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Bei aufmerksamem Durchlesen des Berichtes des Gartenbau-Vereins und der darin specieli aufgeführten Lehr- disciplinen muss es wohl mit einigem Bedenken erfüllen, das Baufach in einer so ausgedehnten Weise, wie in dem- _ selben verlangt, mit in das Lehrpensum für den Garten- künstler hineinzuziehen, mehr aber noch, dass die beiden Disciplinen Gartenkunst und Baukunst in zwei Semestern gelehrt werden sollen. Scheint es schon bedenklich, die Lehre von der Gartenkunst nur in einem Jahre zum Vor trage zu bringen, da die Hörer sich in dieser Zeit dieses Pensum unmöglich so zu eigen gemacht haben können, dass sie es bei ihrem Austritt aus der Hochschule mit Leichtigkeit auch zu beherrschen vermögen, so muss es doch gewiss mit einigem Bangen erfüllen, auch noch da neben die Baukunst in einem so weiten Maasse zu lehren, ja selbst so weit darauf einzugehen, dass der junge Gärtner damit in den Stand gesetzt werden soll, Landbauten zu leiten. Ich muss mich leider davon überzeugt halten, dass entgegen der in dem Bericht ausgesprochenen Ueberzeugung, nämlich: ohne dass „zugleich zu besorgen wäre, dass sie sich von der Gärtnerei ab- und dem Baufache gänzlich zu wenden werden;" . . . hieraus sieh nothwendig entweder a) eine Halbbildung des Gärtner’s folgern, oder b) derselbe sich ganz dem Baufache zuwenden wird und dann, da er auch vordem einmal in die Gärtnerei hineingeschaut hatte, mehr noch, als es jetzt der Fall ist, sich berufen fühlen wird, über Fragen der Gartenkunst zu urtheilen, und damit die jetzige Unklarheit und verworrene Auffassung über den Gegenstand nur noch mehr fördern und verwirren zu helfen. Bei dem Umfange aber, welchen selbst schon das Studium der Baukunst verlangt, ist es nicht gut möglich, in so kurzer Zeit Gartenkünstler und Baukünstler zugleich auszubilden, gewiss aber nicht so weit, dass sie in der Lage sein werden, wie es in dem Be richte heisst: . . . „sich. wie Privatbaumeister, zeitweise mehr mit Bauten als mit Gartenkunst zu beschäf tigen“ . . . Und, warum wollen wir denn andere Fächer mehr, als zum Verständniss nothwendig ist. mit in die Garten kunst hineinziehen!? Es bietet die gesammte Gärtnerei ein so asgedehntes Feld für das Studium, dass dem jungen Manne zu ande rem als dem, wozu sein Beruf ihn bestimmt, nicht gut viel Zeit übrig bleibt, will er in seinem Fache etwas Tüch tiges leistem Selbstverständlich ist dem Gärtner, der sich zum Gartenkünstler ausbilden will, das für seinen Beruf Notwendige von der Baukunst vorzutragen und zum vollen Verständniss zu bringen. Dagegen muss es denen, 'welche besondere Lust und Neigung dafür haben, selbst überlassen bleiben, noch weiter auf diesen Gegenstand einzugehen, das eigentliche Pensum darf sich damit nicht befassen. Da gegen sollte die Hochschule neben Gartenkünstlern auch botanische Gärtner und Pomologen ausbilden, was wohl ge rechtfertigt erscheint, wenn auch eine solche Ausbildung für die Pomologie, weil die Sortenkenntniss des Obstes nichts wissenschaftliches sei, nicht zugestanden wird. Aber es ist die Sortenkenntniss und auch das Dörren des Obstes ja nicht das Einzige, was das Wissen der Po- mologie ausmacht. soll sie doch auch alle Fragen voll kommen beherrschen, welche zu derselben gehören und deren sind doch so manche. Ich greife z. B. nur die In stitution der Kreis- und Wandergärtner da heraus. Nicht allein, dass diese Männer verstehen, einen Obstbaum zu pflanzen und zu beschneiden, sollen sie dabei belehrend auftreten, müssen also ein genügendes Maass wissenschaft licher Kenntnisse besitzen; je grösser dieselben aber sind, um so mehr werden sie auch im Stande sein, nützlich zu wirken und das Beste leisten zu können. Aber auch in anderer Beziehung wird die so ein gerichtete Hochschule von unendlichem Werthe für den an gehenden Gärtner sein. — Jetzt besucht der junge Mann, welcher sich dem gärtnerischen Berufe gewidmet hat und die Kenntnisse für Sekunda besitzt, irgend eines der be- stehenden Institute, um auf demselben für seinen weiteren Beruf sich fortzubilden. Ob er hier nun immer voll befriedigt werden wird, ist eine Frage, die ich kaum be jahend beantworten möchte: es liegt dies darin: Der junge Mann, wenn er auf ein solches Institut geht, ist sich selten klar, was ter dort lernen wird, er hat das Feld des Gärt- ners zu seinem Berufe erwählt und glaubt nun, dass ihm auf einer solchen Anstalt alles das geboten wird, was zu seiner grösseren Ausbildung und Vervollkommnung noth wendig ist und dass er unbedingt zu alledem Lust. Ver ständniss und auch die grösste Neigung hat. Nur zu bald wird er gewahr, dass die Sache sich doch anders macht. Er findet nur zu bald, dass er mehr Verständiss für Gartenkunst besitzt, oder mehr Neigung zur Pomologie hat, oder sich lieber der botanischen Gärtnerei hingeben möchte. Er muss aber den Unterricht, wie ihn die An stalt bietet und vorschreibt, mitmachen und erhält zum Schluss ein ungenügendes Zeugniss. Jetzt allerdings wird er suchen, da Beschäftigung zu erhalten, wofür er die rechte Neigung besitzt und sind dann die Jahre, welche er auf dem Institut zugebracht, für ihn so gut wie ver loren. Dies wird aber bei einer Hochschule für Gartenbau, welche also Gartenkünstler, Botanische Gärtner und Pomologen ausbildet, nicht möglich sein. Es wird dem jungen Mann auf einer solchen eben die Gelegenheit geboten, sich in dem einen oder andern Fache seiner Neigung und Befähigung entsprechend ausbilden zu können, ohne irgend welchen Zeitverlust, auch soll er da rüber ein Examen ablegen; er wird also hier aus dem Besuche den wahren Nutzen ziehen können. Daraus er- giebt sich dann aber auch die Nothwendigkeit. dass eine Hochschule, will sie wirklich fördernd für den Gartenbau wirken, nicht einseitig lehren darf. Hierbei ist das Maass der Vorbildung zum Besuche einer Hochschule aber nicht gleichgiltig. Je grösser die allgemeinen Vorkenntnisse sind, um so grösseren Vortheil wird der junge Mann aus dem allen ziehen, was auf dem Lehrinstitut vorgetragen und ge zeigt wird. So ist es denn nicht gleichgiltig, ob ich die Schide als Sekundaner oder Primaner mit dem Zeugniss der Reife verlasse. Aus diesem Grunde und mit Bezug auf den Lehrstoff der Hochschule ist das Reifezeugniss eines Realgymnasiums erforderlich. Das Zeugniss der Reife eines- Gymnasiums ist weniger werthvoll, weil hier die Naturwissenschaften, Mathematik, das Zeichnen sowie die neueren Sprachen nicht in der ausgiebigen Weise gelehrt werden, wie auf den Realgymnasien und dies doch gerade Fächer sind, welche für den angehenden Gärtner von ganz besonderem Werthe sind. Ist nun der junge Mann im Besitz des Reifezeug nisses, so ist es für seinen praktischen Beruf nothwendig und eine Forderung zum demnächstigen Eintritt in die Hochschule, praktisch in einer solchen Gärtnerei während eines Jahres sich zu beschäftigen, welche ihm ein möglichst vielseitiges Bild zeigt, oder in einer grösseren Baumschule, auch botanischen Garten, namentlich wenn er sich von vornherein für diesen Zweck bestimmt hat. Es wird dann weiter nothwendig sein, .dass die für diesen Zwesk am geeignetsten scheinenden Garteninstitute, Handelsetablissements etc. von der Hochschule in einem besonderen Aushange oder Verzeichnisse geführt werden