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Handelsblatt für den deutschen Gantenbau usw. No. 20 186 gegenüber den Hauptaufgaben und dem Hauptzwecke des Verbandes niemals ins Gewicht fallen. In einigen Wochen ist die arbeitsreiche Zeit des Jahres vorüber, und man wird dann in den Kreisen der Mitglieder hoffentlich wieder mehr Zeit gewinnen, auch des Verbandes und seiner vielfachen Aufgaben zu gedenken. Dann möge auch das heutige Thema Veranlassung zu recht zahlreicher Erörterung und — reger Arbeit geben! * Zum deutsch-schwedischen Handelsvertrag. Vor einigen Tagen wurden über den zwischen den Unterhändlern beider Länder abgeschlossenen deutsch schwedischen Handelsvertrag offiziöse Mitteilungen bekannt, die auch in gärtnerischen Kreisen Interesse und Befriedigung erwecken dürften. In dieser Nachricht hiess es u. a. : „Von deutscher Seite wird Schweden der Mitgenuss der in den deutschen Handelsverträgen mit anderen Ländern gemachten tarifarischen Zugeständnisse eingeräumt. Ferner gibt Deutsch land noch einige besondere Konzessionen, indem zum Beispiel für Preisseibeeren die Zollfreiheit wiederhergestellt wird.“ Letzteres Zugeständnis ist ein. für Schweden recht wertvolles, da der Zollsatz des deutschen Tarifs hier 5 M. für den Doppelzentner beträgt und Schweden in den letzten 3 Jahren in wechselnden jährlichen Mengen insgesamt ca. 225000 dz. Beeren, wohl allermeist Preisseibeeren, nach Deutschland ausgeführt hat. Schweden hat äusser der Meistbegünstigung eine grössere Anzahl wertvoller Zollherabsetzungen gewährt, bei denen uns namentlich die u. A. genannte Position „Lebende Gewächse usw.“ interessiert. Wir hoffen, dass in dieser Zusammenfassung auch frische Blumen und Bindegrün enthalten sind. Die deutsche Ausfuhr nach Schweden, sowohl in Pflanzen als in Blumen, hat sich infolge der so hohen Zollsätze garnicht ent wickeln können und bescnränkt sich bei ersteren auf ca. 4000 dz, bei Blumen auf einige hundert dz. Es würde auf die deutsche Ausfuhr unbedingt belebend einwirken, wenn hier die hohen Sätze von 10 Oere bezw. 5 Kronen für das Kilo erheblich herabgesetzt werden, nähere Angaben über den Umfang der Herabsetzung sind noch nicht zu erfahren. Sodann verpflichtet sich Schweden noch, durch Ein richtung einer Zollauskunftsstelle der bisherigen vielfachen Unsicherheit in der Zollabfertigung abzuhelfen. Die Dauer des Vertrages soll 5 Jahre betragen. Weitere Einzelheiten werden nicht mehr lange auf sich warten lassen und ist wohl kaum ein Zweifel, dass das Ab kommen die Bestätigung seitens der beiderseitigen gesetz gebenden Körperschaften finden wird, wenn nach den neuesten Nachrichten sich auch in Schweden bereits eine Opposition gegen die Zugeständnisse auf industriellem Gebiete geltend macht. Wir freuen uns, dass die deutsche Reichsregierung dem ihr gegenüber von unserem Verbände wiederholt ausge sprochenen Wunsche, sie möge, wenn für die deutsche Gärtnerei ein besserer Schutz gegenüber den begünstigten Einfuhrländern denn nicht zu erzielen war, dann wenigstens dafür Sorge tragen, dass der deutschen gärtnerischen Aus fuhr so wenig wie möglich Schranken in den Weg gelegt würden, wie z. B. bei den Verhandlungen mit Russland, so auch jetzt bei den Verhandlungen mit Schweden Folge ge geben hat. * Eine wortbrüchige Provinzial-Verwaltung. In der letzten Nummer des Handelsblattes befand sich ein Bericht der Gruppe Hannover unseres Verbandes, welcher einen schätzenswerten Beitrag zur staatlichen Konkurrenz I enthielt. Die Landesbaumschule der Hannoverschen Provinzial- | Verwaltung zu Lohne offerierte unter Benutzung des amt- l| liehen Teils der Kreisblätter und unter dem Patronat des Landesdirektoriums und der Landräte 4500 Apfelbäume, | 2000 Birnbäume und 1400 Hauszwetschen zu dem „ausnahms- | weise“ billigen Preis von 1.— M. pro Stück incl. Ver packung. Aus dem Gruppenbericht geht weiter hervor, dass die Gruppe Hannover Abwehrmassregeln gegen diese Kon kurrenz zu ergreifen beabsichtigt. An und für sich bietet dieses Beispiel ja durchaus nichts neues, eine derartige Konkurrenz sind wir schon in so vielen Fällen gewohnt ge- | worden, und, wenn auch auf Vorstellungen hin manche der artige Auswüchse wieder beseitigt worden sind, so besteht diese Konkurrenz doch noch häufig und an viele Orten un gehindert weiter, ohne dass die betreffenden Betriebe behörd licherseits, wenn es sich um Abgaben, Verpflichtungen usw. handelt, mit demselben Massstabe gemessen werden, wie der „gewöhnliche“ Baumschulen- bezw. Gärtnereibesitzer. In dem oben erwähnten Falle liegt jedoch eine der artige Verletzung direkter, in vollster Oeffentlichkeit fest gegebener Versprechen vor, dass wir uns doch nicht ver sagen können, etwas eingehender auf diese Angelegenheit | zurückzukommen, zumal wir die Entwickelung dieser Sache bis zu den heute bestehenden Tatsachen vorausgesehen, und uns das Material für diesen Fall sorgsam aufgehoben haben. Zu Anfang des Jahres 1895 wurde dem Hannoverschen Provinziallandtag eine Vorlage unterbreitet, die darauf hinausging, das ungefähr 5 km von Hannover entfernte Rittergut Lohne für die Provinz zum Preise von 100 000 M. anzukaufen, um auf demselben eine Obstbaumschule und eine Pflanzschule zur Heranzucht von Material für Strassen pflanzungen usw. zu errichten. Sofort nach dem Bekannt- | werden dieses Projektes nahm damals unsere Verbandsgruppe Hannover zu demselben Stellung, und in der Sitzung vom | 15. Januar 1895 wurde gegen eine Stimme beschlossen, bei || dem Provinzial-Landtag dahin vorstellig zu werden, derselbe || möge seine Zustimmung zu dem geplanten Ankauf ver- |j weigern. Als Hauptgründe wurden angeführt, dass ein Be ll dürfnis für die Schaffung einer solchen Obstbaumschule usw. p nicht vorliege, dass die Erträge zu den hohen Erwerbungs- i kosten nicht im Einklang stehen würden, und dass die Privat baumschulen der Provinz wie bisher vollständig in der Lage | seien, den Bedarf der Provinzial - Verwaltung decken zu können. Der Befürchtung, dass die Obstbaumschule zu | einem durch Mittel der Provinz unterstützten Konkurrenz betriebe werden könnte, wurde ebenfalls Ausdruck gegeben, j Die Eingabe an den Provinzial-Landtag wurde diesem durch || den Vorstand des Verbandes im Namen der Verbandsgruppe Hannover übersandt. Am 7. Februar 1895 fand dann im Provinziallandtag die Verhandlung über den Antrag wegen des Ankaufs des Ritterguts Lohne statt. Au der Sitzung nahm auch der damals vor einigen Monaten zum preussischen Landwirt schaftsminister beförderte frühere Landesdirektor der Provinz Hannover, Freiherr von Hammerstein-Loxten teil, welcher sein Amt als Mitglied des Provinziallandtages weiter ausüben durfte. Die Eingabe der Gruppe Hannover hatte sich in Folge aufklärender Arbeit manche Freunde | gewonnen, und war die Gegnerschaft gegen den Ankauf des Gutes keine so kleine. Der Berichterstatter, Landesforstrat Q u a e t - f a s 1 e m begründete sodann den Antrag an der Hand einer ausgearbeiteten Denkschrift, hob die Vorzüge des Ankaufs hervor und stützte sich besonders auf ein be fürwortendes Gutachten des Oekonomierats Goethe in Geisenheim. Die Eingabe der Handelsgärtner ginge, wie er erklärte, von vollständig falschen Voraussetzungen aus, eine Konkurrenz sei durchaus nicht beabsichtigt, und bean trage er daher, über die Eingabe zur Tagesordnung über zugehen. Sodann ergriff der Landwirtschaftsminister das Wort, l um ebenfalls den Ankauf warm zu empfehlen. Er gab die