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No. 5. Berlin, den 2. Februar 1899. XIV. Jahrgang. Eigenthum des Verbandes der Handelsgärtner Deutschlands, Organ des Gartenbau-Verbandes für das Königreich Sachsen, herausgegeben unter Mitwirkung der hervorragendsten Fachmänner des In- und Auslandes. Das „Handelsblatt für den deutschen Gartenbau etc." erscheint am Donnerstag jeder Woche. Abonnementspreis für Nicht-Verbandsmitglieder in Deutschland u. Oesterreich-Ungarn pr.Jahrgang8M.50 Pf., für das übrige Ausland IO M., für Verbandsmitglieder kostenlos. Verantwortlich: F. Nevermann, Steglitz-Berlin, Geschäftsführer des Verbandes der Handelsgärtner Deutschlands. Redaktion: F. Johs. Beckmann, Steglitz-Berlin. Verlag: Verband der Handelsgärtner Deutschlands, eingetragen auf Seite 179, Band IV, des Genossenschaftsregisters des Königl. Amtsgerichts zu Leipzig Wir bitten unsere Mitglieder um möglichst schnelle Mittheilung jeder für unsere Zeitung wichtigen Notis über Tagesereignisse, Personalien, Vereinswesen u. s. w. Die für die Veröjfentlichung im Handelsblatte geeigneten Artikel werden honorirt. Einige Erlebnisse eines Orchideensammlers in den Tropen. .Vortrag gehalten in der Verbandsgruppe Coswig von Adolf A. Sachse in Burgstädtel. (Fortsetzung.) Den Fluss weiter verfolgend, bekommen wir nach und nach einzelne Negerdörfer zu Gesicht. Die Neger lieben bekanntlich die warmen Niederungen, während der Indianer in den Kordilleren fast stets zurückgezogen in den Gebirgen lebt. Sie leben meist sehr primitiv; Mais, Reis, Bananen, brauner Zucker, an der Sonne getrocknetes Fleisch, frische und gesalzene Fische, Yucca, sowie zu gewissen Zeiten Schildkröteneier sind ihre Nahrung. Von dieser dort Yucca genannten Pflanze gewinnen sie ihr Brod. Diese Pflanze, auch Manihot (Jüanihot utilissima) genannt, bildet in der Erde grosse längliche, mehlreiche Knollen, ähnlich denen der süssen Kartoffel (Batata edulis), welche auf sehr einfache Weise zu Brod verarbeitet werden. Ebenso wird Mais erst eingeweicht, dann zwischen ein Paar Steinen zerrieben und mit etwas Wasser angemacht zu Brod verbacken. Die Schildkröteneier haben fast die Grösse und den Geschmack eines Hühnereies, jedoch nur weiche Schale. Sie werden von den Mutterthieren am Ufer in den Sand gescharrt, um sie von der Sonne aus brüten zu lassen, wenn nicht ein pfiffiger Indianer oder Neger diesem Prozesse durch Plünderung des Nestes vorgreift. So primitiv wie ihre Lebensweise, ist auch die Bauart der Häuser der Einwohner. Man richtet sich dabei meist darnach, was die Umgegend ohne viel Mühe bietet. Baum stämme werden in die Erde gegraben, an welche dann zu beiden Seiten Schilfrohr oder Bambusrohr wagerecht an gebunden wird, die Zwischenräume werden dann in den heissesten Gegenden mit Palmenblättern ausgefüllt, in den kühleren Gebirgsregionen dagegen meist mit Schlamm. Das Dach ist ebenso einfach hergestellt; man benutzt dazu auch entweder Palmenblätter, Agavenblätter oder Gras, je nachdem, was die Umgebung am bequemsten bietet. Diese trägen Naturmenschen haben wenig Be dürfnisse, und das zum sonstigen Leben Nöthige bietet ihnen die tropische Natur auch ohne ihre Beihilfe. In einer Hängematte pflegen sie daher auch fleissig der Ruhe, rauchen dabei und scheinen mit ihrem Loos vollständig zufrieden zu sein. Auch das schöne Geschlecht liebt in den meisten Gegenden das Tabakrauchen sehr, namentlich lassen ältere Negerinnen selten die Cigarre ausgehen. Nach etwa 5—6 Tagen verlassen wir den Magdalenen- strom-Dampfer, um einen der Nebenflüsse an der rechten Seite, den Rio Sogamoso, nach dem Innern zu benutzen. Dies geschieht hier nur noch durch Kanoes, ausgehöhlte Baumstämme, von oft recht respektabler Grösse. Die Fortbewegung aufwärts in diesem wilden und gefährlichen Flusse wird durch Eingeborene bewerkstelligt, indem sie mit langen Stöcken das Boot am Ufer weiterstossen. Als Kleidung ist ihnen dabei ein breiter Hut meist ausreichend. Zum Schutz gegen Sonne und Regen bauen sie dem Reisenden ein Dach von Bananen- oder Strelitzien-Blättern, aber gegen unzählige lästige Insekten ist man leider schutzlos. Die Vegetation wird hier noch viel üppiger als zuvor, und bei jeder Biegung des wilden Flusses wechselt das grossartige Tropenpanorama. Schlingpflanzen der ver schiedensten Gattungen schlingen sich von Baum zu Baum, von Ast zu Ast. Der Urwald tritt überall bis dicht an die Flussufer heran, meist dieselben vollständig ver hüllend, und jene Lianen, indem sie Theile, oder ganze Bäume überziehen und dann vorhangartig theilweise bis auf die Wasserfläche herabfallen, zaubern dadurch die phantastischsten, immerwechselnden, grossartigsten Tropen bilder hervor. Den Hintergrund dazu bilden die sich über einander thürmenden blauen Ketten der Kordilleren in der Ferne.