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Handelsblatt für den deutschen Gartenbau etc. No. 2 Fast in allen diesen vergleichenden Versuchen hat sich W. B. am besten bewährt und merkwürdiger Weise A. G. besser als W. G. Die Marke A. G. wurde auch im Garten als Rasen dünger verwendet (50 g pro Dm). Es kam jedoch in Folge des heissen Sommers und des dadurch hervorge rufenen Wassermangels, indem das gedüngte Stück nicht nach Vorschrift gewässert werden konnte, ein gutes Resultat nur in sofern zur Geltung, als das gedüngte Stück immerhin besser aussah, als die dürren nicht gedüngten Rasenflächen. E. R. Seeligmüller, Kgl. Obergärtner. * Ueber Obstbaum-Düngung. In No 21 u. 22 des Handelsblattes brachten wir den Vortrag, welcher Herr Öconomierath Göthe-Geisenheim auf der Homologen- Versammlung inBreslau gehalten hatte. Herr Chemiker Lierke-Stassfurt war leider verhindert nach Breslau zu kommen und dort über dasselbe Thema zu sprechen. Bei der grossen Wichtigkeit der Sache bringen wir deshalb unseren Lesern den Abdruck eines Vortrages, welchen Herr Lierke in der Obst und Weinbauabtheilung der deutschen Landwirth- Schaftsgesellschaft in München am 10. Juni 1893 über Obstbaum-Düngung- gehalten hat und welcher in No. 12 der Mittheilungen der deutschen Landwirthschaftsgesellschaft veröffentlicht ist. Von anderer Seite wurde bereits auf die Wichtigkeit der Düngung für den gesammten Obstbau hingewiesen, so dass ich mich bei der nur knapp bemessenen Zeit auf einige wichtige Düngungsfragen beschränken kann. Die wissenschaftlichen Grundlagen, wie solche bei den landwirthschaftlichen Hauptkulturen in den umfangreichen wissenschaftlichen Forschungen und zahlreichen praktischen Versuchen vorhanden sind, bieten uns wohl einige Anhalts punkte, aber sie sind mit Rücksicht auf die abweichenden Wachsthumsverhältnisse nicht ohne weiteres auf den Obst bau zu übertragen. Die für den Obstbaum in Betracht kommenden Düngungsfragen sind wohl deshalb nicht ge nügend gelöst, weil es ungemein schwierig ist, mit dem erst nach längeren Jahren tragbar werdenden Obstbaum eben solche exakten Versuche auszuführen, wie mit den meist schon in einem oder zwei Sommern zur vollen Ent wicklung gelangenden Gewächsen (Getreide, Kartoffeln, Klee). Der Obstbaum braucht die gleichen Nährstoffe wie alle anderen Gewächse, und haben wir aus der grossen Zahl nur drei, Stickstoff, Kali und Phosphorsäure zu berücksichtigen, unter gewissen Verhältnissen kommt noch der Kalk hinzu. Wenn auch nur einer dieser Nährstoffe gänzlich fehlt, so kann der Baum nicht gedeihen. In Wirklichkeit kommt dies jedoch nicht vor, denn der Boden giebt niemals seine Nährstoffe bis auf den letzten Rest her. Der Obstbaum hat, wie keine andere Pflanze, ein sehr ausgebreitetes Wurzelvermögen, welches ihm ermöglicht, auch auf armem Boden ohne Düngung fortzukommen, in dem die zahlreichen Wurzeln den geringen Nährstoffvorrath auszunützen vermögen. Ein Ackerstück, dessen obere Bodenschicht die Feldgewächse derart ausgesogen haben, dass sie keine lohnenden Ernten mehr bringen, wird mit Obstbäumen bepflanzt, welche nun in den tiefen Schichten ihre Nahrung so lange suchen, bis auch diese ausgeraubt sind. Die Zeichen der Bodenerschöpfung machen sich bei den Bäumen nicht so schnell bemerkbar, aber der Unterschied des gut gedüngten Baumes gegen den hunger leidenden ist doch auffallend genug, jedenfalls lässt Trieb, Fruchtbarkeit und Gesundheit sehr viel zu wünschen übrig, wie auch der Baum frühzeitig abstirbt. Gegen die Boden erschöpfung wird vielfach ein Wechsel in der Obstart empfohlen. Es hat dies ja etwas für sich, indem z. B. flacherwurzelndes Steinobst dort noch Nahrung findet, wo das tiefergehende Kernobst nicht mehr fortkommt oder umgekehrt. Indessen wird dadurch der Zustand des Bodens nichtgebessert und tritt dann schliesslich völlige Erschöpfung oder Obstbaum-Müdigkeit ein. Um nun wieder Obst bäume zu setzen, werden grosse Pflanzgruben ausgeworfen, welche mit frischem möglichst gutem Boden ausgefüllt werden. Abgesehen davon, dass nicht Jeder so grosse Mengen Erde beschaffen kann, wird dies Verfahren viel zu kostspielig und kaum von dem gewünschten Erfolg begleitet sein, da die Wurzeln sehr bald wieder in den ausgesogenen Boden kommen. Bodenerschöpfung ist eben gleich Nahrungsmangel und diesen können wir nicht durch Zuführung des besten Bodens ausgleichen, es müssen eben Nährstoffe in reichlicher, leicht aufnehmbarer Form zugeführt werden. Da nun Kali und Phosphorsäure vom Oberboden festgehalten werden, so müssen wir durch möglichst tiefe Unterbringung dieser beiden Nährstoffe dafür sorgen, dass die Wurzeln auch in den tieferen Schichten daran keinen Mangel leiden; wo es erforderlich ist, giebt man gleichzeitig eine entsprechende Kalkgabe. Grosse Mengen Stallmist oder Kompost in die Tiefe zu bringen, ist eine Verschwendung, weil dieselben dort nicht zur Wirkung kommen. Man wird daher auf erschöpftem Boden durch tiefe Bearbeitung und Zufuhr von Kali, Phorsphorsäure und unter Umständen auch Kalk die Bodenerschöpfung rasch und billig beseitigen und ist es dann nur nöthig, dass man in die Pflanzlöcher verrotteten Stallmist, Torflatrine oder guten abgelagerten Kompost*) bringt und mit der übrigen Erde durcheinander mischt. In derselben Weise sollte man bei Neupflanzungen über haupt vorgehen, man erreicht dadurch im ersten Jahre ein gutes Anwurzeln — dessen Vorzüge ich nicht erst hervor zuheben brauche — die weitergehenden Wurzeln finden aber später genügend mineralische Nahrung in den reichlich gedüngten tieferen Schichten, es ist daher auf armem Boden oder je nach Obstart in den ersten zwei bis drei Jahren nur Zugabe von Stickstoff erforderlich und wird erst nach dieser Zeit die Kali-Phosphatdüngung wiederholt. Es ist hier nicht der Ort, auf die vielen in den Obst bau-Schriften aufgestellten Ansichten über den Einfluss der einzelnen Nährstoffe näher einzugehen, besonders da die selben mit den wissenschaftlichen Forschungen bei anderen Gewächsen nicht übereinstimmen und auch für den Obst bau eben so wenig zutreffen dürften. Durch einseitige Ernährung können wir sowohl den Holztrieb als auch den Fruchtansatz besonders beeinflussen. Ein Uebermaass von Stickstoff neben reichem Kalivorrath wirkt auf den Holz trieb, und der Fruchtertrag geht — wenigstens bei jungen Bäumen — zurück. Geben wir dagegen nur Kali und Phosphorsäure, so erreichen wir einen grösseren Frucht ertrag, der Trieb hingegen bleibt schwach und auch die Frucht kann bei dauerndem Stickstoffhunger nicht zur vollen Entwicklung kommen. Indessen dürften wir der artige Einflüsse nur unter ganz besonderen Verhältnissen beobachten, es kommt dabei eben sehr viel auf die Boden beschaffenheit und den Wasservorrath an. Sodann müssen wir das Verhalten der einzelnen Obst arten berücksichtigen. So gedeiht z. B. der auf Wildling veredelte Birnbaum auf kalkarmem Boden, wo der Apfelbaum und Quittenveredelungen überhaupt nicht lange gesund bleiben. Der Apfelbaum ist mit einem ge ringeren Kali- und namentlich Stickstoffvorrath zufrieden, der Birnbaum hingegen macht darin grössere *) Wer solche nicht gleich und ausreichend zur Hand hat, kann Torfmull mit Erde — am besten humusreiche —, Strassen - Kehricht u. dergl. mischen und auf den cbm derselben 25—30 Liter Latrine oder in Ermangelung dieser 10 kg Hornmehl, 5 kg Chlorkalium und 3 kg Superphosphat oder Knochenmehl zusetzen. Der Torfmull hat bei den Geisenheimer Versuchen besonders günstig gewirkt.