Volltext Seite (XML)
Des Pfingstfestes wegen erscheint die nächste Nummer des Handelsblattes einen Tag später. Ilo. 20 Rixdorf-Berlin, den 18. Illai 1907. XXII. Jahrgang. Eigentum des Verbandes der Bandeisgärtner Deutschlands. Organ des Gartenbau-Verbandes für das Königreich Sachsen, herausgegeben unter Mitwirkung der hervorragendsten Fachmänner des In- und Ruslandes. Das „Handelsblatt für den deutschen Gartenbau usw." erscheint am Sonnabend feder Woche. Fbonnementspreis für nicht-Verbandsmitglieder in Deutschland und Oesterreidi-Ungarn pro Jahrgang 8 Uh. 50 Pf., für das übrige Husland 10 Uh., für Uerbands-Mitglieder hostenlos. Verantwortlicher Redakteur: F. Johs. Bethmann in Rixdorf-Berlin, Generalsekretär des Verbandes der Handelsgärtner Deutschlands. Verlag: Verband der 5andelsgärtner Deutschlands, eingetragen auf Seite 179, Band IV, des Genossenschaftsregisters des Königl. Amtsgerichts zu Leipzig. Gärtnerische Fach- und Fortbildungsschulen. l| kommen glauben und geben sich alle Mühe in der Gärtnerei - I ihren Platz auszufüllen. Aber da machen sich denn auch Von H. Wiese in Dotzheim Wiesbaden. Die theoretische Ausbildung der Gärtnerlehrlinge ist i eines jener Probleme, deren Lösung trotz allen guten Willens | der einsichtsvolleren Gärtnerschaft aus mancherlei Gründen noch immer einigen Schwierigkeiten begegnet. Dass sie von jedem gewissenhaften Lehrherrn sorgfältig ins Auge ge fasst werden muss, werden nicht nur die aus den gebilde- I teren Ständen hervorgegangenen Gärtner bestätigen, die im j täglichen Verkehr mit ihren Angestellten über deren Man- . gel an theoretisther Ausbildung oftmals recht, trübe Erfah rungen machen müssen, sondern vor allem auch diejenigen, die, selbst aus kleinen Verhältnissen stammend, sich durch ; eigenen Fleiss zu einer selbständigen Stellung emporgearbeitet haben und nun bei Ausübung ihres Berufes diesen Mangel am eigenen Leibe zu spüren bekommen. Es ist ja leider eine oft gerügte Tatsache, dass sowohl körperlich ungesunde, als auch geistig minderwertige, in den Schulen zurückgebliebene Kinder mit Vorliebe dem gärtne rischen Berufe zugeführt werden, sodass das Vorhandensein eines gäitnerischen Proletariats nicht geleugnet werden kann. I Dieses aus der Welt zu schaffen wird nicht eher gelingen, als bis durch unermüdliche Aufklärungsarbeit urbi et orbi klar gemacht ist, dass gerade der gärtnerische Beruf ganz j besonders hohe Anforderungen an die körperliche und geistige Gesundheit stellt. Eine grosse Anzahl befindet sich aber auch unter dem gärtnerischen Nachwuchs, die sonst gesund und normal veranlagt, in ihren Schuljahren keine genügende Gelegenheit hatte, sich dasjenige Mass von Kenntnissen anzueignen, welches nötig ist, wenn man in einem so schwierigen Berufe, wie es die Gärtnerei ist, vor wärts kommen und es zu etwas bringen will. Aus der Dorfschule kommen sie heraus, die hoffnungsvollen Jünglinge; ihr Sinn steht ihnen höher, als nach einer Gutsgärtner stellung; sie gehen in die Stadt, wo sie leichter voran zu j nur zu bald die grossen Lücken in ihrer Ausbildung un angenehm bemerkbar; es kommt ihnen zum Bewusstsein, dass es mit zwei gesunden Armen und dem guten Willen allein heutzutage nicht getan ist, und die Klagen der Aibeitgeber über unzulängliches Gehülfenmaterial nehmen kein Ende. Wenn nun diese Klagen auch durch keine Fach- oder Fortbildungsschule aus der Welt geschafft werden können, so ist doch eine Minderung derselben recht gut möglich, und hier bietet sich den gärtnerischen Vereinigungen noch ein recht weites Arbeitsfeld, dessen intensivere Beackerung zwar in erster Linie den Arbeitnehmern, mittelbar aber auch den Arbeitgebern reichlich zugute kommt. Auch jungen Leuten mit besserer .Schulbildung ist es bei der Vielseitigkeit des gärtnerischen Berufes nicht immer mög lich, sich während ihrer Lehrzeit in allen Fächern aus reichende Kenntnisse zu erwerben und da nicht jeder Vater in der glücklichen Lage ist, seinen Sohn auf einige Jahre in eine Gartenbauschule zu schicken, so muss auch hier die Fachschule an deren Stelle zu treten suchen. Es muss deshalb als eine Pflicht der gärtnerischen Arbeitgeber-Vereinigungen betrachtet werden, überall da, 1 wo die Möglichkeit gegeben ist, die Einrichtung von Fach- i schulen anzustreben. Freilich kosten Schulen Geld, und daran pflegt es in den weitaus meisten Fällen zu fehlen. Es gibt aber Mittel und Wege, dieses zu beschaffen. Das preussische landwirt schaftliche Ministerium hat einen Fonds zur Verfügung, der zur „Hebung des Gartenbaues, der Obst- und Weinkulturen“ bestimmt ist, und aus diesem Fonds werden unter dem Titel „für Belehrungszwecke“ auch Beihülfen für gärtne rische Fachschulen gewährt Das Ministerium knüpft an die Gewährung dieser Beihülfen in der Regel die Bedingung, dass sowohl die in Betracht kommende Kommune als auch