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Welche chemischen Mittel kommen nun für uns zur Bekämpfung bezw. zur Vorbeugung in Betracht? Da gibt es zuerst eine grosse Anzahl, welche ich Ihnen mit einem Namen bezeichne und zwar mit dem Namen „Geheimmittel“. Wie der Name schon sagt, wissen wir von diesen nicht, woraus sie bestehen, ihre Zusammen setzung ist geheim. Meiner Ansicht nach braucht sich aber jemand, wenn er ein wirksames Mittel hat, nicht zu scheuen, die Bestandteile desselben zu verraten. Aber, und darin liegt der springende Punkt, wenn man die Zusammensetzung verschiedener Geheimmittel kennen würde, würde man über die Preise, welche für dieselben verlangt werden, die Hände über den Kopf zusammen schlagen. Nach den Prospekten sind die Geheim mittel gewöhnlich Mittel, die gegen sämtliche Pflanzen krankheiten angewendet werden können, ja selbst gegen bisher unbekannte Erscheinungen. Gibt es wohl ein Universalmittel gegen sämtliche Pflanzenkrankheiten ? Ein jeder einsichtsvolle Mensch wird darauf antworten : „Es ist ein Unding, so etwas zu sagen!“. Jede Krank heit muss spezifisch behandelt werden! Aber bei der Erforschung dieser spezifischen Behandlung stellen sich oft nicht unerhebliche Schwierigkeiten in den Weg. Zwei Chemikalien haben sich bisher als sehr wert volle Vorbeugungs- und Bekämpfungsmittel gegen ver schiedene Krankheiten erwiesen, das sind Kupfer und Schwefel. Das Kupfer benutzen wir als Kupfervitriol und zwar meistens in flüssiger Form, indem wir aus dem Kupfervitriol mit Kalk die sogenannte Bordelaiser oder die Kupferkalk-Brühe herstellen. Die Brühe darf nicht immer in gleicher Konzentration angewendet werden, sondern wir müssen unterscheiden, ob eine Pflanze gegen eine höhere Konzentration empfänglich ist oder nicht. Die Kupferkalk-Brühe wird daher in 12, 1, ja bis 3 und 4%iger Lösung verwendet. Häufig hört man nun, dass diese Kupferkalk-Brühe schädliche Wirkung ver ursacht. Es kann ja ab und zu der Fall sein, aber es liegt auch sehr viel daran, dass diese für den Gärtner so wichtige Brühe, falsch hergestellt wird. (Vgl. Nr. 18. Red.) Vielfach wird von Seiten der Fabrikanten die Mischung, wie sie zur Herstellung der Brühe verwendet werden muss, in Pulverform hergestellt, sodass der Praktiker weiter nichts zu tun hat, als das Pulver im Wasser auf zulösen. Wenn man berücksichtigt, dass dadurch eine Menge Zeit und Arbeit gespart wird, so wird man den höheren Preis, welchen man für derartige Mischungen zu zahlen hat, gern anwenden. Zu der Kupferkalkbrühe hat man nun vielfach noch Zusätze empfohlen, wie Arsen, Zucker u. a. Zuckerzusatz zur Kupferkalkbrühe dient lediglich dazu, die Brühe leichter haftbar zu machen. Auch wird Kupferkalkpulver sehr häufig zum Bestäuben der Pflanzen benutzt. Aber die Verwendung der Bordelaiserbrühe ist die weitaus gebräuchlichste. Zum Pulvern benutzt man ferner noch das Kupferschwefel kalkpulver, das sogenannte „Fostit“, Gehen wir nun zu dem Schwefel über, so wissen Sie, dass dieser in erster Linie zur Bekämpfung der Mehltaupilze benutzt wird. Die Anwendung des Schwefels zur Bekämpfung schädlicher Organismen ist nicht neu. Derselbe wurde schon im Altertum angewendet, wir finden bereits im Homer eine solche Stelle. Odysseus hatte nach seiner Heimkehr die 100 Freier erschossen und nach dieser Arbeit spricht er zu der Pflegerin Eurykleia die Worte: „Bringe mir Glut, o Mutter, und fluchabwendenden Schwefel, dass ich durchräuchere den Saal.“ Sie sehen hieraus, dass man schon damals die wertvolle Eigenschaft des Schwefels sich zu Nutzen machte. Auch in den Weinberggegenden wird der Schwefel in grösserer Menge zur Bekämpfung des echten Mehltaues ebenso angewendet wie die Bordelaiserbrühe zur Vernichtung des falschen Mehltaues, Auch in den Gärtnereien hat man in früheren Jahren den Schwefel häufig zur Bekämpfung der Pflanzenkrankheiten benutzt, ist aber davon mehr und mehr abgegangen und zwar, wie mir verschiedentlich in den Diskussionen mitgeteilt wurde, weil für eine grosse Zahl von Geheimmitteln eine ausgiebige Propaganda veranstaltet worden ist. Der Schwefel dient dazu, die Sporen der ver schiedensten Pilze abzutöten. Wir unterscheiden Schwefel blüte und fein gemahlenen Schwefel. Beide zeigen, wenn man sie ansieht oder anfühlt, keine grossen Unter schiede, Mikroskopisch aber können wir deutlich nach weisen, dass die Schwefelblüte aus kleinen runden Partikelchen besteht, während der gemahlene Schwefel scharfkantig und eckig ist, da er sich aus Kristallen zusammensetzt. Längere Zeit war man im Zweifel darüber, welche Form für die Anwendung die zweck mässigste sei. Heute weiss man, dass zur Bestäubung der feingemahlene Schwefel, infolge seiner kantigen Be schaffenheit, zu verwenden ist, und dass man die Schwefelblüte zur Herstellung flüssiger Mittel benutzt. Die Feinheit des gemahlenen Schwefels ist nicht immer die gleiche, sondern es herrschen Feinheitsgrade von 30 bis 80 und 90 Grad Chans el vor. Das Gläschen, in welchem der Schwefel untersucht wird, nennt man Sulfurimeter. Um nun den pulverisierten Schwefel auf seine Feinheit zu prüfen, füllt man 5 g des Schwefels in ein solches Röhrchen, giesst darüber Aether und schüttelt solange, bis der Schwefel fein verteilt ist. Hierauf füllt man das Gläschen, bis 1 cm über dem Teilstrich 100, mit Aether, schliesst mit dem Glasstopfen und schüttelt 1/3 Minute. Nun lässt man das Röhrchen stehen und liest, nachdem sich der Schwefel gesetzt hat, ab, bis zu welchem Teilstrich derselbe reicht. Die Feinheit des anzuwendenden Schwefels soll etwa 80 Grad betragen. Es ist von grösster Wichtigkeit, dass man den richtigen Schwefel zur Bestäubung verwendet. Wollen Sie einen feinen Schwefel verwenden, so würde es für Sie von Nutzen sein, wenn Sie uns eine kleine Probe (etwa 20 g) zusenden würden, damit wir genau feststellen können, ob Sie auch den richtigen Schwefel für Ihre Bekämpfungsarbeiten erhalten haben. Allerdings hat der feinst gemahlene Schwefel einen höheren Preis als der weniger feine, was aber für die Bekämpfung kaum ins Gewicht fallen kann, da man bei der Be stäubung erheblich spart, was durch die verschiedensten Versuche erwiesen worden ist. Was nun die Wirkung des Schwefels anbetrifft, so kommt es genau darauf an, zu welcher Zeit er benutzt wird. Man wendet ihn am besten an warmen Tagen, wenn der Tau von den Blättern verschwunden ist, an. Durch die Sonnenwärme bildet sich Schwefeldioxyd oder schweflige Säure, welche die Pilzsporen oder die Keimschläuche, welche aus den Sporen hervortreten, abtötet. Es wird also der Pilz durch die sich bildende schweflige Säure vergiftet. Aber der Schwefel wirkt nicht nur zerstörend auf die Pilzsporen, also Schutz gewährend, sondern man hat auch die Beobachtung ge macht, dass die Pflanzen ein besseres Kolorit annehmen, und dass das Holz besser ausreift. Mir liegen spezielle Erfahrungen über die letzten Beobachtungen noch nicht vor, jedoch sind Versuche in dieser Hinsicht angestellt, sodass wir hoffen, Ihnen auch darüber bald Genaueres mitteilen zu können. Um den Schwefel auf die Pflanzen zu bringen, bedient man sich der Zerstäuber. Aber auch hierbei muss man sehr wählerisch sein, denn unter den im Handel befindlichen Zerstäubern findet man sehr häufig wenig zweckdienliche Apparate. Der Schwefel in Form von Schwefelblüte findet ebenfalls Verwendung und zwar sowohl in Pulverform als auch zur Herstellung von flüssigen Pflanzenschutz-