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121 Handelsblatt für den deutschen Gartenbau usw. No. 8 Gruppe endlich wird von den verschiedenenBesteuerungen des Nachlasses gebildet. Diese treffen das Wirtschafts oder Betriebsergebnis. Gegen die Besteuerung der ersten Gruppe, der Genussmittel, ist grundsätzlich nichts einzuwenden. Die Handelsgärtner als solche werden von diesen Steuern nicht getroffen. Höchstens soweit der Tabakbau sich zum Gartenbau rechnet. Die deutschen Tabakpflanzer werden bemängeln, dass der Zoll auf Rohtabak nicht erhöht worden ist. Sie werden aber, da die billigen Tabaksorten durch die Tabakverbrauchssteuer am mildesten belastet sind, vielleicht am wenigsten unter der Tabaksteuer zu leiden haben. Absicht bei allen diesen Verbrauchssteuern ist, dass die Verbraucher von Branntwein, Bier, Wein, Tabak die Steuern tragen. Not zu leiden braucht deshalb kein Konsument im Deutschen Reiche, denn zum unentbehrlichen Lebens unterhalt gehören diese Dinge nicht. Durch den über mässigen Genuss des Alkohols namentlich hat das deutsche Volk vielen Schaden ; man denke nur an die Kriminalstatistik; darum ist es berechtigt, wenn der Alkohol auch einmal zu einer guten Leistung für das deutsche Volk, vertreten durch das Deutsche Reich, herangezogen wird. Kann unser Volk für das harmlose Nahrungsmittel Zucker jährlich 145 Millionen M. Steuer aufbringen, so wird es für das nicht so harmlose Genussmittel Bier wohl das doppelte an Steuer leisten können, wenn es sich solche Mengen davon wie bisher zuführen will. Das eine ist nur im Interesse der Billigkeit bei allen diesen Steuern auf Genussmittel zu beachten, dass eben auch die Ver braucher getroffen werden und nicht die betreffenden Gewerbe. Dass dies zu erreichen ist, hat die Zigarretten- steuer von 1906 gezeigt. Die Zigarrette ist nun aller dings Modesache; aber es ist kein Grund einzusehen, weshalb sie verhältnismässig stärker belastet werden soll als die Zigarre. Die Mode kann auch wieder ein mal wechseln, und was dem einen Tabakfabrikat recht ist, ist dem anderen billig. Am meisten beklagt sich das Gastwirtsgewerbe. Aber dessen Lage ist mit und ohne Steuer schwierig, der Grund liegt garnicht so sehr in der Biersteuer und anderen Steuern, als in der übermässigen Konkurrenz. Dagegen mögen sich seine Bestrebungen richten. Dass mit Rücksicht auf das Schankwirtsgewerbe von der Biersteuer Abstand genommen wird, geht nicht an. Wenn gesunde Verhältnisse in diesem Berufe herrschten, müsste sogar eine Steuer abgewälzt werden können, die noch um einen Pfennig auf das Liter Bier höher wäre, als von der Regierung beabsichtigt. Es ist in der Tat sehr zu erwägen, ob man nicht die erste Gruppe der Steuern noch mehr steigern kann, um dann die nächsten Gruppen zu ermässigen. Zweifelsohne erregen die Steuern der zweiten Gruppe, die sich auf Produktionsfaktoren erstrecken, stärkere Be denken. Besonders die Elektrizitäts - und Gas steuer ist ungerecht, da sie einseitig einzelne Arten von Kraft und Licht erfasst und wichtige Gewerbe möglicherweise in der Entwicklung hemmt. Auch die Handelsgärtner werden davon betroffen. Man braucht noch nicht daran zu denken, dass in der Zukunft vielleicht bei der Pflanzenkultur die Elektrizität eine Rolle spielen kann. Nein, mittelbar wird die Wirkung eine ähnliche sein wie die der Matrikularbeiträge. Viele Städte ziehen aus ihren Gas- und Elektrizitätswerken Einnahmen. Diese können durch die Steuer gegebenen falls bedeutend geschmälert werden. Infolgedessen werden die Gemeinwesen schliesslich gezwungen werden, ihrerseits höhere Steuern zu erheben, oder neue Steuern, wie z. B. die Wertzuwachssteuer, einzuführen. Schliesslich ist noch zu bedenken, dass zum Ausgleich gegenüber der Gas- und Elektrizitätssteuer mit Wahrscheinlichkeit eine allgemeine Kohlensteuer folgen würde, welche ja ebenfalls nicht ohne Bedeutung für den Handelsgärtner, der seine Gewächshäuser heizen muss, wäre. Es wäre eben besser, wenn die, beiläufig ganz besonders un populäre, Gas- und Elektrizitätssteuer gestrichen würde. Ein wenig anders ist es um die Inseraten steuer bestellt. Freilich ist auch die Reklame zu den Betriebsmitteln zu rechnen. Aber diese Steuer ist nicht einseitig, ist nicht so beschaffen, dass sie nur einzelne Konkurrenten trifft und andere freilässt. Ferner bringt die Reklame keine wirtschaftlichen Güter hervor, sie dient nur dem Vertrieb derselben; sie kann auch zum Uebermass ausarten. Deshalb ist vielleicht ein Warnungs ruf und eine gelinde Hemmung garnicht so zu verachten. Nur die Form der Erhebung dürfte zu vielen Schwierig keiten Anlass geben; sodann werden nach dem Entwurf die wöchentlich nur einmal erscheinenden Zeitschriften im Verhältnis zu den Tageszeitungen zu hoch besteuert. Es ist deshalb möglich, dass man dazu kommt, nur die Reklame zu besteuern, die nicht in Zeitungsinseraten besteht. Hiermit könnte man sich wohl einverstanden erklären. Die Nachlasssteuer mit allem, was damit zu sammenhängt, dürfte unter allen Steuern der Regierungs vorlage diejenige sein, an deren Nichtzustandekommen die Handelsgärtner das meiste Interesse haben. Dennoch wird sie sich vielleicht nicht umgehen lassen. Wenn auch der Besitz in seinen mittleren Grössen bereits zahl reichen Steuern unterliegt, wovon schon oben die Rede war, wird es dennoch notwendig sein, ihm bei der grossen Finanzreform, wo jeder Opfer bringen muss, ein Opfer zuzumuten, hat er doch andererseits auch wieder Vorteil von der Reichsfinanzreform durch Entlastung des Kapitalmarktes infolge Verminderung der Reichsanleihen, Besserung des Diskont- und Zinssatzes usw. . . . Nur möchte man allerdings mit Nachdruck Ermässigungen und Beseitigung von Härten bei der Besteuerung der Erb schaften fordern. Die Nachlasssteuer wird von dem Nachlass als Ganzes erhoben, und es wird dies gerade als ein Grundprinzip gerühmt. Das kann aber nicht hindern, dagegen anzukämpfen. Wir leiden vielfach unter zu engen Prinzipien. So wird es auch hier werden. Es sieht sehr mässig aus, wenn die Steuer erst bei einem Nachlasse von einem reinen Werte von mehr als 20000 M. und nur mit 1/2° beginnt. Geht der Nach lass aber in viele Teile, so fällt auf den einzelnen wahr lich nicht so viel, dass noch hinreichende Steuerkraft vorhanden ist. Deshalb müsste wohl, wenigstens bei Vererbungen von Eltern auf Kinder, auf die Zahl der Kinder, die Erben werden, Rücksicht genommen werden. Die Wehr st euer ist im ganzen gut ausgedacht; in dieser Form, wo sie erst vom Nachlass der steuerpflichtigen Person erhoben wird, kann ihr die Berechtigung nicht abgesprochen werden; es wäre jedoch vielleicht zu erwägen, ob sie nicht im allge meinen niedriger angesetzt und dafür bei Personen, die im Besitz des Einjährig - Freiwilligenzeugnisses waren, ein Zuschlag erhoben werden könnte. Man sage nicht, das sei eine Besteuerung der Bildung, denn der Erwerb dieser Bildung war immerhin von der wirtschaftlichen Lage abhängig. Gegen das gesetzliche Erbrecht des Staates braucht man für entferntere Verwandschafts grade keine Bedenken zu haben. Der Vorschlag der Regierung dürfte jedoch zu weit gehen, wenn er einen Teil der Verwandten der 3. Ordnung (Onkel und Tante und deren Abkömmlinge) bereits von der gesetzlichen Erbfolge ausschliesst. Das würde mit den im Volke lebendigen Anschauungen kaum überein stimmen. Sodann ist hinsichtlich der Verwendung dieser dem Fiskus zugefallenen Erbschaften eine Bemerkung