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obergärtner Weiss für die so überaus glänzend gelungene Anordnung derselben. Er bedauert lebhaft, dass er wegen der grossen Entfernung seines Wohnsitzes seinen Arbeitsdrang leider nicht in dem Masse betätigen konnte, wie er es so gern im Interesse der Sache getan hätte. Bei der Ausstellungsbesprechung erörtert Herr Kotte seinen Standpunkt, dass er von Anfang an der Berliner Ausstellung nicht allzu optimistisch gegenüberstand; da es nur eins gab : gross oder garnicht, so musste hier eine würdige Ausstellung, die nur den weitgehendsten Ansprüchen genügen konnte, geschaffen werden, wobei allerdings das ganze, in den neun Jahren von jetzt zirka 110 Mitgliedern erworbene Vermögen aufs Spiel gesetzt werden musste, obwohl nicht das geringste Aequivalent den uneigennützigen Mitgliedern gegenüber stand. Da wir jedoch noch 10 Tage mit zwei Sonntagen vor uns haben, wollen wir hoffen, dass unsere Arbeit vom grossem Publikum in genügender Weise gewürdigt wird. Den Vorstand dürfe kein Vorwurf treffen, denn er hat bei der Kunstausstellungsleitung die denkbar günstigsten Bedingungen herausgepresst, die Presse genügend beeinflusst, für Reklame keine Kosten gescheut und das Eintrittsgeld so niedrig wie möglich herabgesetzt. Bei der ungünstigen Witterung sei es geradezu verblüffend, mit welch vorzüglichem Material an Blumen und Pflanzen die Aussteller angetreten sind, und kann man damit voll und ganz zufrieden sein, sodass unsere neunte Ausstellung die schönste und grösste der bisher veranstalteten genannt werden muss. Herrn K o h 1 m an n s 1 e h n e r s Bitte an das Solidaritäts gefühl der Mitglieder, den vom Vorstand gezeichneten Garantie fond von 1500 Mark zu unterstützen, findet keinen Beifall; die Versammlung beschliesst daher, dass ein eventuelles Defizit von der ganzen Gesellschaft gemeinschaftlich getragen wird. Ueber deutsche Neuheiten führte Herr Tölkhaus aus; dass der 1905er Jahrgang im allgemeinen nicht so gut ausgefallen sei, wie der von 1904, von denen der grösste Teil wie Alabaster, Aschenbrödel, Goldfasan, Schwan und die Serpentina Abkömmlinge allgemein im Handel bekannt seien, trotzdem einzelne gute Sorten wie Mephisto, und diverse Kreuzungen wegen Nachzucht zurück gestellt werden mussten. Herr A n s o r g e ist der Ansicht, dass die vorhandenen spitzen Formen von den Paeonienblütigen, jedoch niedrigen, höchstens 2—3 Fuss hohen Sorten verdrängt werden, da diese dem Sturm weniger ausgesetzt sind und so leichter allseitige Verwendung finden könnten, z. B. habe die Form der von Henn Kohlmannslehner eingeführten Havel eine grosse Zukunft. Betreffs der letzten Sorte äusserte Herr Kotte, dass diese in der Dämmerung, zwischen Nymphaeen geworfen, mit ihren zarten rosa Tönen von letzteren kaum zu unterscheiden sei. Herr Goos meinte ebenfalls, dass man bei Nachzüchtungen mehr Wert auf den kompakten Bau der Pflanze legen und nicht immer hur die Blume beachten sollte, so seien z. B. seine Edelschmuck dahlien und Brunhilde, Citronenvogel usw. willkommenes Material für den Landschaftsgärtner. Ferner wird gerügt, dass wirklich wertvolle Neuzüchtungen, wie die wundervolle Feronia des Herrn S e v e r i n - Kremmen, nicht zum Wertzeugnis angemeldet worden seien. Man solle doch die immense Bedeutung desselben nicht unterschätzen, da durch die Nichtbewerlung gerade in diesem Falle es sich wieder zeigte, dass oft das Allerbeste im Verborgenen blüht. Leider teilen auch die anderen vorzüglichen Neuheiten dieses beschei denen Züchters dasselbe Los. Der Antrag des Herrn Olbertz, die Bewertung nach straffem Blumenstiel, gutem Bau der Pflanze und möglichst heller Laubfarbe zu bemessen, soll, da sich unsere Wertzeugnis bestimmungen als sehr gute herausgestellt haben, dem jeweiligen Bewertungsausschuss zur Kenntnis unterbreitet werden. Der Antrag des Grafen v. Schwerin, neuen Mitgliedern, die nicht Fachleute sind, gute neue Sorten gegen Vergütung der Frachtunkosten von der Dahlienzentrale gratis zum Versuch zu zuwenden, soll eingehender Prüfung unterzogen und in nächster Sitzung nochmals auf die Tagesordnung gesetzt werden. Die Neuwahl des Vorstandes kommt nicht zu Stande; es soll deshalb in einer im Januar stattfindenden Generalversamm lung eine Statutenänderung beschlossen werden, dass der Sitz des neuen Vorstandes gleichzeitig als Vereinssitz anzusehen sei; der alte Vorstand bleibt solange im Amt und wird ermächtigt, bis dahin selbständig Handlungen zum Wohl der Gesellschaft vornehmen zu dürfen. Als Kassenrevisoren werden gewählt die Herren: Bind seil, Krüger, Severin und Wienholtz. Georg Draheim. Unserem Mitgliede, dem Baumschulenbesitzer Otto Eichler in Grünberg i. Schl, wurde der Kronenorden IV. Klasse verliehen. * sg g Rechtsfragen. Es sg Entschädigung für einen aus der Lehre entlaufenen Lehrling. Ich habe seit 3 Monaten einen Lehrling eingestellt. Es besteht ein vollständig rechtsverbindlich abgeschlossener Lehr vertrag. § 8 sagt: Sollte der Lehrling ohne meine Einwilligung oder ohne gesetzlichen Grund die Lehre verlassen, so sind an mich seitens dessen Vaters 100 Mk. zu zahlen. Vor zirka 6 Wochen war Morgens ohne jeden Grund der Lehrling verschwunden. Nach meinem polizeilichen Anträge wurde er mir von seinen Eltern wieder gebracht. Am 18. 8. verlangte er Urlaub, den ich ihm aber verweigerte. Am 20. 8. kam seine Mutter, als ich mit allen Leuten gemeinsam arbeitete, und bat, der Junge möchte mit in die Wohnung gehen und ihr die Wäsche geben. Ich schickte denselben mit, und soll dieser heute noch zur Arbeit wiederkehren. Einen Antrag auf Zwangs zurückführung habe ich bis heute noch nicht gestellt, auch habe ich mich noch nicht geäussert, dass ich den Jungen entlasse, seitens seiner Eltern auch noch nichts gehört. Auf den Jungen möchte ich verzichten, da ich mir nicht mehr viel Gutes von ihm verspreche. Meine Fragen gehen nun dahin : 1. Kann ich gegen die Frau, die den Jungen ohne jeden Grund mir von der Arbeit hinterlistig wegholte, Strafantrag stellen, und auf Grund welchen Vergehens? 2. Ist der Vater nach meinen Angaben verpflichtet zur Zahlung der ausgemachten 100 Mark ? 3. Kann ich das Bett, welches der Junge mitgebracht hat, | mit Beschlag belegen und die Herausgabe verweigern ? Auf Zahlung der 100 Mark habe ich nicht viel Aussicht, da nichts vorhanden ist. Der Junge will Krankheit (Blutarmut) vorschützen. 4. Wie fange ich es an, um den Leuten zu beweisen, dass ein solches Treiben nicht statthaft, sondern strafbar ist ? M. B. Antwort. Unser Rechtsanwalt schreibt: 1. Einen Strafantrag gegen die Mutter, die ihren Sohn ohne jeden Grund heimlich aus der Lehre holt, kann der Lehrherr nicht stellen. Die Handlung der Mutter ist nirgend mit Strafe bedroht. 2. Der Vater, der den Lehrkontrakt mit unterschrieben hat, ist mit dem Lehrling auf Zahlung der Vertragsstrafe von 100 Mark verhaftet; jeder von ihnen auf die ganze Summe. Besteht ein Gewerbegericht, so muss der Junge beim Gewerbegericht, der Vater beim Amtsgericht verklagt werden. Besteht ein Gewerbe- I gericht nicht, so können beide zugleich vor dem Amtsgericht verklagt werden. Die Klage muss aber innerhalb vier Wochen von dem Tage an, wo der Lehrling die Lehre verlassen hat, zugestellt sein, nicht blos dem Gericht eingereicht sein. Der Prinzipal muss sich also beeilen. 3. Die Herausgabe des Bettes kann der Prinzipal ver weigern, bis ihm die Vertragsstrafe gezahlt wird, vorausgesetzt, dass er die Klage rechtzeitig erhebt. Unterlässt er es, so erlischt sein Anspruch auf die Strafe, und er hat dann auch kein Rück behaltungsrecht mehr. 4. Da das Verhalten der Eltern nicht strafbar ist, so werden sie sich wohl nur dann vor Wiederholungen hüten, wenn ihnen klar gemacht wird, dass sie das Fortkommen ihres Jungen da durch beeinträchtigen, und wenn sie selber dafür büssen müssen, also durch Einforderung der Vertragsstrafe und Rückbebaltung des Bettes. Andere Mittel stehen dem Prinzipal nicht zu Gebote. -----= Gs Ks Sandels-llachrichten. Ks ß« Erweiterung des Postanweisungsverkehrs. Der Weltpostanweisungsdienst dürfte im nächsten Jahre eine weitere Ausdehnung erfahren. Das Postanweisungs-Ueberein- kommen hat, wie jetzt mitgeteilt wird, auf dem letzten Welt postkongress einen neuen Artikel erhalten, der bestimmt, dass auch solche Länder, in denen der Postanweisungsverkehr durch eine andere Verwaltung als die Postverwaltung wahrgenommen wird, am Vereins-Postanweisungsdienst teilnehmen können. In diesen Fällen übernimmt die Landespostverwaltung die Verant wortung dafür, dass das Uebereinkommen des Weltpostvereins ausgeführt wird. Sie vermittelt ferner den Verkehr der den Post anweisungsdienst ausführenden Verwaltung mit den Vereins- I Postverwaltungen und dem Internationalen Bureau des Weltpost- ; Vereins. An dieser Bestimmung dürften in erster Linie die französischen Kolonien teilnehmen, in deren Interesse ein solcher Antrag von Frankreich auf dem Kongress gestellt worden war. Neu ist ferner die Bestimmung, dass die Nachsendung von Post- I anweisungen, die bisher nur auf dem Postwege zulässig war