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491 Handelsblatt für den deutschen Gartenbau usw. No. 46 Ueber die Höhe des Wertes, den wir für unsere Waren bestände in die Inventur einzustellen haben, lassen sich zahlenmässig feste Normen nicht aufstellen. Jedenfalls wird sich der gewissenhafte Geschäftsmann ängstlich hüten, zu hohe Werte anzunehmen, und sich Gewinne „in die Tasche zu lügen“, die tatsächlich noch nicht vorhanden sind. Dem gewissenhaften Geschäftsmann dient die Inventuraufnahme nicht dazu, sich einen hohen Gewinn herauszurechnen, sondern dazu, sich alljährlich ein untrügliches, klares Bild über den Stand seines Geschäftes zu verschaffen, das ihm auch zeigt, wo etwa zu hohe Aufwendungen gemacht wurden, oder wo vielleicht Verbesserungen notwendig sind, um aufgewendete Kosten verzinsbar zu machen. Wenn die Selbstkosten für unsere Erzeugnisse leichter zahlenmässig zu bestimmen wären, dann hätten wir in diesen Selbstkosten einen guten Massstab für die Werteinstellung in die Inventur. Für ein gekaufte Artikel liegen die Selbstkosten allerdings in den Fakturenbeträgen unter Hinzurechnung der Kosten für Frachten, Anfuhr, Einschlag und dergl. vollständig klar. Für selbsterzeugte gärtnerische Artikel aber sind die Selbst kosten weit schwieriger festzustellen, weil die Anteile der Auf wendungen, insbesondere an Gehältern und Löhnen, nicht leicht für jeden einzelnen Artikel getrennt verrechnet werden können. Die Herstellungskosten unserer Erzeugnisse können nicht nur an den verschiedenen Orten verschiedene sein, je nachdem die Aufwendungen für Grundstücke, Dünger, Löhne usw. verschieden hoch sind, sie werden vielmehr in ein und dem selben Geschäft nicht immer gleich hoch sein, je nachdem die Kulturen einen besseren oder geringeren Erfolg zeigen, mit mehr oder weniger Verlusten zu rechnen ist. Wenn mir daher Kollegen sägen, wir stellen die Selbst kosten in die Inventur ein, so scheint mir das ein Beweis, dass sie über diesen Gegenstand noch niemals ernstlich nachdachten. Einen besseren und sicheren Massstab für die Wert bemessung unserer Artikel behufs Einstellung in die Inventur wird der aus den Büchern leicht festzustellende, in den letzten drei Geschäftsjahren für die einzelnen Artikel erzielte Durchschnittspreis darstellen. Stellt man für fertige Waren etwa die Hälfte, für unfertige aber etwa 1/3 dieser Durch schnittspreise in die Inventur ein, so wird man sich damit selbst bei sinkenden Konjunkturen vorUeberschätzung sichern, und imstande sein, auch unvermeidliche Verluste auszu gleichen. Dass hierbei die Qualität der Erzeugnisse sorg- fältigst berücksichtigt werden und etwa vorhandene II. und III. Qualitäten entsprechend niedriger veranschlagt werden müssen, bedarf keiner Erwähnung. Werden dann in der Bilanz den auf vorstehene Weise ermittelten Werten alle geschäftlichen Ausgaben des letzten Jahres, Gehälter, Löhne, Steuern, Verzinsungen, Landpacht beträge, Hagel- und Feuerversicherungsprämien, Aufwendungen für notwendige Geschäftsreisen, Ueberweisungen an den Reservefonds, die gesetzmässigen Abschreibungen für Ab nutzung usw. usw. gegenübergestellt, so ergibt sich uns daraus ein klares Bild, ob unsere geschäftliche Tätigkeit eine lohnende war. Auf weitere Einzelheiten des gärtnerischen Rechnungs wesens näher einzugehen, muss ich mir wegen mangelnder Zeit versagen. Ich würde mich freuen, wenn diese kurzen Zeilen Anlass gäben, über diesen wichtigen Gegenstand einen eingehenden Meinungsaustausch einzuleiten und wenn dieser dazu führte, auch solche Geschäfte, die sich offenbar bisher über die Höhe der Selbstkosten ihrer Erzeugnisse einer ge fährlichen Täuschung hingeben, zu veranlassen, auf ange messenere Preise zu halten. i i Baumschulenbesitzer und bandelsgärtner. Von 6. J. Garrelts in Langsur. Das Charakteristikum unserer Zeit ist, besonders was Handel und Gewerbe angeht: Grossbetrieb und Arbeitsteilung; das macht sich je länger je mehr auch in unserer Branche bemerkbar. Die grösseren Geschäfte nehmen an Umfang immer mehr zu, während die kleineren, weniger kapital kräftigen, in richtiger Erkennung der Verhältnisse sich zu Spezialisten auszubilden trachten, weil hierbei mit weniger Aufwand an Geld und Arbeitskraft doch intensiv gewirt schaftet werden kann und deshalb auch leichter ein Erfolg zu erzielen ist, als wenn die vorhandenen Mittel zersplittert werden. Es spielt sich hier ein Vorgang ab, wie wir ihn in der Industrie seit Langem beobachten konnten, wo die grösseren Werke die kleineren entweder zwingen, ihre Pro duktion auf bestimmte Artikel zu beschränken, die im Grossen weniger gut hergestellt werden können oder sich zur Fabri kation im Grossen gar nicht eignen, oder dass die Gross betriebe die Fabrikate soweit vorbereitet liefern, dass nur noch die letzte ordnende Hand daran gelegt zu werden braucht oder endlich auch, dass sie (dem Handwerker z. B.) die Ware vollständig gebrauchsfertig liefern. In der Anzucht und dem Handel in Pflanzen sehen wir etwas Aehnliches sich vollziehen. Wir haben „Vollbetriebe“, deren Kulturen alles in sich aufnehmen, vom einjährigen Sämling bis zum fertigen Alleebaum, von der winzigen Staude bis zur höchsten Konifere, und daneben solche Kul turen, die nur bestimmte Klassen von Pflanzen, sei es für den allgemeinen Bedarf, sei es für bestimmte Zwecke, her anziehen, sogenannte Spezialkulturen, wie wir sie in den holsteinschen Forstbaumschulen, den Obstschulen, Rosengärtnereien, Staudenzüchtereien, den Blumenzwiebel kulturen und noch manchen anderen vor uns haben. Als Abnehmer dieser Züchter sind in erster Linie die Land schaftsgärtner und Gartenkünstler zu betrachten, die bei ihnen diejenigen Pflanzen einkaufen, die sie in den ihnen zur Ausführung aufgetragenen Anlagen usw. direkt gebrauchen, sodann aber auch die Verbraucher selbst. Das Verhältnis zwischen Züchter und Landschafter ist ohne weiteres klar; ganz anders steht den Züchtern der Handels gärtner gegenüber, der, vielfach sogar als Hauptbetrieb auch Gewächshauspflanzen kultiviert, einen Blumenladen hat und Samenhandel betreibt, und den Pflanzenhandel und die Landschaftsgärtnerei erst in zweiter Linie berücksichtigt, wobei er entweder einen Teil der von ihm gebrauchten Pflanzen selbst zieht oder das meiste zukauft. Es lässt sich nicht leugnen, dass an kleineren Orten ein in dieser Weise betriebenes Geschäft noch immer lohnend ist; aber man kann dem gegenüber auch nicht von der Hand weisen, dass die stete Steigerung der Produktions kosten, insbesondere der Löhne, Pachten u. s. w., mit. zwin gender Notwendigkeit immer mehr auf den Betrieb im Grossen hindrängen, die kleineren Kulturen sich daher von Jahr zu Jahr weniger lohnend gestalten, und in richtiger Erkennung dieser Tatsache hat ein grosser Teil der Handels gärtner seine Baumschulkulturen ganz oder zum Teil auf gegeben. Er kauft das, was er braucht, da, wo es am billigsten zu haben ist, um es sogleich weiter zu geben; und er steht sich gut dabei, denn es liegt auf der Hand, dass durch diesen Handel von Fall zu Fall sein Risiko ganz bedeutend vermindert wird. Ware ist übergenug zu haben, für angemessene Preise sorgt schon die Konkurrenz, Kredit wird freigebig angeboten; man sollte daher meinen, das Verhältnis könnte auch hier, wie zwischen Züchter und Landschafter, das allerbeste sein. Dass dies aber dennoch nicht der Fall ist, dass vielmehr sehr schroffe Gegensätze bestehen, liegt zum Teil daran, dass wir eben noch keine „reinliche Scheidung“ haben und im gärtnerischen Betriebe kaum jemals haben werden. Wir werden also mit den Tat sachen rechnen müssen, dass der Baumschulbesitzer, der Züchter also, stets das Bestreben haben wird, mit dem Ver- i brauchen direkt in Verbindung zu treten, und der Handels gärtner es sich nicht nehmen lassen wird, solche Pflanzen, | die er billiger oder besser selbst ziehen zu können glaubt, auch fernerhin zu kultivieren.