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Ilo. 38. Rixdor=Berlin, den 22. September 1906. XXI. Jahrgang. Eigentum des Verbandes der Eiandelsgärtner Deutschlands. Organ des Gartenbau-Verbandes für das Königreich Sachsen, herausgegeben unter Mitwirkung der hervorragendsten Fachmänner des In- und Huslandes. Das „5andelsblatt für den deutschen Gartenbau usw." erscheint am Sonnabend feder Woche. Hbonnementspreis für Richt-Uerbandsmitglieder in Deutschland und Oesterreich-Ungarn pro lahrgang 8 Hk. 50 Pf., für das übrige Husland 10 Hk., für Verbands-Mitglieder kostenlos. Verantwortlicher Redakteur: F. Johs. Bethmann in Rixdorf-Berlin, Generalsekretär des Verbandes der Handelsgärtner Deutschlands. Verlag: Verband der Bandelsgärtner Deutschlands, eingetragen auf Seite 179, Band IV, des Genossenschaftsregisters des Königl. Amtsgerichts zu Leipzig. Yorstpflanzen. Als wir vor einigen Wochen die Eingabe des Vorstandes || an den Reichskanzler wegen der Auslegung des Begriffs „Forstpflanzen“ hei der zollamtlichen Behandlung von ein geführten Baumschulenartikeln erwähnten, konnten wir gleichzeitig mitteilen, dass sowohl von anderen Behörden, wie von der Presse die Bestrebungen unseres Verbandes, hier wieder eine Abänderung zu schaffen, in nachhaltigster Weise eine erfreuliche Unterstützung gefunden hätten. So hat sich u. a. das Königl. Preuss. Landes-Oekonomie- Kollegium in dieser Angelegenheit an den Landwirtschafts minister gewandt, und wird der Wortlaut dieser Eingabe, für welche wir dem Landes-Oekonomie-Kollegium nur zu grösstem Danke verpflichtet sein können, in der letzten Nummer der Korrespondenz der Zentralstelle der Preussischen Landwirtschaftskammern veröffentlicht. Wir lassen ihn nachstehend folgen: Euer Exzellenz gestatte ich mir ehrerbietigst Folgendes zu unterbreiten : Der Herr Finanzminister hat in Uebereinstimmung mit dem Herrn Reichskanzler durch Verfügung vom 28. April bestimmt: (folgt die bekannte im Handelsblatt bereits früher abgedruckte Verfügung des Finanzministers). Der Inhalt dieser Verfügung entspricht m. E. nicht den Bestimmungen des Zolltarifs und des Warenverzeichnisses zu demselben, nach welchem vertragsmässig zollfrei ein geführt werden können : „Forstpflanzen (Setzlinge der in Deutschlandforstmässig angebaüten Waldbäume in der bei der forstmässigen Anpflanzung üblichen Grösse) lebend, mit Erdballen — ohne Erdballen.“ Nach den Begriffen und der Ausdrucksweise der Praxis ist weder ein Laubholz von 3 m, noch ein Nadelholz von 1 m Höhe ein „Setzling“, noch ist dies die übliche Grösse für „forstmässige“ Anpflanzung. Die Verfügung des Herrn Finanzministers ist dazu i geeignet, dass unter der Bezeichnung „Forstpflanzen“ aller- I hand veredelte Zierbäume gegen den Willen des Gesetz- gebers zollfrei eingeführt werden können (z. B. verschiedene Ahorn-, Akazien-, Birken-, Buchen- und Eichenarten), die lediglich für Parkpflanzungen verwandt werden, aber in un belaubtem Zustande seitens der Zollbeamten unmöglich zu erkennen sind. Nicht anders verhält es sich mit den Koniferen, deren Verwendung zu forstwirtschaftlichen Zwecken bei einer Höhe von 1 m ganz ausgeschlossen ist. Der heimischen Baumschulgärtnerei entsteht hierdurch, — wie bereits erwiesen ist — eine Konkurrenz, die gerade durch den neuen Zolltarif beseitigt oder wenigstens erschwert werden sollte. In der Begründung zu dem Zolltarifgesetz wird nämlich zu diesem Punkte gesagt: „Der deutsche Baumschulenbetrieb leidet unter den hohen, den Wert der Ware z. T. erreichenden Zöllen unserer Nachbarstaaten. Dadurch wird nicht nur der deutsche Absatz dorthin eingeschränkt, sondern es werfen infolge davon andere Länder mit entwickeltem Baumschulbetrieb (wie die Niederlande und Belgien), welche wegen ihrer grösseren Entfernung jene Zölle noch weniger überwinden können, ihren Ueberschuss in verstärktem Masse auf den offenstehenden deutschen Markt. Dieser Umstand ist um so bedenklicher, als in Ermangelung eines Zolls auch die minderwertigste Ware hereingebracht werden kann.“ Euer Exzellenz bitte ich ehrerbietigst im Interesse der deutschen Baumschulgärtnerei dahin wirken zu wollen, dass die oben angezogene Verfügung des Herrn Finanzministers dem Sinn und der Absicht von Nr. 38 des Zolltarifs gemäss entsprechend ab geändert wird. Der Vorsitzende. gez.: Graf von Schwerin-Löwitz.