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271 Handelsblatt für den deutschen Gaitenbau usw. No. 30 bringt schon kräftigere Pflanzen. Ein kräftiger Dung von I aufgelöstem Kuhdung fördert sehr das Wachstum. Im || Herbst, wenn der erste Nachtfrost die Blätter fallen liess, ; bringt man die Töpfe in einen frostfreien kühlen Raum zum || Durchwintern. Mit der ersten Vegetation im Frühjahr pflanzt man die Reben auf gut gedüngtem Boden in Reihen bis 75 cm Entfernung, 60 cm in den Reihen entfernt. Sind mehr als 3 gute Augen zum Austreiben sichtbar, schneidet man die oberen weg. Im Sommer bindet man die Ranken an Stäbe von 130—150 cm Länge, den über die Stäbe hinaus- | wachsenden Trieb kann man entspitzen, auch hier ist ein Dungguss von guter Wirkung. Die so in Kultur stehenden Pflanzen werden im Herbst eine gute Verkaufsware geben, und ist man sicher, dass ein Verkauf stattfindet, nimmt man sie im Herbst heraus, und nachdem sie entblättert sind, bringt man sie in frostfreien Einschlag, andernfalls bindet man die Rebstöcke der Reihe nach vorsichtig sanft herunter und behäufelt sie wie Rosen wildlinge. Ich komme nun zur Verwendung als Nutzpflan zung an Mauern und Planken. Vorerst sorge man für Befestigung eines Spaliers. An einer massiven, nicht mit Gement verputzten Mauer, wo Fugen sichtbar sind, ist das Spalier am leichtesten herzustellen. Es ist bekannt, dass die Wärme des heissesten Sommers kein Verbrennen fest an der Mauer nach sich zieht, ein Reifen der Frucht und des Holzes aber sehr fördert. Ich bin zu der Ueberzeugung gelangt, dass ein Eisendraht - Spalier- bessere Dienste leistet als Holz. Die Bestandteile des zur Herstellung nötigen Materials sind also ca. 11/2—2 mm starker Eisen draht und Drahtstifte ca. 10 cm lang (kürzere nur in nur sehr festen Fugen). Der Draht und die Nägel werden vor Beginn der Arbeit in kleinere Abteilungen gebündelt, damit ein Verschlingen des Drahts ausgeschlossen ist. Zum regelrechten Arbeiten sind eine kleine und eine grössere Leiter erforderlich, eine Arbeits tasche aus gutem Leder mit 2 Schlaufen, ein lederner Gurt mit Schnalle zum Nachziehen, im Gurt vorne 4—5 aus Leder gekröpfte Oesen zum Festhalten von Hammer, Zange und Mauerbohrer sind ausserdem erforderlich; ein Massstab, 17 cm lang, bildet mit den Nägeln den Inhalt für die Tasche. Weiden in kleinen Bündchen schiebt man mit unter den Gurt, wenn sie wirklich zum anbinden gebraucht werden. Dort, wo eine Rebe stehen soll, macht man oben ein Zeichen in der Fuge, nimmt sich ein Senklot mit gezwirntem Faden, durchschlägt mit dem Mauerbohrer den Fugen putz, schlägt einen Nagel ein und hängt das Senklot bis an die Erde herunter; sind nun der Mauerhöhe gemäss mehrere Abteilungen z. B. oben, unten und in der Mitte nötig, so zeichnet man diese gleich das erste Mal am Senk lot an; sind dann ein ganz Teil Löchervorgearbeitet, treibt man die Nägel ca. 2 cm tief ein. Hierauf nehme man den Eisendraht zur Hand, gebe dem einen Ende eine gute Oese durch umbiegen, treibe den ersten grossen Nagel oben durch die Oese in die Mauer, und den zweiten, sowie alle anderen so, dass sie stets Neigung zu dem zuletzt eingetriebenen haben. Schwieriger ist die Befestigung an geputzten Mauern, wo keine Fugen zu sehen sind, dort bringt man eine langgestreckte Schnur oberhalb der zu bespannenden Mauer an und sucht durch Einfresung im Putze die horizontal laufende Fuge, befestige die Schnur durch einen eingetriebenen Nagel und dies auf dem äussersten Ende der Mauer auf dieselbe Weise in der Mitte und unten. Diese Arbeit muss ganz genau gemacht werden, so dass man nicht befürchten muss, schräg über einem anderen Schichtsteine zu arbeiten, sonst ist das Bespannen dasselbe. An Holz planken ist die Arbeit viel leichter, doch müssen diese ganz dicht sein, sodass keine Zugluft auf die Pflanzen wirkt. Zur Lage der zu bepflanzenden Wände ist folgendes zu sagen: Der Süden hat bei Wein stets den Vorzug namentlich bei spätreifenden Sorten, Südwest- und Südost Lage mit Winkelwand sind auch noch für frühe Sorten gut- Die Auswahl der Sorten, die sich hier in unserem Klima gut bewährt haben, ist der Reifezeit nach folgende: Früher Mallinger bernsteingelb Früher Leipziger, grün Diamant „ Pariser Gutedel ,, Burgunder, blauer Gutedel, spanischer, blauer. Die Pflanzung mit starken Reben kann stets nur einen Vorzug haben, man begnügt sich aber auch mit jungen, die sich an der warmen Wand besser und rascher entwickeln, als im Freien. Wenn man sich zur Pflanzung den Stand ort gemerkt, gräbt man ins Geviert ein Loch, 100 cm lang und breit und 60 cm tief, bringt darin zu 3/ einen alten Dung, der mit Kalkschutt durchsetzt sein kann, bringt 1/4 Teil gute nahrhafte Gartenerde auf und tritt das Ganze leicht an, gräbt an der Wand wieder soviel Erde aus, wie dies dem Wurzelwerk der zu pflanzenden Rebe entspricht, ordnet die Wurzel nach dem Einsetzen und wirft lockere Erde zwischen die Wurzeln. Darauf ein einmaliges An giessen ohne festzutreten und die Pflanzung ist fertig. Eine kleine Erhöhung um die Rebe ist besser als eine Ver tiefung, denn das Ganze wird sich senken. Hierauf gibt man in der Herbstpflanzung um die Rebe eine Decke von kurzem frischen Pferdedung, hafte die jungen Triebe am Spalier an und schneide auf zwei gesunde Augen zurück. Ein Weinstock kann 60 Quadratmeter Fläche einnehmen- Das Beschneiden des Weinstocks nehme man womöglich schon gleich nach dem Blattfall vor. An älteren Stöcken, die durchweg starkes Holz bis Bleifederstärke und dicker haben, kann man Blüten erwarten, und diese schneidet man je nach den Sorten von 3—7 Augen, die schwachen auf 1 Auge zurück, sind junge Reben zu beschneiden, so richte man die stärksten Triebe zu Leittrieben nach unten an der Mauer her, bilde auch davon an hohen Mauern Etagen, wie bei Kernobst nach französischer Art. Nach dem Schnitt ordne man womöglich die jungen Ruten gleichmässig ver teilt. War schon recht viel altes Holz am Stock, so entferne man solches, dadurch belebt sich der Rebstock mit jungem, kräftigen Holze. Den Sommerschnitt nehme man gleich nach der Blüte vor. Bei 2 Blättern aber oberhalb der Blüte entspitze man den Trieb, starke, durchgehende Triebe ohne Blüten hefte man an möglichst freier Stelle möglichst mit Bast faden an ; alle Triebe sind nahe an die Wand zu bringen und keine Blätter bei den Trauben zu entfernen, sondern diese sind möglichst durch die Blätter verdeckt zu halten. Im Sommer schneide man namentlich bei jungen Reben den Gaiz auf zwei Augen zurück, und binde alles recht hübsch vor, nicht hinter den Spalieren an. Ist ein Weinstock sehr | alt, etwa 50—60 Jahre, dann ist an ein Verjüngen zu | denken, man entfernt die ganzen Ranken von der Wand, | schneidet oder sägt sie oder den Stock auf ca. 50 cm über dem Boden ab, säubert den Stumpf von allen losen Rinden- teilen, glätte den Schnitt und warte die kommenden Triebe ab, diese werden dann in ungemein reicher und kräftiger i Anzahl erscheinen, man schneide von diesen die nach vorn und der Wand zu erscheinenden Triebe glatt vom alten Stumpf weg und ordne fächerförmig an jedem Eisendraht eine Ruthe. Bei Blattpilz oder Oid:ium Tuckeri und dort, wo vor- aussichtlich die ganze Wand verseucht ist, gebe man einen Anstrich von Kalkmilch, noch besser mit Borderlaiser Brühe. Zu 100 Teilen gelöschten Mauerkalk gebe man 100 Teile Wasser und 1 Teil Kupfervitriolspeckstein (Blaustein der Färber) für sich mit Wasser aufgelöst. Mit dieser Brühe giebt man auch gleich nach der Blüte mit der märkischen Obst baumspritze eine Desinfizierung. Bei Raupenfrass an Johannis beeren und Stachelbeeren hat sich dieses Bespritzen auch