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18. Januar 1879 einen Erlass (* siehe Schluss des Artikels), wonach sie die Einrichtung von Baumschulen in allen vor her bezeichneten Schulorten obligatorisch macht. Hiernach sind diese Gemeinden verpflichtet, auf eigene Kosten ein Areal bei einer ein- und zweiklassigen Schule von 3 Ar (oft. 21 Ruthen), bei einer drei- und mehrklassi- gen Schule mindestens 4 Ar (ca. 28 Ruthen) Baumschule anzulegen. Bei den grösstentheils verschuldeten Gemeinden bedingt dies sehr oft ein grosses Opfer, zumal die Gemein den auch noch das Vergnügen haben, das Terrain nivel- liren, düngen und einfriedigen zu lassen. Der vor erwähnte Erlass verpflichtet ausserdem die Gemeinden auch noch zur Beschaffung der Wildlinge für die erste Anpflan zung. Derartige, höchst kostspielige Anlagen sollen dazu die nen, an der Hand des Lehrers (!) die Schuljugend für den Obstbau zu interessiren. Zieht man aber das für die An zucht der Obstbäume meist vorhandene Unverständniss der Herren Lehrer in Betracht, so dienen derartige Einrichtun gen gerade dem Gegentheil. Es giebt bekanntermassen nur äusserst wenig Fälle, wo Lehrer auch zugleich tüchtige Obstbaumzüchter sind, uni eventuell Obstbäume so ziehen zu können, dass die selben ein Beispiel werden für den Schüler, oder auch für den Landmann. Wie oft habe ich Klagen, bittere Klagen der Herren Lehrer darüber gehört, dass man sie neben den so mannig faltigen sonstigen Fächern (wogegen sich heute überhaupt schon so viele Stimmen erheben) auch noch mit der Baum schule belastet. In den letzteren Jahren ist man nun endlich dahinter gekommen, dass die Herren Lehrer zu wenig von der Obst baumzucht verstehen, . um mustergiltige Bäume zu ziehen, und wurden die Lehrer deshalb nach Geisenheim etc. zu Obstbau-Cursen geschickt. Kommen dieselben von dort zurück, sind sie gewöhnlich schon bedeutende Pomologen geworden, welche durch wortreiche Vorträge das Publikum belehren wollen. Es soll nicht in Abrede gestellt werden, dass hie und da manches Gute dadurch gestiftet werden kann, dass aber im Grossen und Ganzen dieses kostspielige Verfahren der Beschaffung von Lehrer-Baumschulen, die Verwendung von Zuschüssen aus den Regierungskassen für den Besuch der Obstbau-Curse etc. nur annähernd im richtigen Verhältniss zu dem daraus hervorgehenden Nutzen für die wirkliche Förderung des Obstbaues steht, bestreite ich entschieden. Und welche Ueberschreitungen des eigentlichen Zweckes treten durch solche, aller Controlle und ernster Verfolgung entbehrende Bestimmungen noch ausserdem zu Tage. Z. B. kommt es vor, dass ein Lehrer in Versammlungen sich zur Beschaffung von Bäumen aus seiner Baumschule anbietet und dabei vollständiger Handelsmann ist, indem er die Bäume kauft und wieder verkauft, zwar aus Gefällig keit (!). Andere Lehrer haben sogar die Baumschulen so weit ausgedehnt, dass sie mehr als Baumschulbesitzer, wie als Lehrer gelten können, n. dergl. mehr. Wo bleibt in solchen Fällen aber die Gewerbesteuer, welche der Berufshandelsgärtner bezahlen muss? Und welchen Nutzen hat die betreffende Gemeinde im Gegensatz zu den Unkosten? Gar keinen! Als zweiten Beitrag, wie man in der Rheinprovinz dem Obstbau zu Hülfe kommen will, sehen wir bei den Verhandlungen des Provinzial-Landtages zu Düsseldorf. — Unterm 5. März 1881 beantragte die königl. Regierung zu Trier, einen Zuschuss zu bewilligen für Neubeschaffung von Obstbäumen in den Gemeinden, wo 1879 und 1880 durch die starken Frostschäden so viele Obstbäume ver nichtet wurden. Der Provinzial-Landtag bewilligte somit auch einige Zeit nachher eine Summe von 65,000 Mark zur Beschaf fung von Obstbäumen und wurden diesbezügliche Offerten seinerzeit von den Berufs-Baumschulbesitzern gemacht. — Dieselben kamen der Provinzial-Verwaltung mit Vorschlä gen entgegen, die dahin zielten, einen festen Abschluss einzugehen, nach 3 Jahren die zu bestimmenden Sorten in brauchbaren und zweckentsprechenden Bäumen 30 Procent unter den damaligen Preisen zu liefern. Die obenerwähnte Summe wurde jedoch wider Er warten in anderer, als der zu Grunde gelegten Form zur Vertheilung gebracht. Es durfte nämlich jeder Interessent, resp. durch' den Frost Geschädigte, die Zahl seiner zu pflanzen den Bäume angeben, und wurde dann pro Baum 30 Ptge, als Subvention bewilligt. Die Bedingungen, unter welchen diese 30 Pf. bezahlt werden sollten, waren sehr gut durchdacht, aber bei der ungeheuren Ausdehnung in der Provinz kaum ausführbar. Ist es wohl denkbar, dass ein. Bürgermeister die anzupflanzenden Bäume nachsieht, ob dieselben vorschrifts mässig, ob es die passenden Sorten, ob der Pflanzer die Behandlung versteht etc. etc.? Sie, meine Herren, werden wohl zugeben, dass dies eine Methode war, die nicht zu. controlliren gewesen ist, zumal die Beschaffung der Bäume keiner besonderen Bestimmung unterlag. So kam es denn vor, dass Bäume angepflanzt wurden, die, bei Lichte be sehen, kaum 30 Pfge. Werth hatten. Hätten vorgenannte 65,000 Mk. dadurch Verwendung gefunden, dass man bekannte gute Firmen mit der Liefe rung beauftragt hätte, gute Bäume und Sorten zu beschaf fen , so würde entschieden mehr damit erreicht und dem Obstbau gedient worden sein. Noch sei bemerkt, dass jetzt die Provinzialverwaltung grössere Baumschulen erlichtet und wohl keinesfalls dem Berufs-Handelsgärtner dadurch einen Nutzen bereitet. Auf der einen Seite arbeitet und bringt man Opfer für die tüchtige Ausbildung der jungen Leute in den einzelnen Berufszweigen, und wenn dieselben sich Kenntniss in ihrem Fache erworben haben und an eine Selbstständigkeit den ken , nimmt man ihnen durch die hier geschilderten Zu stände geradezu das Brot vor dem Munde weg, unberück sichtigt der geschäftlichen oder sonstigen Unkosten, welche der Berufsausübende aufbringen und sich erarbeiten muss. Ob bei den sehr kostspieligen Einrichtungen der Provin- zial-Baumschulen aber ein Nutzen für die Provinz heraus kommt , ist ausserdem noch eine Frage, welche nach den jetzigen Erfahrungen verneint werden muss. Ich glaube es nicht, meine Herren, und auch wohl keiner von den hier anwesenden Sachverständigen. Es wäre zu wünschen, dass derartige Einrichtungen von der Behörde endlich vermieden würden, welch’ erstere in vielen Fällen nur dazu beitragen, anstatt Interesse zur Baumzucht hervorzurufen, gerade das Gegentheil zu be wirken. (Bravo!) Warnecke-Altona: Diese Angelegenheiten, welche soeben zur Sprache gekommen sind, beweisen, wie werth- voll es ist, wenn Nachweise geliefert würden, wie erfolglos und dem Zweck entgegen in dieser Beziehung gehandelt wird, und glaubt Redner, dass die Regierung nicht abge neigt sein wird, wenn Beweise erbracht werden, die auf Unkenntniss der Sachlage beruhenden Vorgänge abzustel len: die Vertreter der Gärtnerei müssten sich aber an die Stelle wenden, wo die Gesetze gegeben werden, besonders bei der Regierung dahin wirken und immer wieder vor stellig werden, dass vor der Gründung und Bildung sol cher communaler Institute unparteiische und insbesondere handeltreibende Gärtner zurBerathung hinzugezogen werden. Als letzter Redner in dieser Angelegenheit äussert sich Beckmann-Altona nochmals dahin, dass es keine grössere Genugthuung für die Zweckmässigkeit seiner Antragstellung • geben könne, als die Ausführungen von Reuter-Jüngs- feld. — Reuter schliesst sich der, nach nochmaliger kurzer