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Ersatz für Beschädigungen in Gärtnereien bei benachbarten Feuersbrünsten. Wenn auch nicht täglich vorkommend, so ist uns doch im Laufe der Jahre schon zu wiederholten Malen die Frage vorgelegt worden, wer für den Schaden haftbar sei, den die Feuerwehr bei der Bekämpfung einer Feuersgefahr auf einem benachbarten Gärtnereigrundstück anrichtet. Dass ein solcher Schaden durch Zertreten von Beeten, Beschädigungen von Pflanzen durch die Feuerwehrleute, durch Geräte und Schläuche, sehr leicht eintreten kann, ist ohne weiteres klar, und sind solche Fälle durchaus nicht vereinzelt. Immer hin sind aus solchem Anlass angestrengte Prozesse noch nicht oft vorgekommen, und bilden sie deshalb ein gesuchtes Material für Juristen und Anwälte. Wir erinnern uns eines vor einigen Jahren in Hamburg vorgekommenen Falles, bei dem es zur Klage kam, und wo sich dem Kläger, einem Gärtnereibesitzer, fünf Anwälte freiwillig zur Verfügung stellten, aus reinem Interesse für diesen Fall. Damals wurde der Hamburgische Staat bezw. dessen Deputation für Feuer- und Löschwesen nach langwierigem Prozess zum Er satz des Schadens verurteilt. Eine ähnliche, uns vor kurzem übersandte Frage veranlasste uns, unseren Rechtsanwalt, Herrn Justizrat W. H a r t w i c h iu Berlin, um ein Gutachten zu dieser Sache zu bitten, um im Allgemeininteresse eine weitere Unterlage bei derartigen Streitfragen zu besitzen. Die uns zur Beantwortung vorge legte Frage lautete: „Durch wen wird einem Gärtnerei besitzer der durch das Löschen eines Brandes im Nachbar- | grundstück 1. durch die Feuerwehr, und 2. durch das ] Publikum angerichtete Schaden vergütet ?" Nachstehend geben wir nun das Gutachten unseres Rechtsanwalts auf die ihm übersandte Frage bekannt. Der selbe führte aus: I. Für die Frage, wer den durch die Feuerwehr an gerichteten Schaden zu erstatten habe, kommen in Betracht der Beamte, der die Schadenshandlung angeordnet hat, die Feuerwehr oder die Behörde, der sie untersteht, die Ge meinde, und endlich der Eigentümer des Brandgrundstücks und die vom Brande bedrohten Nachbarn. Der Beamte, der die Schadenshandlung, z. B. das Nieder reissen eines Zaunes, das Aufstellen der Spritzen auf dem Gärtnereigrundstück, das Belegen der Beete mit Schläuchen, angeordnet hat, könnte aber nur dann für den Schaden ver antwortlich gemacht werden, wenn er seine Befugnisse über schritten oder wenn er bewusst oder fahrlässig unrichtige Massregeln getroffen hat. Waren aber seine Anordnungen zweckmässig, so kann er nicht, nach keinem Recht, in Anspruch genommen werden. Er hat dann nur seine Pflicht erfüllt und braucht für den. in Ausübung seines. Dienstes. verur sachten Schaden nicht aufzukommen. Der Fragesteller hat auch wohl diesen Ausnahmefall nicht im Auge gehabt, sondern seine Frage betrifft den Regelfall, wenn die Feuer- j wehr ihre Tätigkeit ordnungsmässig verrichtet hat, und die Benutzung des Gärtnereigrundstücks für das Löschen des Feuers erforderlich und zweckdienlich war. Zu prüfen wäre zunächst, ob das Gesetz eine Bestimmung enthält, wonach der durch die Löscharbeiten geschädigte Nachbar überhaupt eine Entschädigung zu beanspruchen hat. So selbstverständlich ist das durchaus nicht. Denn in der Regel kann Schadenersatz nur dann gefordert werden, wenn jemand den Körper, die Gesundheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines Andern widerrechtlich verletzt. Die durch die Feuerwehr zugefügten Beschädigungen sind aber nicht widerrechtlich. Zur Entscheidung der gestellten Frage wird der § 904 des Bürg. Ges. Bs. herangezogen werden müssen; er lautet: „Der Eigentümer einer Sache ist nicht berechtigt, die Ein wirkung eines Andern auf die Sache zu verbieten, wenn die Einwirkung zur Abwendung einer gegenwärtigen Gefahr not wendig, und der drohende Schaden gegenüber dem aus der Einwirkung dem Eigentümer entstehenden Schaden unver hältnismässig gross ist. Der Eigentümer kann Ersatz des ihm entstehenden Schadens verlangen.“ Die Voraussetzungen dieser Gesetzesvorschrift liegen vor. Die Feuerwehr hat auf das dem Brande benachbarte Gärtnerei grundstück eingewirkt; die Einwirkung war auch not wendig zur Abwendung einer gegenwärtigen Gefahr, und regelmässig wird auch der durch das Feuer drohende Schaden, den die Feuerwehr durch die Einwirkung auf das Gärtnerei grundstück abwenden will, unverhältnismässig grösser sein, als der Schaden, der dem Gärtnereibesitzer durch die Ein wirkung zugefügt wird. Der Gärtnereibesitzer ist also nicht berechtigt, der Feuerwehr den Zutritt zu seinem Grundstück und ihre Tätigkeit daselbst zu verbieten, und sie kann sich den Zutritt, wenn er ihn ihr verweigern will, erzwingen. Nun bestimmt der § 904, dass der Nachbar, der die Einwirkung auf sein Grundstück und den ihm dadurch zu gefügten Schaden dulden muss, wenigstens Ersatz seines Schadens verlangen kann; der § sagt aber nicht, von wem; und die Gelehrten sind, wie so oft, nicht einig darüber, wer ersatzpflichtig ist. Die einen sind der Ansicht, dass, wer den Schaden verursacht hat, ihn auch vergüten müsse. Die andern sprechen sich dahin aus, dass derjenige den Schaden ersetzen müsse, zu dessen Gunsten er angerichtet ist. Wer dieser letzteren Ansicht ist, der wird den Eigentümer des in Brand geratenen Gebäudes, und, je nach den Umständen, auch die Eigentümer der Nachbargrundstücke in Anspruch nehmen müssen, wenn durch die Tätigkeit der Feuerwehr die Ausdehnung des Feuers auf die benachbarten Grund stücke verhütet worden ist. Diese Ansicht ist, m. E. mit Recht, in einem Urteil des Landgerichts in Hamburg auch deswegen schon für unannehmbar erklärt worden, weil dem durch die Feuerwehr geschädigten Eigentümer eine Unter suchung der unter Umständen recht schwierigen Frage, wessen Interessen durch die Notstandshandlungen der in sein Eigentum eingreifenden Feuerwehr gefördert worden sind, nicht wohl zugemutet werden könne; wie es ihm auch meist völlig an der Möglichkeit fehlen werde, zu einer sicheren -Feststellung darüber zu gelangen. Und in der Tat sind die Löscharbeiten der Feuerwehr häufig weniger darauf gerichtet, das Feuer zu löschen, als zu verhindern, dass es weiter um sich greife. Das brennende Gebäude ist oft nicht mehr zu retten, und die Arbeiten der Feuerwehr haben dann allein oder doch hauptsächlich den Zweck, zu verhüten, dass die Nachbarhäuser durch die grosse Hitze oder durch die um herfliegenden Funken in Brand gesetzt werden. In solchen Fällen wäre es sehr schwer, wenn nicht unmöglich, alle diejenigen festzustellen, zu deren Vorteil und in deren Nutzen das Feuer gelöscht worden ist. Und da noch überdies jeder Schuldner nach § 420 B. G. Bs. in der Regel nicht zur Zahlung der ganzen Schuld, sondern nur zum gleichen Anteil wie die übrigen Mitglieder verpflichtet ist, würde jeder auf Ersatz des Schadens verklagte Eigentümer sofort einwenden, der Kläger hätte noch einen dritten oder vierten Eigentümer mit verklagen müssen, und es würden darüber die umständlichsten und schwierigsten Untersuchungen nötig werden. Vor allem aber, es gibt keinen allgemeinen Rechtssatz und keine positive Gesetzesvorschrift, die den durch die Handlung eines Andern Geschädigten an dritte Personen verwiese, die durch diese Handlungen vor Schaden bewahrt worden sind. Wenn z. B. ein Pferd durchgeht, auf der Strasse wild dahinstürmt; ein daherkommender Jäger schiesst es tot und rettet dadurch einen andern davor, vom Pferde niedergerannt zu werden, so würde sich der Eigentümer des Pferdes nicht an den halten können, der beinahe überrannt worden wäre, sondern an den Schützen. Die meisten Schriftsteller sind denn auch der Meinung, dass derjenige, der zum Schutze des Lebens oder des Vermögens eines andern einen Schaden angerichtet hat, diesen Schaden vergüten müsse. Denn nach privatrechtlichen Grundsätzen