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tute bewirken zu wollen, und es ist deshalb dringend noth- i wendig, die gärtnerische theoretische Ausbildung, ebenso wie bei den Landwirthen und sonstigen Gewerben, in 3 Stufen zu bringen und zwar: 1. in gärtnerische Winterschulen mit halbjährigem Cursus, hauptsächlich im Schreiben, Rechnen, Zeichnen, [ Kataloglesen und gärtnerischen Fächern in grossen, allgemeinen Umrissen; 2. in Gartenbauschulen mit einjährigem Cursus, zur Ausbildung kleinerer Handels- und Herrschaftsgärtner auf praktisch-wissenschaftlicher Grundlage; 3. in eine Hochschule mit mindestens 2 jährigem Cur sus zur Ausbildung von tüchtigen Landschaftsgärt nern, Beamten für höhere Staats-, Hof- und städtische Stellen auf wissenschaftlich - künstlerisch er Grundlage. Damit aber der Fachunterricht mit Vortheil ertheilt werden kann, müsste für letztere beiden Institute eine gleichmässige gärtnerische Vorbildung verlangt wer den und zwar eine mindestens 2jährige Lehr- und eine 1jährige Gehilfenzeit. Der praktische Dienst wäre dagegen in Zukunft von den Lehranstalten ganz auszuschliessen, damit sich die Schüler voll und ganz der theoretischen Fortbil dung widmen können, während sie zum Verständniss des I Fachunterrichts bereits eine genügende gärtnerische Vor- ' bildung mitbringen würden. Die Institute müssten an einem solchen Orte begründet werden, der für den Gartenbau eine hervorragende Bedeu tung hat, damit auch die Schüler durch eigene Anschauung, Excursionen etc. sich fortbilden könnten. Als Lehrer dürften für die Institute nur solche Per sonen aufgestellt werden, welche ihre Befähigung dazu, sowohl in praktischer, wie wissenschaftlicher Be ziehung, genügend dargethan haben und auch vor Allem längere Zeit in der Praxis thätig waren. Dagegen sollten sie ausschliesslich für die Lehrinsti- ' tute und zwar mit einem auskömmlichen Gehalt, am besten j als pensionsberechtigte Staatsbeamte, angestellt wer den, damit sie ihre Kräfte voll und ganz ihrem Posten, ohne Sorge für ihre materielle Zukunft, widmen können, was bisher bei den Privat-Instituten leider nicht möglich war. Die Aufsicht über die Institute stände natür- : lieh dem Staate zu. Wie dringend nothwendig die Errichtung staatlicher Lehranstalten ist und wie viel Gewicht die Leute auf die Ausbildung an staatlichen Anstalten legen, geht wohl am Besten aus dem Umstande hervor, dass die staatlich subventionirten königl. Lehranstalten zu Potsdam, Gei senheim und Proskau nicht nur alljährlich überfüllt, son dern sogar schon auf Jahre hinaus mit Vormerkungen versehen sind. Die Eintheilung der gärtnerischen Lehranstalten würde sich wie folgt gliedern müssen: I. Gärtnerische Winterschulen. Der Eintritt steht jedem Gärtner frei. Bedenkt man, wie viele junge Gehilfen und Lehrlinge (?) im Winter stellenlos sind, wie viel freie Zeit auch die anderen in dieser Jahreszeit haben und in wie vielen der Trieb steckt, ihre oft sehr geringen Kenntnisse in allge meinen. wie gärtnerischen Fächern zu vervollkomm nen, dieses Streben aber meistens aus Mangel an Gelegen heit dazu sehr bald erlahmt, so tritt nicht nur an den Staat, sondern schon an grössere gärtnerische Vereine und Verbände die gebieterische Pflicht heran, gärtnerische Winterschulen zu begründen, ebenso wie die landwirth- schaftlichen Winterschulen durch Staat, Provinz, Kreis oder aber Vereine- unterhalten werden. Die Kosten für solche segensreiche Einrichtungen wären im Verhältniss ganz unbedeutend, da ja ein Garten baulehrer für ein solches Institut genügt, während die all gemeineren Fächer durch andere’ Lehrer nebenbei gelehrt werden können. Zur Unterstützung des Gartenbaulehrers fänden sich gewiss auch Fachgenossen, die im Interesse der Sache gern gegen geringe Entschädigung einzelne Fächer vortragen würden. Der Winter ist ja die Zeit, wo wir Gärtner verhältnissmässig am meisten Zeit haben und — können wir denn unsere freie Zeit besser verwenden, als zur Fortbildung unserer jüngeren Fachgenossen? Im Sommer könnte dann der betreffende Gartenbau lehrer als Wanderlehrer in dem ihm unterstellten Be zirke fungiren, durch zweckentsprechende Vorträge, vor nehmlich über Obstbau, Obstverwerthung etc., das Allge meininteresse wecken und schliesslich den Baumwärtern, Lehrern etc. bei der Instandhaltung der Chausseepflanzun gen, Gemeindebaumschulen u. s. w. mit Rath und That zur Seite stehen. II. Gartenbauschulen. Aufnahme-Bedingung: Zur gärtnerischen Vorbil dung nöthig eine mindestens 2 jährige Lehrzeit und eine 1 jährige Gehilfenzeit. Zur allgemeinen Bildung genügt der erfolgreiche Besuch einer tüchtigen Volksschule resp. Gewandtheit im mündlichen und schriftlichen Ausdruck und im Rechnen. Im ersten Semester ist' — da dennoch die Schüler mit sehr verschiedener Vorbildung dieses Institut be suchen werden — das Hauptaugenmerk darauf zu richten, einen möglichst gleichmässigen Bildungsgrad der Schüler zu erreichen und deshalb mehr allgemeine Fächer, wie Rechnen, deutsche Aufsätze, Correspondenz, Buchführung, Mathematik. Zeichnen, Physik, Pflanzen-Geo- graphie und - Geschichte, etwas Botanik, Kataloglesen etc, zu geben. Im zweiten Semester dagegen mehr gärtnerische Fächer, wie Obst- und Gemüsebau, Blumenzucht. Gehölz kunde. Treiberei, etwas Landschaftsgärtnerei in grösseren, allgemeineren Zügen zu lehren, dann Botanik, Planzeich nen, Feldmessen, Düngerlehre etc. etc. Beim Abgang von der Schule ist ein Examen zu machen, nach dessen Bestehen die jungen Leute als Ge hilfen entlassen werden. Nach längerer, weiterer Praxis, etwa 5—6 Jahren, können sie ein zweites gärtnerisches Examen ablegen. nach dessen Bestehen sie ein Zeugniss erhalten und wodurch sie ihre Qualifikation zur Leitung kleinerer Stellen, in Privatgärten etc. darlegen könnten. HL Gärtnerische Hochschulen. Aufnahme-Bedingung: In gärtnerischer Hinsicht wie II., in wissenschaftlicher das Einjährigen-Zeugniss oder Ablegung einer dementsprechenden Aufnahme-Prüfung. Cursus 2jährig. Lchrgegenstände, gärtnerische: Obst - und Gemüsebau. Blumenzucht. Gehölzkunde, Treiberei, specialisirt und im Detail vorgetragen. Land schaftsgärtnerei in praktisch-künstlerischer Form, dann Plan- und Landschaftszeichnen, Feldmessen und Nivelliren, Bota nik, Physik, Chemie, Düngerlehre , Bodenkunde, Buchfüh- rung, gärtnerische Baukunde etc. etc. Nach dem vierten Semester findet die Abgangsprüfung statt, worauf die jungen Leute als „Gartenkünstler“ (?) ent lassen werden, um zunächst in der Praxis, vornehmlich Landschaftsgärtnerei, sich weiter auszubilden. Nach entsprechender Praxis, etwa 5 Jahren, werden sie zu einem zweiten Examen zugelassen, durch dessen Bestehen sie ihre Befähigung zum „Obergärtner“ darthun und dann event. als solche im Staats-, Hof- oder Commu- naldienste Verwendung finden können.