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No. 49 Handelsblatt für den deutschen Gartenbau USW. 449 möglicht, schon nicht einschränken bezw. verbieten, weil er dem Strassenleben ein typisches Grossstadtgepräge giebt. Eine wirkliche Grossstadt ohne Blumenhändler giebt es denn doch wohl nicht! Mit dieser Tatsache müssen sich die Blumengeschäftsinhaber ebenso gut abzufinden suchen, wie die Buch- und Zeitungshandlungen u. a. mit dem Dasein ihrer Strassenkonkurrenten. Uebrigens etwa zu glauben, dass bei deren Fehlen die Lage der Blumengeschäfte eine besonders bessere wäre, ist ein — Aberglaube, und wenn ein Herr H. B. in der letzten Nr. des Organs des Verbandes der Blumenhändler schreibt, dass bei Frostwetter, wenn keine Blumen auf der Strasse angeboten würden, eine gesteigerte Nachfrage in den Läden zu konstatieren sei, so ist diese Tatsache einfach mit dem Umstande zu erklären, dass stets bei klarem Frostwetter das Geschäft lebhafter ist, auch in Städten, die keinen Strassen handel kennen! Dass dessen Vorhandensein nicht die Ur sache des schlechten Geschäftsganges ist, möge der Herr H. B. aus dem ,,Neues aus Nizza“ aus derselben Nummer ersehen, dors steht wörtlich: Die Nachfrage von ausserhalb ist gering . . . Wird sich das Geschäft so weiter schleppen bis zu Weihnachten? Oder wird ein vollständiger Witterungsumschlag Leben und Bewegung in den Markt und in den Versand bringen? —!— Die wirklichen Ursachen des schlechten Geschäfts ganges sind an ganz anderen Stellen zu suchen: Ueber- mässige, ungesunde Konkurrenz, Un wissenheit und geringes Betriebskapital sind solche. Hier in Berlin sind am 1. Okt. ca. 50 neue Blumen geschäfte entstanden! Und wenn man sieht, in welcher Weise, muss einem unwillkürlich der Gedanke kommen, dass die Möglichkeit, sich selbständig zu machen, erschwert werden müsse. Wenn z. B. ein junges Mädchen nach ein jähriger Lehrzeit einen Blumensalon eröffnet, und selbst wieder Lehrmädchen annimmt, so ist das ein Zustand, der unbedingt als ungesund bezeichnet werden muss. Ueber- haupt ist zu bemerken, dass immer mehr weibliche Elemente sich in dieser Branche selbständig machen — jedenfalls nicht zum Vorteile des Blumengeschäftsinhaberstandes. Die wie Pilze aus der Erde gewachsenen Geschäfte bekonkurrenzen sich nun nach allen Regeln der Kunst, kauft man billig ein, wird wieder billig verschleudert, manche verfallen ja freilich auch ins Extreme und fordern Preise, die das Publikum abschrecken, jemals wieder einen Blumenladen zu betreten! Die Geschäfte, die ihre Ehre darin suchen, anständige, angemessene Preise zu erhalten — die Inhaber sind meistens gediegene Fachleute —• werden immer weniger. Sogar die Rufer im Streit, Eiferer gegen den Privat verkauf in der Markthalle und enragierte Gegner des Strassenhandels, scheuen sich nicht, dem Publikum Preise bekannt zu geben, die man bei reeller Ware einfach als unmög liche bezeichnen muss. Eine leitende Persönlichkeit des hiesigen Vereins der Blumengeschäftsinhaber (E. V.) hat hierin mittels stilvoller Reklame nach Peterseim schem Muster ganz hervorragendes geleistet. Ein Strassenhändler kann diese Preise wirklich nicht billiger stellen, und da bekämpft man seine Existenz, der er doch wohl in den meisten Fällen sein Brot ehrlich verdient und nicht immer zu den un lauteren Elementen und Dieben, als welche Herr — e 1 m s ihn hinstellen möchte, zu rechnen ist! Der Schnittblumenhändler — den Frühjahrs- Gross- strassenhändler mit Topfpflanzen möchten auch wir missen — mag ja einigen Geschäften etwas Konkurrenz machen, ob solche eine fühlbare zu nennen ist, bezweifle ich. Der Grund, weshalb die Handelsgärtner sich diesen Ab nehmer nicht auch noch nehmen lassen wollen, ist der, dass sie unbedingt im Sommer ihre Schnittblumen absetzen müssen, zu einer Zeit, in der die geschädigten Ge schäftsleute meistens im Bade weilen; gerade diese sind es, die sich diesen Luxus leisten können, sie haben ja im Winter an den billigen Riviera-Sachen genug verdient. Im Winter kann der Schnittblumengärtner keine Ge schäfte mehr machen; er ist nur noch auf das Frühjahr und den Sommer angewiesen, die Blumengeschäfte können nichtalles verbrauchen, ihr Geschäft würde still sein, auch ohne den Strassenhändler; es gäbe dann beim Fehlen der letzteren für den kleinen Gärtner überhaupt keine Möglichkeit mehr, für den langen Winter einen Notgroschen zusammen zu bringen. Er braucht den Strassenhändler einfach zu seiner Existenz. Ja, wäre ein angemessener Schutzzoll auf die ausländischen Schnittblumen gelegt, wäre das Bild ein ganz anderes; es gäbe dann nicht die ungeheure Konkurrenz, alle unsere Er zeugnisse hätten besseren Preis, Schleuderpreise würden nahezu unmöglich sein, der Gärtner wäre nicht nur auf eine Saison angewiesen, er würde dann das ganze Jahr hindurch verdienen, und ein Kaufmann würde dann nicht dumm fragen, ob die Handelsgärtner dann den Strassenhändler auch noch unterstützen würden! Wenn man sagt, in anderen Siädten sei der Strassen handel verboten, und trotzdem noch nicht der Ruin eines Gärtners herbeigeführt worden, so ist das eine Redensart, die nichts besagt und nur von der Sachunkenntnis des Herrn — e 1 m s zeugt. In allen anderen Städten steht der Gärtner im direkten Kontakt mit dem Publikum, zum mindesten doch mit dem Blumengeschäft; er erzielt infolge dieses gesunden Zu Standes bessere Preise, er hat es nicht nötig, um jeden Preis zu verkaufen, er kann auch mal etwas fortwerfen. Hier liegen die Verhältnisse ganz anders und zwar sehr- im argen. Die Ware geht vom Gärtner an den Zwischenhändler, von diesem an das Blumen geschäft und nun erst an das Publikum. Exportiert wird nicht viel, im Gegenteil, ungeheuer viel Ware, besonders Schnittblumen geringerer Qualität, werden in Berlin abge laden. Die Folge ist die Unfähigkeit der Blumengeschäfte, '.diese Massen zu verarbeiten, Geld, wenn auch noch so wenig, I müssen sie bringen, sie gehen an den Strassenhändler, und dieser sieht zu, diese überschüssigen Sachen an den Mann zu bringen. Wer von ihm kauft, tut es meistens nur ge legentlich, ohne den vorgefassten Gedanken, Blumen zu er werben, und darum halte ich den Schnittblumenstrassen händler nicht für besonders schädlich, sondern für einen notwendigen, ja nützlichen Regulator auf dem Blumenmarkt. Wenn Herr —elms meint, der Verband der Handels gärtner solle doch die Bestrebungen der Blumengeschäftsin haber unterstützen, und wenn Herr H. B. sagt, man sei ja nicht gewöhnt, von dieser Seite eine Unterstützung zu er fahren, so ist ein derartiges Verlangen, besonders letztere Bemerkung, beinahe als Unverfrorenheit zu bezeichnen. Wann hätten jemals Blumengeschäftsinhaber die Bestre bungen der Handelsgärtner unterstützt, wann hätten sie überhaupt mal Verständnis für handelsgärtnerische Fragen gezeigt!? Der mutmassliche Herr —elms (er kennzeich net sich durch seine gesuchten Fremdwörter) hat schon des öfteren, auch auf dem Verbandstage in Magdeburg, erklärt, die Interessen der Handelsgärtner berührten ihn nicht, — wie soll man auch bei einem Kaufmann derartige Inter essen erwarten! Herr H. B. meint, mit einem Massenaustritt der Blumen geschäftsinhaber aus unserem Verbände drohen zu müssen, im Gegenteil! wir haben begründete Hoffnung, noch recht viele für unseren Verband zu gewinnen! Es tagt allmählig, und die Meinung, dass sich die Rentabilität der Blumengeschäfte mit der gesteigerten Ein fuhr vom Auslande bedeutend verschlechtert habe, gewinnt immer mehr an Boden. Besonders verschliessen j sich nur no'ch sehr wenige der Wahrheit, dass bei einem a n g e m e s s e n e n S ch u t z z o 11 derStra- ■ ssenhandel von selber eingeschränkt w ü r d e.