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-> 200 -4- schritte. Ueberall verspricht der Rebstock eine vortreffliche Ernte; er ist mit Trauben schwer beladen. Der Herault, der im Vorjahre 31/2 Millionen hl, 80 000 hl mehr als in den letzten Jahren lieferte, wird im Jahre 1888 über 5 Millionen hl ergeben. Die Gironde wird sich der Ziffer von 2 Millionen hl nähern. —— In der Gegend von Cadillac in Libournais, Blayais und Medoc ist der Anblick sehr schön. Im Medoc bedient man sich des Schwefels und des Sulfur-Karbonats gegen die Phylloxera mit Erfolg. Der Mildew (Meltau) wird siegreich mit dem Bordeauxbrei be kämpft. Der General-Inspector des Ackerbaues. Frillieux, konstatirte überdies vor einiger Zeit, dass der Bordeauxbrei in einem Verhältniss von über 80 pCt. den Blackrot ver treibt, der den Weinbauern ernstliche Befürchtungen ein- flösste. Es erscheint dringlich, der Pflanzstättengründung einen grösseren Theil der im Kapitel der Phylloxera ein geschriebenen Kredite zuzuweisen. Das Problem ist für. den Weinbau gelöst und es erübrigt nur noch die wirth- schaftliche Frage. Eine genaue Beobachtung der für die Prüfung fremder Weine an der Grenze vorgeschriebenen Massregeln, sowie eine besondere Vorschrift für die nicht aus frischen Trauben bereiteten Weine wäre angezeigt. Gerichtliche Entscheidung, den Versandt nach Russland betreffend. Ein charakteristisches Streiflicht auf den Handel mit Russland und die diesbezüglich anzuwendende Vorsicht wirft nachstehender Fall, welchen wir im Interesse aller nach Russland exportirenden Firmen hiermit zur Kenntniss bringen. Am 16. .Juli 1887 hat die Firma E. C. P. in A. dem Spediteur A. V. in L. ein Colli Waare, worauf eine Nach nahme von 73 Mk. 30 Pf. lastete, zur Weiterbeförderung an eine Firma in St. Petersburg übergeben. —■ Betreffen des Colli ist der hanseatischen Dampfschifffahrts - Gesell schaft in Lübeck von genannter Speditionsfirma zum Trans port nach St. Petersburg überliefert und von ersterer der darauf lastende Nachnahmebetrag, ohne etwaigen Vorbehalt, an den Spediteur am 8. November 1887 (also nach Ver lauf von über 31/2 Monaten) ausbezahlt und dem ursprüng lichen Absender zugestellt worden. Am 24. April 1888 (also nach Verlauf von über neun Monaten nach der Absendung der Waare. und über fünf Monaten nach Auszahlung der Nachnahme) ist von Seiten der Dampfschifffahrts-Gesellschaft die Rückzahlung der Nach nahme von dem Spediteur wieder gefordert worden, weil dieselbe vom Empfänger der Waare in St. Petersburg nicht gezahlt wurde. Da beide Parteien sich auf dem Privatwege nicht eini gen konnten, wurde betr. Angelegenheit dem Amtsgericht zu Lübeck von Seiten der Dampfschifffahrts-Gesellschaft als Klägerin gegen den Spediteur als Beklagten zur Entschei dung übergeben. Die Klägerin gab an , dass , obgleich ihr Agent in St. Peters burg sich wiederholt vergeblich bemüht habe, die Nachnahme vom Empfänger der Waare nicht honorirt worden sei. Eine Zurückhaltung der Waare wegen verweigerter' Einlösung der Nachnahme sei nach russischem Gesetze nicht zulässig. Das Schiff müsste sofort am Zoll löschen, und lieferte der Zoll die Waare gegen Schiffsfrachtbrief aus, selbst wenn auf demselben die Nachnahme verzeichnet steht. Die Zahlung der Nachnahme von Seiten der Schifffahrts-Ge- Seilschaft an den Spediteur vor dem Eingang sei einem Geschäfts gebrauch gemäss erfolgt und sei betr. Spediteur als Beklagter ohne Rechtsgrund bereichert. An eine üebertragung des Risikos bezüg lich etwaigen Nichteingangs des Nachnahmebetrags auf die Schift- fahrts-Gesellschaft hätten beide Parteien nicht gedacht. Eine Mit- theilung der Klägerin (Schifffahrts-Gesellschaft) an Beklagten (Spe diteur) bei der Zahlung, etwa dahin, dass die Nachnahme einge gangen sei, sei nicht erfolgt. Der Spediteur als Beklagter weigerte (nachdem die Firma in A. die Rückzahlung verweigert hatte) auf Grund folgender Angaben die Rückzahlung der Nachnahme und bestreitet den behaupteten Ge ll rauch , dass Nachnahmebeträge regelmässig nach einer gewissen Frist den Absendern ausgezahlt werden, ohne Rücksicht darauf, ob sie eingegangen sind oder nicht. Die von der Klägerin (Schifffahrts-Gesellschaft) veröffentlichten Tarifbestimmungen , welche auch, die Grundsätze der Gesellschaft bei der Behandlung von Nachnahmesendungen enthalten , bestimm ten ausdrücklich , dass Nachnahmen erst dann ausgezahlt werden, nachdem sie eingegangen sind. Thatsächlich bestehe denn auch allgemein der Gebrauch, dass der Absender auf die Auszahlung von Nachnahmen pr. Schiffsfracht brief Monate lang warten müsste. Im vorliegenden Fälle sei die Nachnahme dem Beklagten (Spe- diteur) zu einer Zeit und unter Umständen ausgezahlt, dass er noth wendig annehmen musste, die Sache sei in Ordnung, und somit als Spediteur verpflichtet war, seinem Auftraggeber das Geld einzusenden. In der Zeit von Ende Juli bis zum 8. November habe die Schifffahrts-Gesellschaft mehr als hinreichende Gelegenheit gehabt, sieh davon zu unterrichten, ob die Nachnahme eingegangen sei oder nicht. Zahlte sie dieselbe nach Verlauf von mehr als 3 Monaten ohne Weiteres aus , so sei die Voraussetzung nicht mehr selbstver ständlich gewesen , dass der Betrag eingehen werde; sondern die Gesellschaft sei verpflichtet gewesen, für den Fall des Nichteingangs einen Vorbehalt zu machen , zumal auch in Hinblick auf ihre ver öffentlichten Tarifgrundsätze, dass Nachnahmen erst dann ausgezahlt werden, wenn sie eingegangen sind. Die Thatsache, dass die Schifffahrts-Gesellschaft bei der Aus zahlung dem Spediteur nicht mitgetheilt habe, dass die Nachnahme nicht eingegangen sei, sei gleichgültig. Eine solche Mittheilung sei nicht nöthig gewesen; die Zahlung habe sie ergeben, falls nicht ein gegentheiliger Vorbehalt gemacht worden sei. Wenn die Schifffahrts-Gesellschaft am 8. November noch nicht davon unterrichtet gewesen sei, dass die Nachnahme noch nicht eingegangen war, so liege ein Verschulden ihres Petersburger Agen ten vor , für welches die Gesellschaft aufzukommen habe. Wusste die Gesellschaft aber, dass bis dahin die Nachnahme nicht einge gangen sei, so durfte sie dieselbe ohne einen bezüglichen Vorbehalt nicht auszahlen. Auch in der erst am 24. April nächsten Jahres erfolgten Mit theilung vom Nichteingange der Nachnahme liege ein schuldbares l Verhalten der Klägerin. Es könne dem Spediteur nicht zugemuthet I werden, Gelder, welche er für seine Auftraggeber durch Nachnahme erhalten habe, 5 Monate lang bei sich liegen zu lassen, nur in Er mangelung einer Eingangsbestätigung. Jedes Speditionsgeschäft mit Nachnahme wäre damit unmöglich gemacht. Entweder habe Klägerin bei der Auszahlung gewusst, dass die Nachnahme — nach mehr als 3 Monaten — noch nicht eingegangen war; dann durfte sie dies dem Beklagten nicht verschweigen-, und machte sich, wenn sie dies dennoch that, einer Fahrlässigkeit schul dig, oder aber sie nahm in Ermangelung einer besonderen Mitthei- | lung ihres Agenten irrthümlich an , dass die Nachnahme mit den I übrigen Nachnahmebeträgen eingegangen sein werde; dann war , dieser Irrthum kein entschuldbarer und rechtfertigt daher nicht die Zurückforderung des Gezahlten. Eine Bereicherung des Beklagten (Spediteur) ohne Rechtsgrund, welche Klägerin (Schifffahrts-Gesellschaft) behauptet, liege nicht vor. Das Amtsgericht der Stadt Lübeck hat hierüber wie folgt entschieden: Beklagter (Spediteur) sei schuldig, an die Schifffahrts-Gesell schaft die Nachnahme nebst 6 Proc. Zinsen, vom Tage der Zustel lung der Klage (18. Octbr. 1888) an, zu zahlen und die Kosten des Verfahrens zu tragen. Im betreffenden Urtheil werden unter Angabe der Thatbestände, insbesondere, dass eine Zurückhaltung der Waare wegen verweigerter । Einlösung der Nachnahme nach russischen Gesetzen nicht zulässig i sei, noch folgende Gründe angeführt: Es ist als feststehend angenommen worden , dass die Schiff- I fahrts-Gesellschaft den Nachnahmebetrag vom Empfänger nicht hat I einziehen können. I Die Auszahlung einer solchen Nachnahme nun vor ihrem Ein- | gange sei kein Rechtsgeschäft, in welchem auf Grund einer be- | stimmten Verpflichtung gezahlt wird. Wenn die Gesellschaft im Interesse des Waarenabsenders vorschussweise den Nachnahmebetrag demselben ausgezahlt habe, ehe sie denselben von dem Waarenem- pfänger eingezogen hat, so könne dies in Ermangelung einer ander weitigen Vereinbarung — und eine solche sei von dem Beklagten nicht behauptet worden — nur dahin verstanden werden, dass es geschehen ist unter der stillschweigenden Voraussetzung, dass der Nachnahmebetrag noch eingehen werde. In dem Vorbringen der Parteien sei nichts enthalten , woraus zu entnehmen wäre, dass die Schifffahrts-Gesellschaft das Risiko des Nichteinganges der Nachnahme habe übernehmen wollen. Na mentlich könne solches auch aus dem Paragraphen des Tarifs (dass | Nachnahmen erst dann ausgezahlt werden, wenn sie eingegangen