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Einen viel schlimmeren Uebelstand ruft aber die Sucht nach Synonymen noch hervor. An Rosengärtner und Händler tritt die Verführung zu leicht heran, falsche Sorten unterzuschieben und ein X für ein U zu machen. Werden dann solche untergeschobene Sorten später verglichen, so muss ja eine Gleichartigkeit sich herausstellen; flugs wird in die Welt posaunt, die und die Sorten sind synonym, während sie es in Wirklichkeit doch nicht sind. Dieser verabscheuungswürdigen Gewissenlosigkeit haben wir viele der fragwürdigen Synonyme zu verdanken. Ebenso oft kommt es in den Rosenfabriken vor, dass die Etiquettirüng nach Nummern durch Versehen eine un richtige wird, die 7 für die 4 und umgekehrt gelesen wird. Sind dann zufällig keine Käufer für die Sorten schon vor- handen und eine kritische Prüfung nicht vorgenommen worden, so erscheinen auch hierdurch Synonyme auf der Bildfläche. Ei« anderer unverzeihlicher Fehler mancher Rosisten ist das Weglassen von Bezeichnungen der ursprünglich gegebenen Namen, nicht selten auch die Verunstaltung der selben. Das Weglassen der Prädikate Madame, Mademoiselles etc. sollte als unzulässig angesehen werden. Wir finden dies häufig bei selbst angesehenen Firmen und wenn ich Namen nennen wollte, so würde die Reihe dieser Unterlassungs sünder keine kurze. Weglassen und Korrumpiren von Namen dürften auch der Synonymere! Vorschub leisten. Noch unverzeihlicher sind die Marotten der Franzosen und Engländer zu nennen, Rosennamen in ihre Sprachen zu übersetzen und liegt uns aus jüngster Zeit der eklatan teste Beweis vor. Kaum sind die Namen der Dröge müller'sehen Edelrosen, welche dieses Jahr dem Handel übergeben worden sind, veröffentlicht, so finden wir die deut schen Namen von William Paul schon englisirt in dessen Neuheiten-Kataloge. Kaiser Wilhelm als Emperor William, Fürst und Fürstin Bismarck als Prince und Princess Bis marck, die weisse Seerose als White Water lity und Ge- schwinds-Rothkäppchen als Red pet. Es würde dies nicht so auffällig erscheinen, wenn auch die französischen Namen englisirt worden wären, diese erblickt man aber in unver fälschter Originalität. Trauen vielleicht die englischen Ro sisten ihren englischen Rosenfreunden ein Verständniss für deutsche Namen nicht zu? Man hat die Ansicht laut werden lassen, die Fest stellung der Synonyme und die Beschränkung der Sorti mente gehöre vor das Forum der National-Rosen-Vereine und beruft sich auf das Vorgehen des englischen Vereins. Wie weit aber die Synonymere! in England gediehen ist, wissen wir und es würde dem deutschen Verein nicht gut anstehen, die englischen Fehler noch weiter nachzu machen. Auch der nur langsam aus dem Ei sich schälende Rosisten-Verein Frankreichs hat die Feststellung von Syno nymen und die Neuheitenprüfung in sein Programm aufge nommen. Wie weit wird dieser damit kommen? Und nun unser Verein? Er möge doch ja nicht fussen auf dieser "Vorlage der Synonymen, die nur noch weiter hinein führt in das Labyrinth der Synonymenkonfussion. Man beklagt sich, dass' jährlich zu viel Rosen-Neu heiten in den Handel kommen. Die Klage ist sehr alt und wird nur mit jedem Jahre wieder neu. Wenn sich die Rosenzucht monopolisiren liess, wie Tabak und Spiritus, da könnte die Zahl vielleicht verringert werden, aber so kann Niemand etwas dagegen thun als höchstens dem Un- muth die Zügel schiessen lassen. Alle die intelligenten Rosenzüchter würden sehr darum zu verdenken sein, wenn sie sich von dem Ausspruche eines National-Rosen-Vereins abhängig machen wollten und alle würden dem Ausrufe: „Der Freiheit der Rosenzucht keine Schranke!“ ge wiss zustimmen. Wem als Rosengärtner und Rosenfreund die Anzahl der jährlichen Neuheiten zum Anschaffen zu gross ist, der mag sich begnügen und eine Anzahl auswählen. Werth- lose Sachen verschwinden von selbst bald wieder von der Bildfläche. Die meisten und vornehmsten Rosenzüchter nehmen ja ohnehin gern die Urteile von Vereinen, die selten un günstig lauten, als Reklameschilder für ihre Neuheiten, wohl wissend, dass diese „Ehrenzeugnisse“ ein besonderes Lockmittel sind. Es tritt nun die Frage in den Vordergrund: Welcher Weg führt uns zur Richtigstellung der Rosen-Namen und zur Ermittelung von gleichartigen Sorten? Rosenzüchter und Rosengärtner haben nicht das aus reichende Material, auch selten die nöthige Muse zu ein gehenderem Studium; können und wollen auch nicht zu Zwecken der Rosenkunde allein ein grösseres Areal opfern. Ihnen gilt als Hauptzweck das Land auszunutzen und dies mit voller Berechtigung. Private giebt es zu wenig, die ein so ausgiebiges Interesse daran hätten, ein Rosarium lediglich wissenschaftlichen Zwecken zu widmen; sie wollen meist nur Freude daran haben. Ohne ein ausgiebiges Material würde man keinen Schritt vorwärts kommen können. Dies kann nur geboten werden, wenn ein National-Rosen-Verein die Sache fördert, ein National-Rosarium anlegt, in welchem alles, was noch von Rosen existirt, beschafft, und in mehreren Exemplaren angepflanzt und in der verschiedensten Art und Weise kultivirt wird. Nächst den edlen Rosen müssten auch alle wilden Rosenarten — und deren sind nicht wenig — , ebenso beachtet werden, denn deren Studium ist eigentlich die Basis der ganzen Rosenkunde und sind die Rosenarten seit Mitte dieses Jahrhunderts sehr vernachlässigt worden. Nur in einem solchen Rosarium, einem botanischen Rosen garten, kann der Schwerpunkt für die gesammte Rosen wissenschaft liegen. Wenn auch die Rosenkultur trotz ihrer Höhe, auf welcher sie steht, noch lange nicht den Gipfel erreicht hat, es auch vorauszusehen ist, dass sich die Rosenkultur in Deutschland noch ganz enorm entwickeln wird, so wird es an der Zeit sein, früher oder später einen Hort für Rosen kunde und Geschichte zu gründen. Wo existirt zur Zeit ein botanischer Garten, der die Rosenarten etwas bevorzugt? Unseres Wissens sind die Rosenarten meist nur geduldete Schmerzenskinder und von den Botanikern deshalb meist gemieden, weil sie ausserordentlich schwer zu bestimmen sind. Die hervorragenden Arbeiten des Professors Fran- ois Crepin in Brüssel stützen sich meist auf in Herbarien gesammelte Exemplare. In zweiter Linie — und das ist die Hauptsache — müsste ein solches Rosarium den Rosenfreunden zur In formation dienen, theils über Rosensorten, theis über Kul tur, müsste überhaupt der Ort sein, wo sich jedermann Rathschläge erholen könnte. Hier müsste durch gutes Beispiel anregend gewirkt werden. Nur in einem solchen Rosarium wird es möglich werden, alle die von so ver schiedenen Seiten ausgesprochenen Wünsche zu realisiren. Hier nur wäre es möglich, Synonyme festzustellen und ein gerechtes . und unparteiisches Urtheil über die Rosen- Neuheiten zu fällen, weil dasselbe nicht unter dem Ein drücke des Handelsgeschäftes steht. Hier würde es endlich möglich, eine naturgemässe Klassifikation festzustellen, deren wir so sehr bedürfen und die bei der voraussichtlichen Weiterentwickelung der Rosenzucht zu einer unbedingten Nothwendigkeit geworden ist. Die Lösung Mieser Aufgabe ist jedoch nicht so leicht, als sie manchem auf den ersten Blick erscheint. Sie er- ! fordert nicht nur ein bedeutendes Kapital zur Anlage, son dern auch zur Erhaltung und weiterem Ausbau, erfordert auch zur Leitung eine Persönlichkeit, die der Aufgabe ge- ■ wachsen und im Stande ist, die Rosen systematisch zu