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No. 23. Berlin, 1. Dezember 1894. IX. Jahrgang. Eigenthum des Verbandes der Handelsgärtner Deutschlands, Organ des Gartenbau-Verbandes fiir das Königreich Sachsen, herausgegeben unter Mitwirkung der hervorragendsten Fachmänner des In- und Auslandes. Das „Handelsblatt für den deutschen Gartenbau etc.“ erscheint am i. und 15. jeden Monats. Abonnementspreis für Nicht- Verbandsmitglieder pro Jahrgang 7 Mk. 50 Pf.; für Verbandsmitglieder kostenlos. Redaktion: C. Junge, Steglitz-Berlin, Geschäftsführer des Verbandes der Handels gärtner Deutschlands. Verlag: Verband der Handelsgärtner Deutschlands, eingetragen auf Seite 179, Band VI, des Genossenschaftsregisters des Kgl. Amtsgerichts zu Leipzig. Der Rechenstift in der Gärtnerei. Im Auftrage des Verbandes wird gegenwärtig eine Anleitung zur Buchführung bearbeitet. Die regelrechte Führung der Bücher, die klare Nachweisung der Ausgaben und Einnahmen und des verbleibenden jährlichen Rein gewinnes ist ja von grosser Wichtigkeit für den vortheil haften Betrieb. Ich glaube aber nicht, dass es möglich sein wird, in kleineren Gärtnereien mit gemischten Kulturen die Rentabilität jeder einzelnen Kultur an der Hand der Buchführung zahlenmässig nachzuweisen. Ich meine, das kann auch nicht die Hauptaufgabe der Buchführung sein, wenn nicht endlose und schwierige Schreibereien verursacht werden sollen. — Schreibereien, die zeitraubend und deshalb kostspielig sind, — dann muss sich die Buch führung der kleineren und mittleren Gärtnerei damit begnügen, die Rentabilität des Gesammtbetriebes zu ermitteln. Ja, wie sollen wir aber ermitteln, was uns die einzelnen Kulturen einbringen, welche Zweige an der guten Rente betheiligt sind und bei welchen Kulturen wir Geld zu setzen? Da wird es nur einen Weg geben: den Rechen stift zur Hand nehmen und dann einen Ueberschlag machen. Die Kosten der einzelnen Kultur aufschreiben, aber auch alle Kosten, und die Gesammtkosten von den Einnahmen absetzen. Die schlechte Rentabilität der Gärtnereien ist gar häufig darauf zurückzuführen, dass zu wenig gerechnet wird. — Wenn in jedem Jahre so und so viel junge Anfänger ihren Betrieb einstellen, andere unter den traurigsten Verhältnissen sich durchdrücken, so mögen manche von ihnen eine ganz geordnete Buch führung haben, aber keiner hat es verstanden, den Rechenstift richtig zu führen. — Das Rechnen ist zunächst erforderlich zur Bestimmung des Preises. Wie wird denn gewöhnlich der Preis bestimmt? Es wird in den Preislisten und Anzeigen nachgesehen, was die Waare kostet und dann stellt man seinen eigenen Preis um einige Pfennige niedriger. Ob nun dieser Preis weniger oder mehr beträgt als die Selbstkosten, das wissen die Wenigsten, weil überhaupt nicht einmal der Versuch gemacht wird die Selbstkosten zu berechnen. Es soll nun zugegeben werden, dass der Preis einer Waare nicht immer nach den Selbstkosten sich richten kann. Er wird bedingt durch Angebot und Nachfrage. Der Preis muss sich nach den jeweiligen Konjunkturen richten. Aber es ist doch sehr viel werth, wenn man immer genau weiss, hier verdiene ich etwas und hier habe ich selbst mehr Unkosten; die Kulturen, bei denen fortwährend Geld zugesetzt wird — und es giebt solche —, die lässt man doch am liebsten eingehen. Es giebt nun Leute, die es meisterhaft verstehen, bei einer Kultur einen hohen Gewinn herauszurechnen. Wenn man aber dann das Rechenexempel ansieht, dann stimmt es nicht. Das ganze Kalkuliren hat natürlich gar keinen Werth, wenn die Zahlen, die man annimmt, nicht der Wirklichkeit entsprechen. Hier nur ein Beispiel: Ein Landwirth, der Gemüsefeldkultur im Grossen betreibt, rechnete mir vor, dass ihm der Morgen Bohnen 215 M. jährlich Reinertrag bringe, der Morgen Erbsen 300 M., Spargel 600 M. und so fort. Mir wollte das garnicht recht glaubhaft erscheinen, denn so musterhaft standen doch die Kulturen gerade nicht. Als ich auf die Sache näher einging, erfuhr ich denn, dass die angegebenen Erträge eigentlich die Bruttoerträge waren, denn die Unkosten waren viel zu wenig abgesetzt. Die Ernte- und Pflückekosten waren nicht gerechnet. Die Bodenrente war nicht in Anschlag gebracht. Der massenhaft ver wendete Dünger bei den Spargelanlagen, der Ernteausfall in den beiden ersten Jahren kam nicht zur Geltung; kurz, die Berechnung war eine grundfalsche, das waren nicht Reinerträge, sondern willkürlich angenommene Ertrags zahlen, die für die Rentabilitätsberechnung ohne Werth waren. Eine Rentabilitätsberechnung, die in der Art der Zahlenaufstellung meinen Beifall hat, fand ich kürzlich in der kleinen Schrift von H Jungclaussen in Frank furt a. 0., 200—500 M. jährlich Reinertrag vom Morgen Land durch Rhabarberkultur: