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99 -< Dann müssen wir auch sagen. was sollte der kleine Mann sagen, wie müsste der kleine Fabrikant, der mit be scheidenen Mitteln kaum im Stande ist, sein Geschäft zu betreiben und durchzukommen, wie müsste der sich wirk lich elend fühlen, wenn er an seinem Theile nicht auch die Empfindung in sich tragen dürfe, dass er befähigt ist durch die Art und Weise, wie er sein Geschäft betreibt, und wie er mit Denen verkehrt, welche in seinem Geschäfte thätig sind, und wenn es nur ein Einziger ist, dass er da durch befähigt ist, an der Lösung dieser Frage mitzuarbei ten. Es wäre traurig, wenn nur die besitzenden Klassen im Stande wären, hier zu arbeiten; es wäre traurig, wenn der Reichthum allein die soziale Noth lindern könnte; es wäre traurig vor Allem für die Arbeiter selbst, von denen jeder an seinem Theile eben auch im Stande ist, durch Freundlichkeit, durch Treue jeder Art seinen Mitarbeitern eine Hilfe und eine Stütze auf dem Lebenswege zu sein. Die Arbeit, wie ich sie mir vorstelle und wie sie ge trieben werden soll, wenn wir hier Erfolg haben sollen, die Arbeit ist eine schwere. Sie nimmt die ganze Thätig- keit des Menschen, sie nimmt seine seelischen Anstrengun gen, sie nimmt eine Hingabe so mancher Eigenschaften, die ihm lieb sind, so Manches, was seiner Bequemlichkeit dient, in Anspruch, und er muss es opfern. Aus welchen Quellen sollen wir denn nun Kräfte schöpfen, um in dieser Thätigkeit nicht zu erlahmen, um uns ihr immer wieder hinzugeben, auch wenn wir nicht plötzliche Erfolge sehen oder gar glauben, wir ernten blos Undank damit? Wie sollen wir unsere Jugend erziehen, welche die Zukunft unseres Vaterlandes ist. von der wir erwarten, dass sie uns in dem Kampfe mit unterstützen soll? Mit der Art Lehre von Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit, wie sie jetzt ein lOOjähriges Jubelfest feiern will, mit der Art Lehre können wir weder unseren Arbeitern, noch am aller wenigsten der Jugend kommen. Wir müssen unsere Hoff nungen auf die Familie, wir müssen aber auch unsere Hoffnungen und unser Vertrauen auf die Schule setzen. Wir dürfen sie aber auf die Schule nicht etwa in der Weise setzen, dass unsere Kinder darin eine Summe von positivem Wissen erhalten, welches sie durch das Leben bringen soll. Wir müssen es ganz ernst nehmen, dass in unsere Kinder vor Allem in der Schule der Grund zum sittlich-religiösen Denken und Leben gelegt wird. Das ist die Grundlage für die Her zensbildung, und die Herzensbildung befähigt überhaupt erst den Menschen, auch noch über sein eigenes Ich hin auszugehen und seinen Mitmenschen etwas zu sein.“ Zur Unfallversicherung. (Schluss.) Wenn wir in voriger Nummer die Hauptpunkte des Gesetzes anführten, so gehören zur genaueren Orientirung noch einzelne Punkte hervorgehoben zu werden, welche den Betriebsunternehmern bekannt sein sollten, da es im Interesse jedes einzelnen Betheiligten wünschenswerth ist, die Organisa tionsgrundzüge einer Genossenschaft zu kennen, welcher er für die Zukunft angehören wird. Speciell im Königreich Sachsen wird sicherem Vernehmen nach bereits am 22. Juni d. Jahres die Genossenschaftsversammluug in Dresden zu sammentreten, um die Punkte zu berathen, welche in den Rahmen ihrer Thätigkeit gehören. — Nachdem am 1. Octo- bei d. J. das Krankenversicherungsgesetz für die land- und forstwirthschaftlichen Betriebe zur Ausführung gelangen wird, wird voraussichtlich der erste Januar 1889 der Zeit punkt sein, an welchem die organisatorischen Arbeiten für die Unfallversicherung im Königreich Sachsen beendet sein I und die materiellen Arbeiten, also die Ausführungen dieses Gesetzes ebenfalls vollzogen werden. — In erster Linie sei nochmals darauf hingewiesen, dass eine Entschädigungspflicht nur für diejenigen Unfälle besteht, welche im Betriebe vorkommen, also für alle Un fälle, welche ausserhalb des Geschäftsbetriebes oder auch vorsätzlich entstehen, keinerlei Entschädigung gewährt ! wird. — Es würden demnach einem Gärtner, welcher einen Unfall beim Besuche einer fremden Gärtenerei oder über haupt nicht im Zusammenhänge mit seiner Betriebsarbeit erleidet, keine Entschädigungsansprüche zustehen. — Hin- i gegen kann sich der Betriebsunternehmer mit seiner Ehefrau freiwillig gegen Betriebsunfälle höher ver sichern, als dem behördlich festgesetzten ortsüblichen ■ Tagelohn, resp. Jahresarbeitsverdienst entspricht; hierüber j hat das Statut Bestimmungen zu treffen. — In gleicher Weise hat das Statut zu bestimmen, ob Gefahrenklassen zu bilden sind, eventuell einen Ge fahrentarif aufzustellen und das Verfahren bei der Ver anlagung der Betriebe zu den Gefahrenklassen vorzusehen; I auch die für den Gärtnereibetrieb unter gewissen Voraus setzungen festzusetzenden Zuschläge zu den Beiträgen, welche letztere sich in ihrer Grundlage nach den Steuer einheiten richten werden, werden wir erst nach Festsetzung des Statuts erfahren. — Ein besonderes Augenmerk ist auf die Wahl der Vertrauensmänner auch in unseren Kreisen zu richten; denselben steht in erster Linie die Abgabe vom Gut achten über die Verhältnisse unserer Betriebe, sowie die Theilnahme an den Untersuchungsverhandlungen bei vorkommenden Unfällen zu, und wird auch durch das Statut bestimmt werden, ob den Vertrauensmännern noch weitere Verpflichtungen aufzuerlegen sind, insbesondere aber ob ihre Mitwirkung bei der Feststellung der Ent- i Schädigungen erfordert werden soll. Es ist hieraus ersichtlich, dass es auch in Handels- , gärtnerkreisen Pflicht ist, sich um die Wahlen der Ver trauensmänner, welche von Seiten der Ortsbehörden (Stadt- , rath, Stadtgemeinderath, Gemeindevertretung etc.) vollzogen j werden, zu kümmern, zumal es viele Ortschaften geben ■ wird, wo die Gärtnereibetriebe die landwirthschaftlichen Betriebe überwiegen und sich somit praktisch erweisen wird den Vertrauensmann, beziehentlich dessen Stellvertreter ; aus dem Kreise der Handelsgärtner ernannt zu wissen. Wir können somit nicht umgehen, nochmals darauf hinzu weisen, dass bei der hohen Bedeutung, welche das Ehren amt eines Vertrauensmannes in Bezug auf die zweckent sprechende Gestaltung und segensreiche Durchführung der obligatorischen Unfallversicherung auch für unseren Betrieb hat, sich alle diejenigen Personen, welche zur treuen und gewissenhaften Verwaltung eines solchen Amtes befähigt ' sind, sich nicht etwa aus kleinlichen egoistischen Rück sichten oder infolge der. Vermuthung etwa erwachsender Unbequemlichkeiten dieses Amtes entziehen möchten, son- | dern die Ausübung desselben für Ehre und Pflicht halten. Betreffs der Wahl der Vertrauensmänner sei zum I Schlüsse noch bemerkt, dass nur Mitglieder der Genossen- i schaff, welche sich im Besitze der bürgerlichen Ehren rechte befinden, und welche} nicht durch gerichtliche Anordnungen in der Verfügung über ihr Vermögen be schränkt sind, zu diesem Ehrenamte wählbar sind. Die Ablehnung der Wahl ist nur aus denselben Gründen zu- ■ lässig, aus welchen das Amt eines Vormundes abgelehnt werden kann. — Sofern das Statut nicht noch eine Ent- j Schädigung für den durch Wahrnehmung der Genossen schaftsgeschäfte erwachsenden Zeitverlust bestimmt, werden den Vertrauensmännern nur die Baarauslagen (Reisekosten) von der Genossenschaft ersetzt und wird dieses Amt mithin unentgeltlich verwaltet. Die Wichtigkeit der gesammten Ehrenämter innerhalb