Volltext Seite (XML)
Des Pfingstfestes wegen gelangt die nächste Nummer einen Tag-später zum Versand. No. 22, Rixdorf-Berlin, den 29. Mai 1909. XXIV. Jahrgang. Eigentum des Verbandes der Handelsgärtner Deutschlands. Organ des Gartenbau-Verbandes für das Königreich Sachsen, heraus gegeben unter Mitwirkung der hervorragendsten Fachmänner des In- und Auslandes. Das „Handelsblatt für den deutschen Gartenbau“ usw. erscheint am Sonnabend jeder Woche. Abonnementspreis für Nicht-Verbandsmitglieder in Deutschland und Oesterreich-Ungarn pro Jahrgang 8 Mk. 50 Pf., für das übrige Ausland 10 Mk., für Verbands-Mitglieder kostenlos. Verantwortlicher Redakteur: F. Johs. Beckmann in Rixdorf-Berlin, Generalsekretär des Verbandes der Handelsgärtner Deutschlands, Verlag: Verband der Handelsgärtner Deutschlands, eingetragen auf Seite 179, Band IV des Genossenschaftsregisters des Komgl. Amtsgerichts zu Leipzig. Gemüse-Spezialnummer, Frühgemüse. Von A. Wiese in Nieder-Schönhausen. ehr häufig finden sich im Fragekasten des „Handelsblattes“ Anfragen nach den „besten“ Treib- bezw. Frühgemüsearten und -Sorten, die erkennen lassen, dass hierüber in den beteiligten Kreisen noch Unklarheit und auch Unkenntnis herrscht, was schon manchem Gemüsegärtner verhängnisvoll ge worden sein dürfte. Werden hie und da auch Fehler bei der Treiberei selbst begangen, so sind die Fälle, in denen die Auswahl ungeeigneter Sorten den Gärtner um die Früchte seines Fleisses gebracht hat, doch überwiegend. Nun ist natürlich in der Gemüsekultur ebenso wie bei allen anderen Kulturen die Erfahrung der beste Lehrmeister und es wäre ein müssiges Be ginnen, diejenigen, die sich in jahrelanger Praxis Kenntnis und Routine in ihrem Fach erworben haben, durch un- erbetene Ratschläge von ihren altbewährten Gewohn heiten abbringen und sie zu Versuchen veranlassen zu wollen, die möglicherweise nicht die gewünschten Erfolge zeitigen und daher keine Verbesserung ihrer bisherigen Kulturen darstellen würden. Aber Stillstand ist Rück schritt, und deshalb wird es auch manchem erfahrenen Gärtner zur Pflicht, von Zeit zu Zeit einmal zu prüfen, ob er mit seinen Kulturen auf der Höhe geblieben ist, oder ob nicht doch diese oder jene seiner älteren Sorten ausgemerzt und durch eine vervollkommnete Form ersetzt werden sollte. Das Beste ist der Feind des Guten. Man braucht ja deshalb noch lange nicht Zeit und Geld zu verplempern in Versuchen mit zahl reichen Neuheiten, die alljährlich von manchen Züchtern mit bombastischer Reklame und viel Tamtam in die Welt gesetzt werden und die sich nachher als wenig brauchbar erweisen. Aber der erfahrene Gärtner wird auch hier die Spreu vom Weizen zu sondern wissen. Dass die frühen Gemüse für den Gemüsegärtner eine Hauptrolle spielen, ist auch heute noch eine Tat sache, obgleich der Gemüse - Import aus südlichen billiger kultivierenden Ländern infolge der immer mehr vermehrten und verbesserten Transportgelegenheiten und infolge des leider sehr ungenügenden Zollschutzes dem heimischen Gemüsebau eine ausserordentlich grosse und schwere Konkurrenz bereitet, durch welche die Preise für die meisten Frühgemüse auf ein sehr niedriges Niveau herabgedrückt werden. Pflicht des Verbandsvorstandes dürfte es sein, sich schon jetzt hierbei einen kräftigen Vormerk zu machen und bei zeiten Material zu sammeln, um bei Ablauf der jetzt bestehenden Handelsverträge und bei Beginn der Be ratung über die mit dem Auslande neu abzuschliessenden Vereinbarungen ausreichend gerüstet zu sein, um mit aller Energie für die Interessen der heimischen Gemüse gärtnerei eintreten zu können. Nun darf aber nicht äusser Acht gelassen werden, dass der Gemüsekonsum und damit der Bedarf an Gemüse sich von Jahr zu Jahr mehr hebt. Sind es einerseits die vegetarischen Vereinigungen und die Vereine für Gesundheitspflege, die für die Verbreitung ihrer Ideen eine wirksame Propaganda betreiben, so sind es andererseits, und zwar in hervorragendem Masse die Aerzte selbst, die heute allgemein auf dem Stand punkte stehen, dass bei der Behandlung aller Stoff wechselkrankheiten und der meisten Erkrankungen innerer Organe eine Diät nötig ist, die zum weitaus grössten Teile aus Gemüse und nur zum kleinsten Teile aus Fleisch zu bestehen hat. Bis der Patient dann