Volltext Seite (XML)
No. 41. Berlin, den 11. Oktober 1900. XV. Jahrgang. Eigenthum des Verbandes der Handelsgärtner Deutschlands, Organ des Gartenbau-Verbandes für das Königreich Sachsen, herausgegeben unter Mitwirkung der hervorragendsten Fachmänner des In- und Auslandes. Das „Handelsblatt für den deutschen Gartenbau etc.“ erscheint am Donnerstag jeder Woche. Abonnementspreis fürNicht-Verbandsmitglieder in Deutschland u. Oesterreich-Ungarn pr. Jahrgang 8 M. 50 Pf., für das übrige Ausland 10 M., für Verbandsmitglieder kostenlos. Verantwortlicher Redakteur: F. Johs. Beckmann in Steglitz Berlin. Verlag: Verband der Handelsgärtner Deutschlands, eingetragen auf Seite 179, Band IV, des Genossenschaftsregisters des Königl. Amtsgerichts zu Leipzig Die gärtnerischen Verhältnisse nach dem neuen Bürgerlichen Gesetzbuch. Von W. Hartwich, Rechtsanwalt in Berlin. (Schluss.; Die Sonntagsruhe. Die Bestimmungen der Gewerbe-Ordnung über die Sonntagsruhe haben den Zweck, den im Handel oder sonstigen Gewerbe angestellten Personen die nöthige Ruhe und Erholung zu verschaffen. Ausserdem haben noch sämtliche Einzelstaaten Vorschriften getroffen über die äussere Heilighaltung des Sonntags; die letztgedachten Vorschriften betreffen Arbeiten jeder Art, nicht nur die gewerblichen, z. B. auch die Arbeiten der Landwirthschaft und des Gartenbaus, sie verbieten nicht nur die Be schäftigung von Gehilfen und Arbeitern, sondern die Arbeit an Sonn- und Feiertagen überhaupt. In Preussen hat nicht die Staatsgesetzgebung selber die Sonntagsheiligung für den ganzen Staat gleichmässig geregelt, sondern es ist jedem Regierungspräsidenten die Befugniss ertheilt, die für seinen Regierungsbezirk nothwendig und angemessen erscheinenden Verordnungen zu erlassen. Hiervon ist überall Gebrauch gemacht. Im Jahre 1892 hat der Minister für Handel und Gewerbe den Entwurf einer Polizei-Ver ordnung über die äussere Heilighaltung der Sonn- und Festtage veröffentlicht; die Regierungspräsidenten waren aber keineswegs verpflichtet, ihn als Polizei-Verordnug zu verkünden; der Entwurf sollte ihnen nur zur Richt schnur dienen und es werden daher die Verordnungen der einzelnen Regierungspräsidenten im allgemeinen wohl die gleichen Bestimmungen enthalten, im einzelnen aber, den Verhältnissen und Bedürfnissen der Bezirke entsprechend, von einander abweichen. (Der Entwurf ist im Jahrgang 1892 No 9 des Handelsblattes für den deutschen Gartenbau abgedruckt.) Verboten sind überall an Sonn- und Festtagen alle öffentlich bemerkbaren Arbeiten, sowie alle geräusch vollen Arbeiten in den Häusern und Betriebsstätten. Dazu gehören auch die gewöhnlichen Arbeiten der Feld bestellung, sowie alle Erd-Kultur und sonstigen Arbeiten in Feldern, Gärten, Weinbergen und Anpflanzungen. Von dem Verbote sind ausgeommen diejenigen Arbeiten, welche zur Fortsetzung des Landwirthschaftsbetriebes, also auch des Gartenbaues, erforderlich sind und keinen Auf schub erleiden (z. B. Spargelstechen). Gewerbliche Arbeiter dürfen nach § 105b. der Gewerbe-Ordnung an Sonn- und Festtagen überhaupt nicht beschäftigt werden. Die ihnen zu gewährende Ruhe muss mindestens für jeden Sonn- und Festtag 24 Stunden dauern, für 2 aufeinander folgende Sonn- und Festtage 36 Stunden und für das Weihnachts-, Oster- und Pfingstfest 48 Stunden; die Ruhezeit ist von 12 Uhr Nachts zu rechnen und muss bei 2 aufeinander folgenden Sonn- und Festtagen bis 6 Uhr Abends des zweiten Tages dauern. Durch Verfügung der höheren Verwaltungsbehörde — in Preussen des Regierungspräsidenten — können Aus nahmen für solche Gewerbe zugelassen werden, deren voll ständige oder theilweise Ausübung an Sonn- und Festtagen zur Befriedigung täglicher oder an diesen Tagen besonders hervortretender Bedürfnisse der Bevölkerung erforderlich ist — doch sind die Gewerbetreibenden verpflichtet, dem Arbeiter, sofern die Sonntagsarbeit länger als 3 Stunden dauert, entweder an jedem dritten Sonntag netto 16 Stunden, oder an jedem zweiten Sonntag mindestens in der Zeit von 6 Uhr Morgens bis 6 Uhr Abends von der Arbeit frei zu lassen. Von dieser Befugniss machen die Verwaltungs behörden vielfach Gebrauch, und gestatten auch den Blumenbindereien, ihre Gehilfen zu beschäftigen undKränze, Blumengewinde auszutragen. Für das Handelsgewerbe sind im § 105b. der Gewerbe ordnung besondere Bestimmungen erlassen. Danach dürfen Gehilfen, Lehrlinge und Arbeiter am ersten Weihnachts-, Oster- und Pfingstage überhaupt nicht, im Uebrigen nicht länger als 5 Stunden beschäftigt Werden. Für die letzten 4 Wochen vor Weihnachten, sowie für einzelne Sonn- und Festtage, an welchen örtliche Verhältnisse einen er-