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öffentlichen Abgaben u. s. w. stetig gestiegen sind, und noch immer weiter steigen, können Sie ebenfalls nicht be streiten. Nur über die Gründe für den Rückgang der Rentabilität der Gärtnerei und wie und wo zuerst Hand an’s Werk zu legen sei, gingen unsere Ansichten aus einander. Während dem mit dem Auslande arbeitenden Gärtner nur die Reblausconvention genirte, machten den Baumschulbesitzern und Handelsgärtnern der älteren preussi schen Provinzen sowie in noch einigen andern Gegenden Deutschlands, die Concurrenz der Provinzial-, Gemeinde-, oder sonstigen, aus öffentlichen Ritteln unterhaltenen Baum schulen und andere gärtnerische Institute das Leben sauer. In den grösseren Städten sind es Schwindelfirmen, Pflanzen- Auctionen auswärtiger Händler und der von Jahr zu Jahr zunehmende Import abgeschnittener Blumen, Bindegrün u. s. w., welcher den dortigen Berufsgärtnern den Ver dienst schmälert; in den westlichen und nordwestlichen Provinzen ist es die Einfuhr von Baumschulartikeln aus Belgien und Holland, welche einen rentabeln Baumschulen betrieb. nicht auf kommen lässt. Alle diese Vertreter der verschiedenen Klagen beanspruchen für ihre Wünsche den Vorrang und wollen zum Theil die Berechtigung der anderen Ansprüche auf Abhülfe nicht anerkennen, weil ihnen die Nothlage der anderen Branche aus eigner Er fahrung nicht fühlbar geworden ist. So lassen z. B. den Schnittblumenproducenten die Klagen des Baumschulbesitzers kalt, und umgekehrt. Der in’s Ausland exportirende Gärtner lächelt vielleicht mitleidig über die Klagen des Kollegen in der Stadt, der nur Platzgeschäft oder Binderei betreibt und dieser wieder kann nicht begreifen, dass der Gemüse- gärtner sich beklagt dass er nicht bestehen kann. Der artiger Exempel liessen sicli noch eine Menge anführen. Wollen wir jedoch endlich einmal vorwärts kommen, so ist es nöthig, dass wir einen Compromiss schliessen. Meine Herren Freihändler, helfen Sie uns den Schutz zoll zu erringen oder machen Sie uns wenigstens keine Schwierigkeiten, denn Sie brauchen deswegen keine Grund sätze zu verleugnen, da es sich hier gar nicht um Princi- pien, sondern um reine Zweckmässigkeitsfragen handelt. Von Haus aus sind wir ja alle für Freihandel und nur durch die Macht der Thatsachen sind . wir Schutzzöllner geworden und über kurz oder lang werden Sie es viel leicht ebenfalls sein. Ich verspreche Ihnen, dass wir als dann ebenso eifrig und ebenso ausdauernd Ihre Wünsche und Vorschläge’ unterstützen wollen. Wir werden mit dem Herrn v. Uslar gerne gemeinsam arbeiten, dass der Miss brauch in Betreff der aus öffentlichen Mitteln gegründeten und unterhaltenen Baumschulen ein Ende nehme, wir wollen mit Herrn Gaucher aus Stuttgart gerne gemeinsam dahin streben, dass der Obstbau, und zwar auf andere als in der bisher üblichen Weise gehoben und mehr Obst bäume gekauft und gepflanzt werden; wir wollen auch mit ihm und Herrn Hördemann an der Abänderung der Reb lausconvention arbeiten, da dieselbe unhaltbare Bestimmungen zum Gesetz erhoben hat; wir wollen auch gerne in nächster Zeit Herrn Ludwig Möller darin unterstützen, dass das Ausstellungswesen in Deutschland von seinen Auswüchsen und Schmarotzern befreit werde und das wahre Verdienst und nicht der Klüngel seine Triumphe feiere und, damit Herr Hess aus Barmen ebenfalls nicht leer ausgehe, wollen wir auch ihm helfen, seine Ideale vom Gehilfen- und Lehr lingswesen zu verwirklichen, wenn uns die Herren nur discutirbare Vorschläge machen. Meine Herren, auf diese Art und Weise werden wir weiter kommen, als wenn die Wünsche der einen Partei von der anderen negirt und bekämpft werden. Wir wollen doch endlich das Motto, welches bisher viele unserer öffentlichen Diskussionen zu beherrschen schien: „Schlägst Du meinen Juden, hau’ ich Deinen Juden“., mit einem andern bessern vertauschen, welches heisst: „Alle für Einen und Jeder für Alle.“ Nach Schluss dieses Referats bemerkt der Vorsitzende zu dem in seiner Fassung veränderten Antrag, dass man dem darin ausgesprochenen Wunsche wohl nachkommen und den Antrag unterstützen könne. Der Vorstand habe sich bisher bemüht, alle Für und Gegen in der Schutzzollangelegenheit [heranzuziehen und unumwunden zur freien Aussprache auf- gefordert, sodass jeder Richtung in dieser Beziehung gerecht geworden wäre, es könne mithin diese. Angelegenheit biszu dem Empfang einer Aeusserung oder eines Bescheides von Seiten der höhen Behörden auch als zur Genüge besprochen angesehen werden. Es folgt hierauf Abstimmung über die verändert be antragte Fassung des Fettweis'schen Antrags und wird letz terer mit grosser Majorität angenommen. Hierauf begründet Fr. W. Hess- Barmen seinen ge stellten Antrag: „Besprechung der Gehilfen- und Lehrlings frage“ ungefähr in folgendem Sinne: Referent erkennt in der Aufgabe, sich der Gehilfen- und Lehrlingsfrage zu widmen, einen unschätzbaren Werth in Bezug auf unsere gesammten geschäftlichen Verhältnisse. — Die Unbeschränktheit, insbesondere in der Zahl der Lehrlinge, führe zu Missständen, welche alle Aufmerksam keit unsererseits forderten und trage auch an der Ueber- produktion und Schleuder-Concurrenz durch die mangelhafte Ausbildung und geringe Selbständigkeit, welche junge Leute bei solchen Massenausbildungen nur erlangten, mit Schuld etc. Die weitere Begründung stützte sich vorwiegend auf Beispiele aus ■ eigener Erfahrung , wo Missverhältnisse in Bezug auf die Zahl der in ein und demselben Geschäfte thätigen Gehilfen und Lehrlinge vorhanden sind, und gab Referent an,. Gärtnereien zu kennen, wo 2 Gehilfen und 13 Lehrlinge, 2 Gehilfen uiid 8 Lehrlinge, 1 Gehilfe und 5 Lehrlinge etc. thätig seien. In Weiterem schilderte Redner aus Erfahrung verschiedene Handlungsweisen von Gehilfen, welch’ letztere trotz eingegangenem Engagement ihren Verpflichtungen nicht nachgekommen seien, und verweist auf die angebliche Vielwisserei eines grossen Theiles der Gehilfen, welche sich beim. Ausüben der Thätigkeit aber oft als mangelhaftes Wissen nur entpuppt und den Prin cipal bei einem Verlassen auf die Gehilfenthätigkeit im Stiche lässt. . Warnecke-Altona äussert sich, nachdem der Referent -seine Mittheilungen, ohne bestimmte Vorschläge zu machen, beendet hat, dahin, dass Letzterer durch die Form seines Berichtes nicht die ganz richtige Einleitung zur Behandlung der Gehilfen- und Lehrlingsfrage getroffen habe. Man müsse zur Zeit Jedem überlassen, auf welche Art und Weise er sein Geschäft betreiben wolle, und könne der Verband hierin wohl schwerlich Beschlüsse fassen, welche dem Einzelnen Beschränkungen in dieser Art auferlegen würden. Eine derartige Beeinflussung könne höchstens auf dem Wege der Vorstellung unternemmen werden. Etwas Anderes sei es jedoch, wenn eine Aussprache veranlasst würde, wie man den Stand der Gehilfen sowohl als Prin- cipale heben könne; eine derartige Anregung sei eher dis- cutirbar. Hess-Barmen erklärt, dass er mit seinem Anträge nur bezweckt habe, eine Anregung zu geben, dass von Seiten des Verbandes in dieser Beziehung etwas geschehen möge, da doch Jeder zugestehen müsse, dass Uebelstände in dieser Richtung zur Genüge bestehen und auf denselben auch die unsolide Concurrenz sich mit aufbaue. Der Vorsitzende Mossdorf verweist, da Niemand zu dieser Angelegenheit das Wort erbittet, die Versammlung auf die Werte des Vorredners und giebt das Versprechen, dass der Vorstand diese Angelegenheit in’s Auge fassen werde und man für heute, da der Antragsteller nur eine Anregung bezweckt habe, von einem weiteren Eingehen auf