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514 Handelsblatt für den deutschen Gartenbau usw. No. 48 gezahlt) trägt aber für ihn keine Zinsen. Verbandsmitglieder, welche der Kasse später beitreten, zahlen 3 M. extra, die der Kasse anheimfallen. Weitere Beiträge erfordert die Mitgliedschaft nicht. Niemand darf mehr als einen Ge schäftsanteil haben; denn die vermögenden Einleger sollen den weniger Vermögenden gegenüber kein verletzendes Uebergewicht erlangen können. (Siehe Genossenschaftsgesetz). Verteilung des Reingewinnes ist ausgeschlossen; denn es soll keine Bereicherungs- sondern lediglich eine Wohlfahrts einrichtung werden können. Der Vorstand führt die Ge schäfte tunlichst ehrenamtlich, eventuell wird für die Mühe waltung ein bescheidener Betrag festgesetzt. Der eigentliche Geschäftsführer (Kassenverwalter) bezieht ein angemessenes festes Gehalt. Die Geschäfte der Genossenschaft sind so zu führen, dass abzüglich der Verwaltungskosten ein (kleiner) Ueberschuss erzielt wird. Dieser ist ungeschmälert dem Reservefonds gutzuschreiben, und wenn der letztere eine be stimmte Höhe erreicht hat, ist er als unteilbarer Stiftungsfonds weiter anzusammeln, und zwar zu dem Zweck, einerseits etwaige Ausfälle und Verluste der Genossenschaft ohne In anspruchnahme der Mitglieder zu decken, anderseits die Genossenschaft von fremdem Kapital nach Möglichkeit un abhängig zu machen, sowie endlich gemeinnützige Ein richtungen zur Förderung der wirtschaftlichen Verhältnisse der Mitglieder ins Leben zu rufen. Die Ansammlung ist so lange fortzusetzen, bis der Reservefonds und der Stiftungs fonds zusammen eine solche Höhe erreicht haben, dass sie als Betriebskapital des Vereins genügen. Bis dahin können die Zinsen der Fonds zum Kapital geschlagen oder zu wirt schaftlich-gemeinnützigen Zwecken innerhalb des Vereins bezirks zum Vorteil der Mitglieder nach dem Beschluss der Generalversammlung verwendet werden. Dieses muss ge schehen, sobald die Fonds die bezeichnete Höhe erreicht haben, in welchem Fall auch der Teil des jährlichen Ueber- Schusses, der bis dahin zur Ansammlung der Fonds gedient hat, zu ebensolchen wirtschaftlich - gemeinnützigen Zwecken verwendet werden muss. Die alleinige Verfügung über den Stiftungsfonds hat die Genossenschaft so lange sie besteht. Die Mitglieder haben persönlich keinen Anteil daran und können keine Teilung verlangen. Bei etwaiger Auflösung geht der vor handene Fonds zur Zentraldarlehnskasse über. Gemäss Ge nossenschaftsgesetz kann durch Beschluss von 8/4 der in der Generalversammlung erschienenen Genossen eine Genossen schaft aufgelöst werden. Bei den R a i f f e i s e n’schen Ge nossenschaften ist das anders. Sobald da nur'7 Mitglieder für den Fortbestand stimmen, kann eine freiwillige Auf lösung nicht erfolgen. Wir glauben, dass dieses auch für uns das Beste wäre. Der Genossenschaft wäre eine längere Lebensdauer und somit'ein erspriessliches Wirken gewähr leistet. Die Uebertragung eines Geschäftsanteils an andere muss unbedingt ausgeschlossen bleiben. Die Begrenzung einer gärtnerischen Genossenschaft muss eine bestimmte sein. Während die R a i ff e i s e n’schen Genossenschaften höchstens 1 oder 2 Kreise umgrenzen, müssten wir die Grenze schon meistens weiter ziehen, um voraussichtlich die genügende Zahl Mitglieder zu bekommen. Gegen 300 müsste die Mindestzahl sein, um die Kasse lebensfähig gestalten zu können. Falls Gruppen nicht die Umgrenzung einer Genossenschaft bilden könnten, müsste ein Regierungsbezirk, im höchsten Falle aber eine Provinz bezw. Landesverband die Grenze bilden. Alle gärtnerischen Genossenschaften würden wieder von einer Central-Kasse zu verwalten sein. Die Verwaltung der Zentralkasse hätte die obere Leitung und namentlich die Bedürfnisse der unter geordneten Kassen zu vermitteln. Nur Verbandsmitglieder können Genossenschaftsmitglieder werden. Eine wichtige Frage zur Organisation bildet die Haftung der Mitglieder. Wir haben früher schon erwähnt, dass die Ra i ff e i s e n’schen Vereine „Genossenschaften mit un beschränkter Haftung“ bilden, dass also die Mitgliedschaft mit ihrem Hab und Gut für etwaige Verluste oder Ver bindlichkeiten haftbar ist. Diese Bestimmung mag für den ersten Augenblick etwas abschreckend erscheinen, aber dieses wird schwinden, wenn man weiss, unter welchen Grundsätzen und mit welchen Vorsichtsmassregeln die Genossenschafts sache geleitet wird. Die Bedingungen unter denen die Ge nossenschaft Geld verleiht, sind derart vorsichtig, dass Ver luste kaum entstehen können. Wir haben bereits klarge legt, dass die Kasse noch lange nicht dazu da ist, jedem Mitgliede ohne Weiteres und zu jedem Betrage Geld zu ver schaffen. Geld bekommt nur derjenige, der in Not geraten ist oder sich verbessern will. Das Geld erhält er nur gegen Sicherheit. Diese Sicherheit kann dreierlei Art sein, ent weder 1. Eintragung von Hypotheken, 2. ein Schuldschein mit 1 oder 2 Bürgen, oder 3. ein Faustpfand, Staatspapier, Lebensversicherung, Schuldschein von einem Dritten usw. Es kann nun vielleicht einer sagen, eine Hypothek kann in der Luft hängen, ein Bürge kann schlechter sein als der Schuldner, oder ein Staatspapier kann nicht mehr wert sein als eine Tapete. Hierüber können wir beruhigt sein; denn der Vorstand hat jeden Fall genau zu prüfen. Ist der Darlehnssucher dem Vorstand nicht genau bekannt, wirt schaftlich sowohl als sittlich, so müssen 2 Vertrauensmänner (Ausschussmitglieder), die die betreffende Person kennen, den Vorstand unterstützen. Die Aussage dieser Vertrauenspersonen wird geprüft, und davon hängt das Ergebnis ab. In einem Protokoll haben die Vertrauensleute ihre Aussage durch Unterschrift zu bekräftigen. Für fahrlässiges Handeln, für verschuldete Verluste hat der Vorstand zunächst einzustehen, in 2. Linie kommen erst die Mitglieder. Jetzt wird man verstehen, dass unter solcher weitgehenden Vorsicht die „un beschränkte Haftpflicht“ nicht so schlimm ist. Anderseits hat die unbeschränkte Haftpflicht auch einen moralischen Zweck. Das Solidaritätsgefühl erhält hierdurch erst den rechten Wert. Man kommt zur Erkenntnis, dass man sich gegenseitig schützt und hilft, man hat Interesse an einem gegen seitigen Wohlergehen. Man beeinflusst sich gegenseitig in wirtschaftlich-geschäftlicher wie moralischer Beziehung, und dieses alles muss doch notwendiger Weise unserm ganzen Stande wieder zugute kommen. Bemerken möchte ich hier noch, dass die 5 Vorstandsmitglieder als auch die Ausschuss mitglieder zur strengen Verschwiegenheit verpflichtet sind und zwar bei einer Geldstrafe von 30 M. Für den guten Gang der Kasse sind die Vorsichtsmassregeln aber noch nicht alle zu Ende. Alle Jahre einmal, bei neugegründeten Vereinen schon im ersten halben Jahre, kommt unerwartet der Kassenrevisor. Dieser Beamte revidirt alles genau, rügt unerbittlich etwaige Fehler und gibt mancherlei Ratschläge. Man hört oder liest so viel von durchgebrannten Kas sierern, dürfte mancher Leser einwenden. Das ist nicht zu leugnen; aber wenn solche Vorsichtsmassregeln gebraucht werden, wie beim R a i f f e i s e n - Verein, dann dürfte das schwerlich vorkommen. Es würde sich auch kaum lohnen, denn überflüssiges Geld soll stets zinsbar angelegt sein. Dann soll der Kassenverwalter überhaupt eine vertrauens würdige, einwandfreie Person sein, welche ansässig ist und durch Bürgschaft hinreichend Sicherheit stellt. Ferner haben die Vorstandsmitglieder das Recht, jederzeit die Kasse zu revidieren und haben sogar einmal monatlich die Pflicht dazu. Die ganze Vereinsgeschäftshandhabung unterliegt der ständigen Revision, Kontrolle und Ueberwachung. Und dieser Umstand trägt nicht wenig zur Gefahrlosigkeit der Solidarhaft bei. Der ganze Vorstand mit allen seinen Be schlüssen und Handlungen untersteht der Kontrolle des Auf sichtsrates. Alle Vierteljahr, und ausserdem so oft es not wendig erscheint, kommen die Mitglieder des Aufsichtsrates zusammen, prüfen die Einträge im Journal, ob dieselben mit den Beschlüssen des Vorstandes stimmen, vergleichen gegen seitig die Daten, prüfen, kurzum, alles was zu prüfen ist, und fragen sich dann, ob der Vorstand seine Befugnis nicht