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-> 172 -- Peter-Fettweiss-Uerdingen: „Der Verband möge endlich I Stellung in der Schutzzollfrage nehmen und sich durch Majoritätsbeschluss entweder dafür oder dagegen erklären,“ wird vom Antragsteller mit dem Bemerken eingeleitet, dass die Passung des Antrags, deren Undeutlichkeit er zugebe, Veranlassung zu Irrthümern gegeben habe. Im weiteren referirt der Antragsteller wie folgt:*) Meine Heiren, es ist meine Absicht nicht, eine grosse Schutzzolldebatte durch meinen Antrag hervorzurufen, meine Absicht geht vielmehr dahin, die Sache endlich zu einem gewissen Abschluss zu bringen, nachdem dieselbe jetzt Jahre lang in unserem Verbandsorgane des Langen und Breiten erörtert worden ist. Ich ändere somit meinen Antrag gleich im Voraus in folgende, dem zu Grunde ge legten Zweck entsprechende Fassung: Abgeänderter Antrag. „Die Verbands Versammlung möge sich damit ein verstanden erklären, dass bis auf Weiteres und so lange der Reichstag resp. Bundesrath über unsere Schutz zollpetition nicht entschieden, jede Erörterung der Schutzzollfrage im Verbandsorgan zu unterbleiben habe.“ • Nachdem jene sogenannte Hamburger Schutzzollver sammlung im September vorigen Jahres stattgefünden, welche ja streng genommen keine Verbandsversammlung war, sondern nur eine freie Versammlung deutscher Han delsgärtner und einer Commission incl. der Personen des Vorstandes des Verbandes der Auftrag ertheilt wurde, alle nöthigen Schritte zu thun, um einen angemessenen Schutz zoll auf Gartenproducte herbeizuführen, erhoben sich aller seits Stimmen, welche dem Vorstande einen Vorwurf dar aus machten, einen Auftrag übernommen zu haben, mit dem ein grosser Theil der Verbandsmitglieder nicht ein verstanden, ja ein Theil der Schutzzollgegner behaupteten in grosser Verkennung der wahren Sachlage, dass die grosse Majorität des Verbandes dagegen sei. Von der anderen Seite, den Anhängern des Schutzzolles, regnete es Vor- würfe auf den Vorstand herab, weil er nicht eifrig und energisch genug den ihm von der Hamburger Versamm lung ertheilten Auftrag ausführte. Dass nun der Vorstand eine geraume Zeit, beinahe ein Vierteljahr verstreichen liess, ehe er in der Angelegen heit etwas that, hielt den Argwohn von. Seiten der Schutz zöllner beständig wach, indem sie glaubten, dass es dem Vorstande mit der Ausführung des ihm gewordenen Auf- i träges nicht ernst sei und die Absicht habe, die Sache im ' Sande verlaufen zu lassen. Ich könnte Ihnen eine ganze I Anzahl Briefe und Postkarten vorzeigen, welche alle dieser I Stimmung Ausdruck verliehen und es einen grossen Fehler ! nannten, den Vorstand des Verbandes, von dem ein Theil von der Sache nichts wissen wollte, mit der Angelegenheit betraut zu haben. Auch wurde nach diesen Anschauungen eine kost bare Zeit unbenutzt gelassen und dadurch verhindert, dass unsere Schutzzollpetition schon während der letzten Session des Reichstages dem Bundesrath eingereicht und in der selben Session darüber Beschluss gefasst worden wäre. Die Zusammensetzung des vorigen Reichstages schien eine Ge währ dafür zu bieten, dass dann im Sinne der Petition entschieden, und wir heute unser Ziel erreicht hätten. Dass dem heute noch nicht so ist, legt ein grosser Theil der Schutzzöllner dem Vorstande zur Last, ob mit Recht oder Unrecht, will ich hier nicht erörtern. Ich glaube jedoch das Richtige zu treffen, wenn ich die Schuld an der Ver zögerung zum Theil der Ueberlastung unseres Geschäfts- *) Ausführliches Referat, welches in der betr. Verbandssitzung in Cassel wegen Zeitmangel nur theilweise vorgetragen wurde. Die Redaction. führers mit den laufenden Verbandsgeschäften, welche von Jahr zu Jahr zunehmen, zuschreibe. Ich behalte mir vor, seiner Zeit dahingehende Anträge zu stellen. (Ich habe ja auch in dieser Sache eine gewisse per sönliche Verantwortung auf mich geladen, indem ich in der Hamburger Versammlung den Vorschlag gemacht, den Vorstand mit dem Rechte der Cooptation zu einer Com mission zu wählen, um die weiteren Schritte zu thun. Ich habe damals,' ehe ich diesen Vorschlag machte, allerdings einen Augenblick geschwankt bei dem Gedanken, ob es nicht besser sei, eine freie Commission aus der Mitte der Versammlung, ohne Vorstandsmitglieder, zu ernennen. Wenn ich mich schliesslich für die Wahl des Vorstandes entschied, so geschah es, um die Schutzzollbestrebungen innerhalb des Rahmens des Verbandes zu halten,, denn ge schah dies nicht, so konnte sich' sehr leicht aus dieser freien Schutzzollcommission der Keim zu einem neuen Verband entwickeln und wir hätten deren jetzt zwei, welche sich gegenseitig bekämpften.) Die Schutzzollpetition ist nun Anfang dieses Jahres dem Bundesrathe eingereicht und es ist auch vor Kurzem unter den deutschen Handelsgärtnern eine Abstimmung — ob für oder gegen den Schutzzoll — vom Verbands vorstand herbeigeführt worden, woran sich ca 2300 Han delsgärtner betheiligt haben. Diese Abstimmung hat das Resultat ergeben, dass sich über ca. 1900 Stimmen für und nur ca. 390 Stimmen gegen einen Schutzzoll erklärten. Damit, meine Herren, ist aber noch nicht alles gethan. Das Schwierigste bleibt noch zu thun übrig und das ist, die, gesetzgebenden Fac- toren von der Nothwendigkeit der Schutzzölle auf Garten producte zu überzeugen. Damit dies nun mit allem Nach druck geschehe und dem Vorstände eine feste unangreif bare Stellung in dieser Angelegenheit verschafft, werde, des halb bringe ich obigen Antrag ein. Ich habe jedoch auch noch einen anderen, nicht un wichtigen Grund für meinen Antrag anzuführen. Es harren noch eine ganze Menge von Fragen der Lösung, welche seit Jahren die Gemüther beschäftigen. Die deutsche Gärt nerei krankt augenblicklich an einer Unzahl von Schäden, die, wenn wir nur ernstlich wollen, durch gemeinsames Handeln, wenn auch nicht ganz gehoben, doch um Vieles gebessert werden könnten. Fast in jeder Nummer des Ver bandsorgans werden neue Schäden aufgedeckt und Mittel zur Heilung vorgeschlagen. Ein Vorschlagverdrängt den andern, aber von einer Abstellung auch nur eines einzigen Uebels, habe ich noch nichts gespürt, und wesshalb?, weil man sich über die Reihenfolge nicht verständigen kann, und der eine dies, der andere jenes für das grössere Uebel erklärte. Meine Herren, über 1900 deutsche Handelsgärtner haben jetzt die ausländische Einfuhr von Gartenbauerzeug nissen als das schlimmste und am ersten zu bekämpfende Uebel erklärt. Einer derartigen Kundgebung für die Einführung eines Schutzzolles dürfen wir uns doch nicht verschliessen und deshalb habe ich obigen Antrag gestellt, um endlich die Schutzzollfrage ein für alle Mal zum Abschluss zu bringen und, damit dieses Thema endlich von der Tagesordnung und aus unserem Verbandsorgan verschwinde und auch andere wichtige Fragen endlich an die Reihe kommen. Schliesslich möchte ich noch ein versöhnendes Wort an unsere Schutzzollgegner richten. Meine Herren, dass die Lage der deutschen Gärtnerei keine rosige ist, dass vieles anders und besser sein könnte, kurzum, dass bei uns manches faul im- Staate Dänemark ist, das räumen. Sie ja auch ein, dass die Preise für Gartenproducte aller Art in den letzten 10—15 Jahren stetig gesunken, stellenweise sogar unter die Productionskosten, dagegen die Anforde- ! rungen an den produzirenden Gärtner, die Betriebskosten,