Volltext Seite (XML)
Io. 21 Rixdor-Berlin, den 25. Ilai 1907. XXII. Sahrgang. Eigentum des Verbandes der bandelsgärtner Deutschlands. Organ des Gartenbau-Verbandes für das Königreich Sachsen, herausgegeben unter Mitwirkung der hervorragendsten Fachmänner des In- und Huslandes. Das „5andelsblatt für den deutschen Gartenbau usw.“ erscheint am Sonnabend Jeder Woche. Rbonnementspreis für nicht-Verbandsmitqlieder in Deutschland und Oesterreich-Ungarn pro Jahrgang 8 Mk. 50 Pf., für das übrige Husland 10 Nh., für Verbands-Mitglieder kostenlos. Verantwortlicher Redakteur: F. Johs. Bethmann in Rixdorf-Berlin, Generalsekretär des Verbandes der Handelsgärtner Deutschlands. Verlag: Verband der Bandelsgärtner Deutschlands, eingetragen auf Seite 179, Band IV, des Genossenschaftsregisters des Königl. Amtsgerichts zu Leipzig. lieber die Lieferung mangelhafter (Daren. Von Justizrat W. Hartwich in Berlin. (Fortsetzung.) Pflicht des Käufers zur vorläufigen Auf- | Bewahrung und Sicherung des Beweises, j Bei Streitigkeiten über die Beschaffenheit gelieferter Waren wird nun regelmässig jede Partei der festen Ueber- 1 zeugung sein, dass sie recht hat; der Verkäufer also, dass er gute, tadellose Ware geliefert, der Käufer, dass er mangel hafte erhalten habe und dass die gerügten Mängel wirklich vorhanden seien. Beide Parteien werden natürlich in ihrer üeberzeugung durch die Privatgutachten ihrer befreundeten Berufsgenossen bestärkt, die sich ja wohl jeder geben lässt, j bevor er sich auf einen Prozess einlässt. Der Verkäufer, Ij der fest überzeugt ist, gute Pflanzen geliefert zu haben, I nimmt sie zunächst, wenn sie ihm zur Verfügung gestellt werden, nicht zurück. Der Käufer, der sie zur Verfügung gestellt hat, verwertet sie auch nicht, sondern lässt sie ruhig stehen; da der Prozess lange Zeit, mindestens mehrere Monate dauert, kann der verlierenden Partei ein grösserer Schaden entstehen, denn sehr häufig sind die Pflanzen bei Beendigung des Prozesses sehr viel weniger wert oder ganz wertlos geworden, und der Verkäufer muss nicht bloss die Prozesskosten tragen, sondern hat auch noch den Verlust seiner Pflanzen zu beklagen und in sehr vielen Fällen dem Käufer auch noch die Kosten für die Aufbewahrung und für die Pflege der Pflanzen zu bezahlen. Das ist in dem Prozess geschehen, von dem ich vorhin sprach, wo ein Gärtner einem Gärtnereibesitzer Pflanzen geliefert hat. Der Verkäufer hat noch Aufbewahrungskosten bezahlt und auf die Anfrage nach dem Prozess, was denn mit den Pflanzen geschehen solle, hat er erklärt, sie sollen versteigert werden. Das geschah, die Pflanzen brachten aber fast nichts. Daraus kann sich jedermann die Lehre ziehen, dass man nicht gar so sehr auf sein vermeintliches Recht pochen soll. Wie ein Prozess ausfällt, kann niemand, auch nicht I der beste Rechtsanwalt voraussagen, und es ist deshalb zu raten, dass sich die Parteien wenigstens über die Verwendung und Verwertung der Ware einigen. Dies wird allerdings daran scheitern, dass jeder befürchtet, es könne ihm der Beweis für seine Behauptung verloren gehen, wenn die Pflanzen anderweitig, z. B. durch Verkauf verwertet werden. Die Parteien haben aber ein Mittel, sich den Beweis zu sichern. Jede Partei kann auch noch, ob dringende Gefahr vorliegt oder nicht, vor Anstellung des Prozesses bean tragen, dass die Pflanzen durch Sachverständige besichtigt, und dass dann die Sachverständigen über den Befund ver nommen werden. Es können auch Zeugen vor der Anstellung des Prozesses vernommen werden, und ebenso kann im Laufe des Prozesses beantragt werden, Zeugen und Sach verständige zu vernehmen oder die Sache durch das Gericht begutachten zu lassen ; es braucht nicht einmal die Besorg nis vorliegen, dass die Beweismittel verloren werden, oder die Benutzung der Beweismittel erschwert werde, sondern es muss in unserem Falle dem Anträge regelmässig statt gegeben werden, und es könnten sich alsdann, wenn die Zeugen oder die Sachverständigen vernommen sind, die Parteien darüber einigen, was mit den Pflanzen geschehen soll, wobei sich natürlich jede Partei ihr Recht ausdrücklich vorbehalten müsste, § 488 C. P. 0. Zu bemerken ist, dass der Antrag auf Sicherung des Beweises auch die Verjährung unterbricht, weshalb die Stellung des Antrages noch besonders zu empfehlen ist. Wenn nun eine Einigung darüber, was mit der Ware geschehen soll, nicht zustande kommt, so können die Par teien wie folgt verfahren : Der Käufer hat zunächst die Pflicht, für einstweilige Aufbewahrung Sorge zu tragen. Für einseitige Handelsgeschäfte schreibt das Gesetz dem Käufer diese Pflicht nicht vor, man wird aber annehmen müssen, dass nach Treu und Glauben jeder Käufer, auch ein Nichtkaufmann, dazu verpflichtet ist. Die Pflicht dauert so lange, bis der Verkäufer in der