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der Nutzen allgemein sein, und Jeder wird sich wohler be finden, als bei dem heute nöthigen Aufwand der persönlichen Agitation für den Existenzkampf. Dies ist noch ein Zukunfts bild. Aber was wir heute schon thun können, was Jeder für sich anstreben muss und für Jeden zur Nothwendigkeit wird der nicht versinken, nicht untergehen will im Kampf um’s Dasein, das ist: Musterhaftes pro duziren! Wo liegt die Ueberproduktion ? Im Mittelmässigen! Vorzügliche Waare hat noch immer sich bezahlt gemacht. Fragen wir nach schönen Culturpflanzen, so sind sie gewöhnlich sehr bald vergriffen. Es ist festgestellt, dass Liebhaber grosser, schöner Culturpflanzen noch genug vorhanden sind, aber in Deutsch land nicht genügend befriedigt werden können. Es ist ferner festgestellt, dass gute Schnittblumen in genügender Masse noch nicht produzirt werden, denn noch stellen Italien und Frankreich mit ihren durch ihren längeren Transport bei uns leider nur mumienhaft erscheinenden Erzeugnissen eine viel zu grosse Masse auf unseren Markt, die sofort entbehrlich wird, als wir leistungsfähiger werden. Wir wiederholen es nochmals, nicht in der Masse, sondern in der Güte des Ge botenen liegt der Gewinn. Fragen wir ferner nach den edleren Sorten Rosen, Obst, Gehölzen und Pflanzen, so ist auch da noch lange keine Ueberproduktion. Dieselbe liegt eben im Mittelmässigen! Wir dürfen uns durch das Massenangebot nicht irre führen lassen. Wer Gelegenheit hat, oft und viel praktisch einkaufen zu wollen, der wird wissen, wie viel das Annoncirte an Qualität zu wünschen übrig lässt, und ebenfalls, wie schnell gute Waare ver griffen ist. Um eine Branche herauszugreifen, nennen wir die Rosen. 0, du liebes Elend! Wo sollen die hin? Diese Frage ist jetzt im Oktober gar sehr am Platze. Aber auch hier haben wir einen Vorschlag, und ist die Sache gar nicht so schlimm, als wie sie aussieht. Prüfen wir vorerst die vorhandenen übermässigen Offerten auf ihren wahren Werth. Da müssen ja Milliarden Rosen vorhanden sein! Das sieht ganz darnach ans, aber wenn man gründlich hineinschaut, so wird ein anderes Bild zum Vorschein kommen. Massen — ja, aber was repräsentiren diese Massen ? Eine riesige Mittelmässig keit! Wie Mancher stellt ein Quantum als abgebbar in Aussicht, was in Wirklichkeit gar nicht vorhanden ist, und lassen wir uns Proben der Qualität senden, so sind, vorausgesetzt noch, dass es auch wirklich gewissenhafte Proben sind nach denen in Wirklichkeit geliefert werden kann, diese Proben vielfach keine wirkliche Primawaare. Wir kennen Firmen mit effectbereitenden Anpreisungen, deren Waare aber im Bezug auf Bewurzelung und Stärke nicht den wohl berechtigten Erwartungen entspricht. Gegen beweis ist, dass diejenigen Geschäfte, welche nur Prima waare erzeugen, bisher noch niemals überständige Waare gehabt haben, der Absatz sich wenigstens immer innerhalb zweier Saisons wieder regulirt hat. Prüfen wir ferner die Rosenangebote auf ihren Werth in Bezug auf richtige Be nennung und vorzügliche Auswahl der Sorten, da liegt erst recht viel im Argen. Wo haben wir heute 1) einen Rosen katalog, der die nun endlich festgestellten besten Rosen in Bezug auf ihren Werth und ihre eigenartige spezielle Verwendung aufführt und den Wust von entbehrlichen, mehr als mittelmässigen Sorten ausmerzen möchte ? Es giebt noch keinen, obgleich hierin schon von mehreren Seiten sehr lobenswerthe Anfänge gemacht sind. Fragen wir nach bestimmten, guten Mustersorten, so wird sehr oft die Frage offen bleiben, da gute Sorten in guter Waare noch nicht übrig geblieben sind. „Treibrosen“, vorzüglich „präparirt" etc., so lauten die Offerten; aber was muss Alles unter dieser Marke reisen! Wir wollen vom wirklichen Schwindel noch gar nicht sprechen. Ein weiteres Feld ist für Rosen noch heute vollständig unbebaut. Nämlich Schaupflanzen, ältere Pyramiden, gut formirt, 4— 6 jährig, sind garnicht vorhanden. Man glaube ja nicht, dass dies sich nicht verlohnen würde. Wir haben Leute genug, die gern das Doppelte und Drei fache für eine starke Rose zahlen würden, wo erstens die Gefahr eines Verlustes fast ausgeschlossen, zweitens ein sofortiger Ertrag in reichem, schönem Flor gewährleistet werden kann. Wir kennen eine Firma, welche für solche hohe Pyramiden ganz staunenswerthe Preise sich zahlen lässt und deren Bedarf an grossen Rosenpflanzen doch nicht gedeckt werden kann. Wir kennen aber auch Firmen, welche mit wunderschönen Abbildungen renommiren, und die Armen, welche solche schöne Pflanzen erwarten, mit einjährigen Pflanzen abspeisen. — Solch Verfahren schreckt die Lieb haber ab und entfremdet Viele der Kundschaft. Streng solid, gewissenhaft und prompt! Wer das auf seine Fahne geschrieben, hat wohl bis jetzt noch sein Geschäft gemacht. Beweis dafür ist, dass die wirklich soliden Firmen nicht zu Schleuderpreisen verkaufen und trotz dem Massenangebot vielfach genöthigt sind, ihren Bedarf noch ausserhalb der eignen Culturen zu decken. Eines sehr erspriesslichen Mittels zur Belebung des Absatzes wollen wir noch erwähnen, welches von einer W eltfirma im eigenen Interesse mit wesent lichem Erfolg angewendet wurde, und welches sich sehr allgemein anwenden lässt. Man setze sich (unter diesem „Man“ ver stehe ich die Produzenten eines Platzes) mit den städtischen Behörden in Verbindung und gebe ein Mustersortimen t (dies kann sich auch auf andere Artikel als wie Rosen be ziehen) frei zur Verfügung zur Bepflanzung gut gelegener öffentlicher Plätze, gewissermassen zurpermanentenAus- stellung; der Erfolg wird nicht ausbleiben, so lange die Mustersortimente auch wirklich Muster sind, nach denen geliefert wird. — Welch grosses Feld noch bei Schnittblumen offen ist, beweist sehr deutlich, dass bisher noch immer schon im November alle guten, soliden Produzenten fast nur regel mässige Abnehmer berücksichtigen können und die aus ländischen und die trocknen Blumen in den Vorrang treten. Ein Hauptmangel liegt bei dieser Branche in der noch viel fach bedauernswerthen Unkenntniss einer soliden, praktischen Verpackung, denn ganze Unmassen von Blumen gehen in Folge dessen verloren und im gleichen Verhältniss geben beabsichtigte Verbindungen auseinander und Mancher klagt über Unsicherheit der Kundschaft, der das Uebel besser bei sich, respective bei seiner mangelhaften Verpackung suchen sollte. Thatsache ist, dass von Dezember bis Februar die ausländischen Blumen dominiren, aber weniger in Folge deren Billigkeit, als in Folge der ungenügenden Produktion. Der Einwurf ungünstigen Klimas ist heute überwundener Standpunkt, zumal der Industrie so vorzügliche Hilfsmittel geboten sind, dass wir gewissermassen Frühling zu jeder Zeit, auch zu Weihnachten, haben können. Wir hatten Gelegenheit, zur Weihnachtszeit Gewächshäuser in einer Pracht und Blu menfülle zu sehen, dass einem das Herz im Leibe lachte. Die Preise für diese Pracht und Blumenfülle waren auch sehr anständig und von einem Druck der südlichen Blumenimpor- tation war nichts zu spüren, ebensowenig von einer Furcht, diese Pracht könne ungenutzt vergehen. Wir wollen nicht leugnen, dass trotzdem es Orte gab, wo der Blumenflor un genutzt vergehen musste, zum Leidwesen seines Besitzers, der nicht Mittel und Wege kannte, denselben richtig zu ver- werthen, ebenso gab es aber immer und wird es wieder Orte geben, wo der Bedarf absolut nicht aufzutreiben ist, weil die Bedürftigen ebensowenig Mittel und Wege kannten, die Quellen des Ueberflusses zu finden und auszunutzen. Hierzu nun im Allgemeinen kann und wird unser Verband ein Segen werden, indem er einestheils durch unser sich immer mehr zu einem Centralorgan herausbildenden Insertionsblatt, anderntheils durch sachgemässe Geschäfts führung in nicht zu langer Zeit eine Centralstelle werden dürfte, wo allzeit Auskunft über Angebot und Nachfrage in selbstloser Weise ertheilt werden kann, wo sich wird jedes Mitglied Raths erholen können in jeder geschäftlichen Noth. Ein nicht auf Nutzen für den Besitzer begründetes Insertions blatt, wie das des Verbandes, wird auch Gelegenheit werden, unser oben angedeutetes Ziel zur Regelung von Angebot und Nachfrage zu erreichen. Erstes Erforderniss ist es aber für Jeden von uns, dass wir zu diesem Ziele, was dem gesammn ten Berufe sowie jedem einzelnen Mitgliede zum Sege-