in ausreichenden Mengen vorhanden sein, sonst können die Pflanzen nicht zu höchster Entwicklung kommen, ist es nicht möglich, Höchsterträge zu erzielen, können die Pflanzen nicht widerstandsfähig gegen schädliche äussere Einflüsse gemacht werden. Es muss deshalb das eifrigste Bestreben eines rechnenden Gärtners, Obst- und Gemüsebautreibenden sein, diese wichtigen Nährstoffe durch eine zweckentsprechende Düngung in den Boden zu bringen, d. h. neben Humus bildenden Stoffen auch genügende Mengen von Mineral stoffen zu geben. 1000 kg Stallmist enthalten etwa 2 kg Phosphorsäure, 4 kg Stickstoff, 5 kg Kali, 4,5 kg Kalk. Wenn wir kleinere Mengen Stallmist (etwa 25 dz pro Morgen — 1/4 ha und pro Jahr) anwenden, die noch fehlenden Nährstoffe aber durch künstliche Düngemittel ersetzen, erzielen wir die besten Resultate. Man soll also weder Stallmist allein noch Kunstdünger allein ver wenden, sondern nur durch beider Zusammenwirken, und zwar den Bodenverhältnissen entsprechend, sind Höchst erträge mit Bestimmtheit zu erwarten. Kalk, Kali, Phosphorsäure werden ja in ihren ver schiedenen Formen zu genügend billigen Preisen zur Verfügung gestellt. Der Stickstoff dagegen ist, obwohl der wichtigste, seinem Preise nach aber auch der höchst bewertete Wachstumsfaktor. Seine Quellen fliessen aber auch nicht seinem Konsum entsprechend. Chilisalpeter, schwefelsaures Ammoniak und der seit einer Reihe von Jahren aus dem Stickstoff der Luft hergestellte Kalk stickstoff sind für die Landwirtschaft wie für den rationellen Gartenbau die Hauptstickstoffquellen. Der Salpeter wirkt zwar am schnellsten, aber er wird auch am leichtesten ausgewaschen. Der Natrongehalt des Salpeters gibt auch, besonders auf schweren Böden, leicht zu Verkrustungen der Ackerkrume Anlass. Es muss ferner streng darauf geachtet werden, dass er kein Perchlorat enthält, weil dieses auf viele Gewächse schädlich wirkt. Schliesslich ist der Salpeter der teuerste Stickstoffdünger und starken Preisschwankungen ständig unterworfen. Das schwefelsaure Ammoniak enthält grosse Mengen Schwefelsäure, die bei der Umsetzung im Boden zunächst frei werden und erst durch Boden, Kalk usw. wieder gebunden werden müssen. Aber auch der Preis des Ammoniaks ist ein sehr hoher und daher seine Anwendung von einer Rentabilitätsberechnung abhängig. Dem gemeinsamen Arbeiten von Wissenschaft und Technik ist es nun gelungen, den Stickstoff der Luft, der in unerschöpflichen Mengen zur Verfügung steht, in eine feste Form zu bringen und ihn im Kalkstickstoff als einen billigen Ersatz für Salpeter und Ammoniak nutzbar zu machen. Als Ausgangsmaterial für den Kalkstickstoff dient das aus der Acetylen-Industrie bekannte Calciumcarbid, das durch zusammenschmelzen von Kalk und Kohle im elektrischen Ofen erzeugt wird. Lässt man nun Luft, die vorher vom Sauerstoff befreit ist — also reinen Stickstoff — bei Rot- bis Weissgluttemperatur über fein gepulvertes Carbid streichen, so wird dieser Stickstoff äusserst lebhaft von dem Carbid absorbiert und es bildet sich eine Verbindung, die unter dem volkstümlichen Namen ,,Kalkstickstoff“ bereits in den weitesten Kreisen bekannt ist. Die Ofencharge lässt man erkalten, pulvert sie und hat nun bereits das gebrauchsfähige Düngemittel, ein grauschwarzes, dem Thomasmehl ähnliches Pulver mit ca. 18—20% wasserlöslichem Stickstoff und ca. 60—66% nutzbarem Kalk. Der Kalkstickstoff bietet bei seiner Verwendung folgende Vorteile: Er ist ca. 20% billiger als Chilisalpeter und ca. 10—15% billiger als schwefelsaures Ammoniak. Der Kalkstickstoff wird als eine dem Ammoniak nahe stehende Verbindung von der Ackerkrume festgelegt und lange nicht so schnell ausgewaschen, als die anderen lös licheren Stickstoffdünger. Er wirkt etwas langsamer, bietet aber dadurch den Pflanzen eine gleichmässige aus reichende Stickstoffnahrung. Es tritt infolgedessen keine Ueberfütterung der Pflanzen ein, dagegen ist auch während der Entwicklung infolge des Ausgewaschenwerdens kein Stickstoffmangel zu befürchten. Kalkstickstoff verkrustet den Boden nicht, sondern hält ihn im Gegenteil locker. Wegen der etwas langsameren Wirkung tritt bei An wendung des Kalkstickstoffes keine Vergeilung ein, sondern dieser erzeugt gesunden, kräftigen Pflanzenwuchs, der auch grosse Widerstandsfähigkeit gegen Pflanzenkrank heiten im Gefolge hat. Die vollständige Ausnutzung des Kalkstickstoffs hängt von seiner richtigen und rechtzeitigen Anwendung ab. Man gibt ihn bereits 8—14 Tage vor der Saat und hackt oder gräbt ihn alsbald nach dem Ausstreuen ein. Man kann ihn mit Kalisalzen, Thomasmehl, Kalk oder der gleichen mischen oder gemeinsam ausstreuen. Ein Mischen mit Superphosphat ist nicht ratsam, weil der freie Kalk des Kalkstickstoffs die freie Phosphorsäure des Super phosphats bindet und etwas schwerer löslich macht. Will man diese beiden Dünger gemeinsam verwenden, so streut man beide mit einigen Tagen Zwischenraum aus. Als Kopfdünger eignet sich der Kalkstickstoff nur für Winter früchte, er ist in diesen Fällen vor dem Erwachen der Vegetation, also Ende Februar oder Anfang März zu streuen. Welche Mengen zu geben sind, hängt naturgemäss vom Kulturzustand des Bodens und vom Nährstoffbedürfnis der betreffenden Pflanzen ab. Obstbäume und F ruchts träucher brauchen pro Jahr und qm beschatteter Bodenfläche 5 g Phosphor säure, 15 g Kali, 20 g Kalk und 10 g Stickstoff. Werden unter den Bäumen Unterkulturen betrieben, so gebe man im Herbst 4—5 kg Thomasmehl, 3—4 kg 40 % Kali und 1—2 kg Kalkstickstoff pro 100 qm in 200—400 kg Stall mist. Alle 3—5 Jahre muss man den Boden entsprechend kalken. Ein Baum mit 20 qm Schattenfläche würde erhalten: 600 g Kalkstickstoff (im zeitigen Frühjahr oder auch schon im Herbst), 1600 g Thomasmehl im Herbst, 1000 g 40 % Kali im Frühjahr, 10 kg Kalkmergel im Herbst. Im Gemüsebau sind wir fast allerorts gewohnt, hauptsächlich organische Dünger (Stalldung, Fäkalien, Jauche, Kompost) zu verwerten. Die Gemüse entnehmen