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296 Handelsblatt den für deutschen Gartenbau usw. No. 33 geeignet, die übrigen auf andere Baumschulenartikel gelegten Zölle unwirksam zu machen, da der allergrösste Teil veredelter und nicht veredelter Zierpflanzen als Forstpflanzen frei ein geht. Bäume, die bis zu 3 Metern hoch sind, können unmöglich als Setzlinge ange sehen werden. Ahorn, Akazien, Birken, Erlen, Pappeln, Ulmen sind nur selten Waldbäume, sondern werden meistens in veredeltem Zustande lediglich als Zierpflanzen angepflanzt. Nach der von dem zuständigen preussischen Ministerium veröffentlichten Auslegung kommen diese Zierpflanzen zoll frei ins Inland und bereiten unseren ohnehin gegen den Wettbewerb des Auslandes ganz ungenügend geschützten Gärtnern eine empfindliche Konkurrenz. Wie diese Aus legung wirkt, das zeigen die monatlichen Ausweise . des Kaiserlichen Statistischen Amtes, wonach in den Monaten März bis Juni an Forstpflanzen über 5500 Doppelzentner zollfrei eingeführt worden sind, während die mit einem Zollsätze von 6 Mark belegten Zierbäume und Ziersträucher nur in einer Menge von rund 900 Doppelzentnern eingeführt worden sind. Es bedarf keiner besonderen Hervorhebung, dass durch diese irrige und der authentischen Auskunft in der Zoll tarifkommission widersprechende Auslegung des Begriffs „Forstpflanzen" die Gärtner aufs schwerste geschädigt werden und diese Schädigung als eine Unbilligkeit empfinden. Sie haben sich deswegen mit einer Eingabe an den Herrn Reichskanzler gewandt, in der sie eine Abänderung der Verordnung erbitten. Wir sind überzeugt, dass diesem Ersuchen entsprochen werden wird, weil es vollkommen berechtigt ist. Es muss aber der dringende Wunsch ausgesprochen werden, dass die erbetene Abänderung möglichst schon im Monat Oktober in Kraft treten möge, da dann die Pflanzeneinfuhr wieder beginnt. In dem Handelsblatte des Verbandes deutscher Handelsgärtner sind Abänderungsvor schläge gemacht, die berücksichtigt zu werden verdienen. In der Hauptsache gehen sie dahin, die Bestimmungen s.o zu fassen, dass nur Sämlinge der genannten Bäume ohne Erdballen bis höchstens 1 Meter Länge zollfrei eingehen dürfen. Ausserdem wird unseres Erachtens mit Recht verlangt, dass die Bäume etwas näher bezeichnet und besser klassifiziert werden. Der Herr Reichskanzler wird sich den Dank der Gärtner erwerben, wenn er dieser grundsätzlich ungemein wichtigen Ange legenheit seine persönliche Teilnahme schenkt; im Reichs schatzamt scheint den Forderungen der Gärtner gegenüber eine sehr frostige Stimmung zu heri sehen. Durch diese dankenswerte Veröffentlichung in der „D. T. Ztg.“ wird die Angelegenheit unzweifelhaft allen den jenigen Kreisen bekannt, für die sie bestimmt ist, und wenn unser Vorgehen wider Erwarten jetzt noch keinen Erfolg haben sollte, bleibt uns immer noch der Reichstag, dessen Mehrheit bei einer derart seltsamen und gewaltsamen Aus legung des Zolltarifs schon aus Prinzip nicht teilnahmlos bleiben kann. Dass wir im Reichsschatzamt für unsere Wünsche nur eine frostige Stimmung gefunden haben, haben wir bereits mehrfach betont; wenn es noch eines Beweises hier für bedürfte, mag ihn die uns leider erst in diesen Tagen bekannt gewordene beweisbare Tatsache erbringen, dass die obige Verordnung des preussischen Finanzministers die direkte Folge eines Besuches des niederländischen Gesandten im Reichsschatz amte gewesen ist! , Wie beugen wir künftigen Streiks vor? Von E. Dageförde in Berlin. Wenn man auch der festen Ueberzeugung sein kann, dass es im nächsten Frühjahr nicht zu ernsthaften Streiks, wenigstens nicht hier am Orte, kommen wird, so ist es doch zeitgemäss, dies Thema eingehend zu erörtern, es ist nie zu früh, Vorbeugungsmassregeln zu ergreifen. Auf die Gefahr hin, dass meine „lieben Freunde“ vom „All- gemeinen“ wieder mal meine schwarze Arbeitgeberseele ent decken oder mich den „Oberscharfmacher“ nennen oder mich nochmals denunzieren, wie sie es kürzlich in solch famoser Weise, allerdings zur eigenen grössten Blamage, fertig brachten (näheres darüber demnächst an anderer Stelle), will ich es unternehmen, die mir zweckmässig erscheinenden Massregeln, die geeignet sind, künftighin Streiks zu ver hindern, zu erörtern. Da ich im verflossenen Frühjahr schon in der Sache praktisch gearbeitet habe, bin ich ja auch einigermassen unterrichtet. Von unserer Schriftleitung wurden in voriger Nummer einige Auslassungen der Allgem. Deutsch. Gärtner-Ztg., 'soweit sie auf den Streik Bezug hatten, einer kritischen Be leuchtung unterworfen, aus ihnen erfährt man, dass die Führer nicht nur im Reden übernatürliches zu leisten ver mögen, sondern, dass sie auch verstehen, in ihrem Organ den Mitgliedern Wind vor zu machen. Es liessen sich noch verschiedene andere klassische Beispiele dieses M-und- Heldentums in Schrift und Rede anfülren, ich will mich jedoch darauf beschränken, tatsächliche Vorkommnisse und unsere angewandten Gegenmassregeln anzuführen; da sich dieselben gut bewährten, können sie sehr wohl bei künftigen Lohnbewegungen vorbildlich dienen. Der Streik in Berlin und Umgebung war ja eigentlich kein solcher, sondern nur eine traurige Komödie, und doch bot er viel lehrreiches. Die ganze Taktik des „Allge meinen“ war eine solche klägliche, dass es zu ver- wunder nist, wieverständigeLeutesolc h en Führern nachfolgen können. Schon der Anfang war vollständig verfehlt, anstatt in Betrieben mit vieler und unregelmässiger Arbeitszeit und kärglichem Lohn, leider sind auch solche, wenn auch in geringer Zahl, noch zu finden, mit der Bewegung einzusetzen, begannen die Stänkereien bei Ernst und Platz- Charlottenburg und bei G ü n t h e r - Friedrichsfelde ! Kennern hiesiger Verhältnisse brauche ich nicht erst klar zu machen, dass sich durch solches Vorgehen die „All gemeinen“ jede Sympathie verscherzten. Es lag ihnen nur daran, diese „geregelten“ Betriebe ganz in ihre Hände zu bekommen, ihnen nicht ■ genehme Verbändler hinauszu drängeln, und dann, auf ihren Erfolg pochend, andere ein schüchtern zu können. Hat man doch jeden kleinen „Er folg“ — bei Licht besehen, waren es gar keine — in dieser Weise auszubeuten gesucht. Die Sache kam jedoch anders, besonders Platz und Günther drehten hier den Spiess um, die Allgemeinen flogen sämtlich hinaus, der nationale Verband besetzte die Stellen vollzählig und zwar zur vollen Zufriedenheit, und, was die Hauptsache war, den anderen Arbeitgebern wurde das Rückgrat gestärkt. Denn trotz des festen Zusammen stehens der Gruppe Berlin hätten ängstliche Gemüter sich unbedingt mit dem „Allgemeinen“ eingelassen, wenn die vorgenannten Betriebe nicht so fest geblieben wären, oder wenn der nationale Verein, mit dem uns ein Tarifvertrag verband, versagt hätte, aber der Stellennachweis desselben funktionierte, wenn auch manchmal etwas zögernd, so doch immerhin zufriedenstellend. Hiermit habe ich schon zwei Bollwerke gegen den Streik genannt: Festigkeit der Arbeitgeber und die Mög lichkeit, Arbeitskräfte in genügender Zahl heranziehen zu können. Diese alle von ausserhalb zu bekommen, wäre ja freilich unmöglich gewesen, aber es gab eine grosse Menge Gehilfen, die zwar kündigten, dann aber im letzten Augen blick blieben oder in anderen Betrieben sofort wieder Stellung annahmen, freilich ohne das Buch des „Allgemeinen“. Durch ein in den letzten Stunden von der Tarifkommission, der die Gegenstreikarbeit aufgetragen worden war, versandtes Flugblatt wurde vielen die Augen geöffnet, sie verzichteten