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Hmerikanische gegen französische Kemontant-Delken. Von C. Engelmann in Saffron Walden, England. Der deutsche Schnittblumenzüchter erkennt wohl mit wenigen Ausnahmen an, dass die winterblühenden Nelken Blumen der Zukunft sind. Es mag daher angebracht sein, einen Vergleich zwischen den beiden Hauptarten anzustellen. Mein persönliches Interesse liegt allerdings in den ameri kanischen Varietäten, sodass folgendes Urteil vielleicht nicht ganz unparteiisch wird, obgleich ich die Absicht habe, es so gerecht wie möglich für die französischen Arten fest zustellen. Die Haupteigenschaften einer Schnittnelke sind folgende: 1. Reichblühigkeit, 2. Blüh Willigkeit, 3. Farbe, 4. Grösse und Form, 5. Stiel und Haltung, 6. Geruch, 7. Lebens fähigkeit und Gesundheit der Pflanze. Diese sieben Punkte will ich kurz durchgehen und beide Arten vergleichend nebeneinander stellen. 1. In Reichblühigkeit übertreffen die Amerikaner die Franzosen meiner Ansicht nach bedeutend. Es ist wohl möglich und sogar wahrscheinlich, dass die Photographie eines französischen Hauses in voller Blüte diese Art ertrag reicher erscheinen lässt als eine solche amerikanischer Arten. Dies liegt aber einzig und allein daran, weil die französischen, so ähnlich wie das Chrysanthemum, ihre Blumen alle auf einmal bringen und deshalb zu gewissen Zeiten einen grossen Flor entwickeln. Die Amerikaner hingegen blühen und wachsen fortwährend und produzieren deshalb weniger Blumen in einem Satze, jedoch mehr in der Saison. 2. Blühwilligkeit oder vielleicht Remontierfähigkeit. Auch diesen Punkt muss ich entschieden zu Gunsten der Amerikaner-Nelken entscheiden. Es ist nämlich möglich, durch richtige Kultur und rechtzeitiges Pinzieren, einen absolut ununterbrochenen Flor Winter und Sommer hindurch mit diesen Nelken zu erzielen, was bei den französischen ebenso absolut unmöglich ist. Diese blühen zweimal, zum ersten Mal im Herbst und zum zweiten Mal im späten Frühjahr. Durch entsprechende Kultur lassen sich diese Blütenperioden zwar etwas verschieben, aber mehr wie zwei Sätze gibt es nicht, und mitten im Winter machen die Pflanzen stets eine Ruheperiode durch. Sollte man es wünschen, dass die amerikanischen Arten zu irgend einer Zeit einen grösseren Posten Blumen auf einmal bringen, lässt sich auch dieses durch rechtzeitiges Pinzieren aller Triebe verhältnismässig leicht bewerkstelligen. Den richtigen Zeitpunkt zu dieser Arbeit muss aller dings jeder Gärtner selbst herausfinden, denn das hängt sowohl von der Sorte, wie von den klimatischen Verhält nissen ab. Als ein kleiner Anhaltspunkt mag folgendes von Nutzen sein: Ein Trieb, der im Juni pinziert ist, bringt an den entstehenden Seitentrieben etwa im Oktober die ersten Blumen. Je weiter diese Operation in den Sommer und Herbst hinein verschoben wird, desto länger dauert es, ehe die Triebe blühen, man darf aber nicht die Summe der Tage, sondern muss die Stunden des Tageslichtes rechnen, z. B. was im Sommer in einem Monat fertig wird, dauert im Winter etwa 10 Wochen usw. 3. Farbe. Hierin scheinen die französischen Sorten den amerikanischen in hellen, gelben und bläulichen Tönen etwas überlegen zu sein, in dunklen Sorten sind jedoch die Ameri kaner besser. Es existieren die erstgenannten Farben in den letzteren jedoch auch schon, und werden wir in den nächsten Jahren noch mehr viele neue und gute Farben erhalten. 4. Grösse und Form. In Grösse sind die Franzosen im allgemeinen den Amerikanern überlegen, in der Form sind jedoch die Amerikaner ganz unvergleichlich schön, denn sie platzen so gut wie garnicht und sind rund, edel und gewölbt, während die ersteren nur ein unregelmässiges Bündel Blumenblätter sind, aus denen oft sogar noch eine zweite Knospe herauswächst, und die man nur mit Hilfe von Draht oder Gummiringen einigermassen in Form er halten kann. 5. Stiel und Haltung muss ebenfalls ohne jeden Zweifel zu Gunsten der Amerikaner entschieden werden. Diese halten sich nämlich, wenn zweckentsprechend kultiviert, straff aufrecht, haben lange Stiele und sind deshalb zur Tafeldekoration von unvergleichlicher Schönheit. Den französischen Varietäten ist es unmöglich, ihre schweren Köpfe aufrecht zu erhalten. 6. Der Geruch ist wohl bei beiden Arten gleich, einige Sorten riechen gut und kräftig, andere nur wenig oder garnicht. 7. Was schliesslich die Lebenstähigkeit und Gesundheit der Pflanzen anbetrifft, so sind für das deutsche Klima die amerikanischen Sorten vorzuziehen. Diese wachsen und ent wickeln sich bedeutend schneller als die französischen und leiden bedeutend weniger an Pilz und anderen Krankheiten. Sie haben eben noch die Lebensfähigkeit der Jugend. Unsere alten deutschen Remontantnelken sind den französischen gleich, nur sind die Blumen meist kleiner und platzen nicht so viel. Wie schon erwähnt, mag dieses Urteil etwas einseitig sein, doch sind mir einige Fälle bekannt, wo in Deutschland Gärtner schon sieben Jahre französische Nelken kultivierten, dann aber nach einem kleinen Versuche mit Amerikanern die ersteren gänzlich fallen liessen und jetzt nur ausschliess lich amerikanische Sorten kultivieren. — Dies spricht für sich selbst und macht weitere Ausführungen unnötig. Zur Kultur der Begonia Gloire de Lorraine. Von Franz Engler in Miltitz-Leipzig. Wenn ich es heute unternehme, die Kultur der wert vollsten Einführung des letzten Jahrzehnts eingehend zu be handeln, so geschieht dies nur in der Absicht, dieser wert vollen Pflanze den Weg zu ihrem Siegesläufe mehr und mehr zu ebnen und die Fabel von der „schwierigen Kultur“ zu beseitigen. Ich tue dies um so lieber, weil ich als Skeptiker zu denjenigen gehörte, die dieser Pflanze bei ihrer Ein führung keine Zukunft prophezeiten, und gerade dieser Punkt hat mir und vielen Anderen bewiesen, wie leicht der Mensch irren kann. Der Wert der Lorraine steht wohl heute unbestritten fest, besitzt doch die Pflanze Eigenschaften, die selbst den verwöhntesten Ansprüchen genügen werden. Ihre vielseitige Verwendbarkeit, sei es als Topfpflanze in allen Grössen, sei es als Bindeblume, zur Bepflanzung von Schalen und Körben, zu Tafeldekorationen, Ampeln usw., ihre ausgeprägte Eigen schaft, in den sogenannten blumenarmen Wintermonaten zu blühen, hat sie in kurzer Zeit zu einer unentbehrlichen Massenkulturpflanze gemacht, sie wird diesen Platz auch in absehbarer Zeit behaupten und dem deutschen Handelsgärtner eine weitere wertvolle Waffe sein im Kampfe gegen die süd liche Konkurrenz. Es muss allerdings zugegeben werden, dass auch manche seitherige Kulturpflanze unter der Konkurrenz dieser Pflanze zu leiden hat, denn entschieden tut sie den Camellien, Treib azaleen, Cyclamen usw. Abbruch, aber das ist ja das Privileg des Fortschritts, dass er rücksichtslos über Vergangenheit und Gegenwart wegschreitet, und wer sich ihm nicht an schliesst, hat die Konsequenzen selbst zu tragen. Es bedarf auch keiner besonderen arithmetischen Begabung, um auszu rechnen, dass eine Kultur, die nur wenige Monate Zeit be ansprucht, lohnender sein muss als eine solche, zu deren Durchführung fast ebensoviel Jahre gehören. Nunmehr komme ich zu der eigentlichen Kultur dieser schönen Pflanze, die, wie ich vorausschicken will, im Gegen satz zu der häufigen Annahme eine recht einfache, ja leichte