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No. 40. Berlin, den 4. Oktober 1900. XV. Jahrgang. Eigenthum des Verbandes der Handelsgärtner Deutschlands, Organ des Gartenbau-Verbandes für das Königreich Sachsen, herausgegeben unter Mitwirkung der hervorragendsten Fachmänner des In- und Auslandes. Das „Handelsblatt für den deutschen Gartenbau etc.“ erscheint am Donnerstag jeder Woche. Abonnementspreis für Nicht-Verbandsmitglieder in Deutschland u. Oesterreich-Ungarn pr. Jahrgang 8 M. 60 Pf., für das übrige Ausland IO M., für Verbandsmitglieder kostenlos. Verantwortlicher Redakteur: F. Johs. Beckmann in Steglitz-Berlin. Verlag: Verband der Handelsgärtner Deutschlands, eingetragen auf Seite 179, Band IV, des Genossenschaftsregisters des Königl. Amtsgerichts zu Leipzig Zur gewerblichen Stellung der Handels gärtnerei. In süddeutschen Zeitungen finden wir vielfach in der letzten Zeit folgende Notiz: „Da eine gleichmässige Behandlung der Gärtner in Bezug auf die Durchführung des Gesetzes vom 26. Juli 1897, die Abänderung der Gewerbeordnung betreffend, wünschens- werth erscheint, hat sich die badische Regierung mit den Regierungen der grösseren Bundesstaaten ins Benehmen gesetzt und dieselben um eine Aeusserung über ihre Stellung ersucht. Nach dem Ergebniss dieser Umfragen besteht nun unter diesen Regierungen volles Einverständniss darüber, dass die Gärtner nicht als Hand werker imSinne des genannten Gesetzes anzusehen sind, sowie ferner auch darüber, dass die Frage, ob dieselben als Gewerbetreibende überhaupt an gesehen werden können, nicht allgemein, sondern nur von Fall zu Fall entschieden werden kann. In letzterer Be ziehung muss nämlich berücksichtigt werden, dass nach der Begründung zu der Gewerbeordnung die Vorschriften dieses Gesetzes auf den Gartenbau keine Anwendung finden, und dass demnach Gärtnereien, jedenfalls soweit sie sich in der Hauptsache auf die Produktion und den Verkauf selbstgezogener Blumen, Sträucher und sonstiger gärtnerischer Erzeugnisse beschränken, nicht als Gewerbe treibende im engeren Sinne, sondern als landwirthschaft- liehe Betriebe zu betrachten sind. Andererseits ist aber auch anzuerkennen, dass ein Gewerbebetrieb im Sinne der Gewerbeordnung dann vorliegt, wenn die feilgebotenen gärtnerischen Erzeugnisse nicht selbst gewonnen sind, oder wenn der Vertrieb in einer offenen Verkaufsstelle stattfindet oder wenn die Produkte, wie dies insbesondere in Kranz- und Blumenbindereien geschieht, für den Verkauf bearbeitet werden. Die eine oder andere dieser Voraussetzungen wird bezüglich der sogenannten Kunst- und Handelsgärtnereien durchweg zutreffen, und es werden diese auch in der Regel als Gewerbebetriebe anzusehen sein. Nach dieser Auffassung steht den Kunst- und Handelsgärtnern zweifels ohne die Befugniss zur Bildung freier Innungen nach § 81 ff. der Gewerbeordnung zu, während die Anordnung von Zwangsinnungen nicht als zulässig erscheint“. Der erste Absatz stimmt durchaus mit der Stellung überein, die wir von jeher zu der Angelegenheit einge nommen haben, dagegen steht der zweite Absatz im Wider spruch zu dem Vorhergesagten und ist die in demselben ausgesprochene Auffassung grundfalsch. Die sogenannten „Kunst- und Handelsgärtnereien“ sind eben in der grossen Mehrzahl solche Betriebe, die sich in der Hauptsache auf die Produktion und den Verkauf selbstge zogener Blumen, Sträucher und sonstiger gärt nerischer Erzeugnisse beschränken und sind dem nach nach den obigen Ausführungen nicht als Gewerbe-, sondern als landwirthschaftliche Betriebe zu betrachten. Da aber, wie wir schon wiederholt ausgeführt haben, nur solche Gewerbe, welche der Gewerbegesetzgebung unterstehen, Innungen bilden können, kann auch die „Kunst- und Handelsgärtnerei“, da die Voraussetzung für die Innungsbildung bei dieser eben nicht zutrifit, keine Innungen, selbst nicht einmal „freie“ bilden. Dass bei der unglücklichen Fassung der Steuergesetze, die durch die Steuerbehörden gefundenen Merkmale der „Kunst- und Handelsgärtnerei“ in vielen Fällen den Be sitzer mit der Gewerbesteuer beglücken, ändert hieran nichts, da es u. A. auch in der kürzlich veröffentlichten amtlichen Erklärung der Württembergischen Zentralstelle für Handel und Gewerbe heisst: Der Umstand, dass Kunst- und Handelsgärtnereien zur Gewerbesteuer herangezogen werden, spricht nicht ohne weiteres dafür, dass es sich bei solchen Betrieben um Handwerksbetriebe handelt, da kaum festzustellen sein wird, in welchem Umfang bei dieser Steuer das Handelsgewerbe und der gärtnerische Be rieb zur Berücksichtigung gelangen, jedenfalls aber int den meisten Fällen das Handelsgewerbe im Vordergrund stehen wird.