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No. 25. Berlin, den 21. Juni 1900. XV. Jahrgang. Eigenthum des Verbandes der Handelsgärtner Deutschlands, Organ des Gartenbau-Verbandes für das Königreich Sachsen, herausgegeben unter Mitwirkung der hervorragendsten Fachmänner des In- und Auslandes. Das „Handelsblatt für den deutschen Gartenbau etc.“ erscheint am Donnerstag jeder Woche. Abonnementspreis für Nicht-Verbandsmitglieder in Deutschland u. Oesterreich-Ungarn pr. Jahrgang SM. 50 Pf., für das übrige Ausland IO M., für Verbandsmitglieder kostenlos. Verantwortlicher Redakteur: F. Johs. Beckmann in Steglitz-Berlin. Verlag: Verband der Handelsgärtner Deutschlands, eingetragen auf Seite 179, Band IV, des Genossenschaftsregisters des Königl. Amtsgerichts zu Leipzig. Wir bitten unsere Mitglieder um möglichst schnelle Mittheilung jeder für unsere Zeitung wichtigen Notiz über Tagesereignisse, Personalien, Vereinswesen u. s. w. Die für die Veröffentlichung im Handelsblatte geeigneten Artikel werden honorirt. Die gärtnerischen Verhältnisse nach dem neuen Bürgerlichen Gesetzbuch. Von W. Hartwich, Rechtsanwalt in Berlin. (Fortsetzung.; 1. Vertiefung: Niemand darf sein Grundstück der art vertiefen, dass dem Boden des Nachbargrundstücks die erforderliche Stütze fehlt; wer sein Grundstück so stark abtragen lassen will, muss für eine genügende anderweitige Befestigung des Nachbargrundstücks, etwa durch eine Futtermauer, sorgen. Unterlässt er es, so kann der- be drohte Nachbar die weitere Abtragung des Grundstücks durch Klage, sowie durch Einwirkung einer einstweiligen Verfügung hindern. 2. Bäume : Ein Baum ist Eigenthum desjenigen Be sitzers, auf dessen Grund und Boden der Stamm aus der Erde tritt Treten die Wurzeln und die Zweige nicht über die Grenze, so hat der Nachbar gegen den Eigen thümer des Baumes keinerlei Rechte, mag auch der Schatten, den die Zweige und Blätter werfen, das Wachsthum seiner Pflanzen noch so sehr beeinträchtigen. Erstrecken sich aber die Zweige oder die Wurzeln über die Grenze, so kann der Nachbar verlangen, dass der Eigenthümer des Baumes die Zweige und die Wurzeln entfernt und kann ihn durch Klage zur Wegnahme derselben zwingen. Ihm steht noch ein weiteres Recht zu; er kann nämlich die Wurzeln und Zweige, welche auf sein Grundstück hinüber ragen, selber beseitigen und zwar die Wurzeln ohne Weiteres, die Zweige aber nur, nachdem er dem Baum- eigenthümer eine angemessene Frist zur Beseitigung be stimmt hat, die Beseitigung aber innerhalb der Frist nicht erfolgt ist. Die Kosten muss in diesem Falle der Nach bar selbst tragen, der die Wurzeln oder Zweige ab schneiden lässt, nicht der Baumeigenthümer; dafür darf aber der Nachbar die von ihm abgeschnittenen Stücke behalten. Das Recht, hinüberragende Zweige und Wurzeln selbst zu beseitigen, steht dem Nachbar dann nicht zu, wenn die Zweige oder Wurzeln die Benutzung seines Grundstücks nicht beeinträchtigen. Die Früchte eines Baumes gehören dem Eigenthümer des Baumes; wenn sie aber auf das Nachbargrundstück fallen, sei es durch die eigene Schwere, oder durch den Wind getrieben, oder beim Abernten hinübergeschüttelt, so gehören sie dem Nachbar; der Baumeigenthümer darf sie vom Nachbargrundstück nicht hinüberholen, er würde damit einen Diebstahl begehen. Dass der Nachbar nichts dazu thun darf, dass die noch am Baum hängenden Früchte auf sein Grundstück fallen, ist selbstverständlich; sollte er irgend eine Thätigkeit ausgeübt haben, um das Hinüber fallen auf sein Grundstück zu erwirken, so hat er kein Recht auf die Früchte. Die ohne Zuthun des Nachbars auf sein Grundstück fallenden Früchte gehören ihm auch dann, wenn sie nicht an hinüberragenden Zweigen ge hangen haben. Ist das Grundstück, auf das die Früchte fallen, ver pachtet, so gehören sie dem Pächter’ — nicht dem Grund eigenthümer. Dient das Grundstück, auf das die Früchte fallen, dem öffentlichen Gebrauch, so bleiben sie Eigenthum des Baumeigenthümers; wenn also z. B. die Früchte über die Mauer auf einen öffentlichen Weg oder Platz fallen, so kann der Baumeigenthümer sie einsammeln. Es muss jedoch hervorgehoben werden, dass die früheren 1 a n d e s gesetzlichen Vorschriften, welche bezüglich der auf der Grenze oder auf dem Nachbargrundstück stehenden Obst bäume abweichende Bestimmungen treffen, in Geltung geblieben sind. Nach der Ansicht eines be rühmten Rechtslehrers soll z. B. folgende Bestimmung des preussischen Landrechts noch jetzt Geltung haben: Duldet ein Eigenthümer die über seine Grenze hinüberragenden Zweige eines auf dem Nachbargrundstück stehenden Obst-