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— 3 — ös sich umzuschaun um Blumen für die arme, öde Zeit bis es wieder Frühling wird. Nicht Jeder hat schöne dichte Häuser mit moderner vorzüglicher Heizung. Manch Einer ist ja auch nur der Mittler zwischen Produzent und Laien, er bringt sein Leben damit hin, die Kinder Floras sorgfältig an Draht, an kalten schwarzen Draht zu fesseln und die Blumen zu „binden". Welch barbarischer Ausdruck'. sagen wir lieber „winden”, denn auch ein deutscher Dichter- Meister sagte: „Windet zum Kranze die goldenen Aehren." Wenn der Dichter unsere heutige Binderei gekannt, würde er um den passenden Ausdruck vielleicht ebenso verlegen gewesen sein, als wir. Denn die Blumen-„Confektionäre" sind ja keine Deutschen —‘ nach Stephan. Also Umschau wird gehalten um Blumen, die ein künst licher Sommer geschaffen, nachdem der echte dahingegangen im Kreise des Zeitlaufs, und alle Kinder seiner schönsten Tochter „Flora“ mitnahm. Wo werden wir jetzt die Veilchen, die Rosen, den köstlichen Flieder, die duftenden Maiblumen hernehmen? Die Offertenblätter her! da giebts Angebote genug; wollen wir uns vorläufig eine Probesendung kommen lassen, damit wir sehen, wie die Verpackung ist. — Unter 10 Bezugsquellen sind aber nachträglich gewiss die Hälfte, wo entweder, nachdem wir dringend, womöglich telegraphisch bestellten, die Sendung ausbleibt, im günstigsten Falle aber nur die Antwort eintrifft, „momentan vergriffen!“ Der „Moment“ zieht sich aber womöglich durch die ganze blumenarme Zeit hindurch; oder die Sendung kam derart zerschüttelt, zerdrückt oder gar erfroren an, dass wir diese Firma ein für allemal auf die Seite schieben müssen. Wei- Gelegenheit fand, solche unsichere, neue Lieferanten suchen zu müssen, wird die Wahrheit des oben Gesagten bestätigen können. Fangen wir mit der Königin der Blumen „der Rose“ an. Von den importirten, oft schon mit Draht gestützten Theas will ich nicht sprechen, da ich dies Geschäft am liebsten aus Deutschlands Gauen verbannt wissen möchte. Haben wir hier getriebene Rosen, so müssen wir schon beim Schneiden berücksichtigen, was daraus werden soll. Sollen die Blumen am Platze verbraucht werden, so dürfen sie sich ziemlich halb öffnen, sollen aber, nachdem sie ge schnitten, ich nehme an, langgeschnitten mit wenigstens 2 Blättern, mindestens 2 Stunden lang in frisches Wasser gestellt und an einem kühlen, dunkeln Ort aufbewahrt werden. Bei der Entwicklung der Blumen ist sehr wohl ein Unterschied zu machen in den Sorten; die dichtgefüllten dürfen etwas mehr aufgeblüht sein, als die halbgefüllten, welch’ letztere eigentlich schon geschnitten sein müssen, wenn die Spitze der Blumenblätter sich voneinander löst. Die zum Versandt bestimmten Blumen, welche 2 und mehr Tage bis zu ihrer muthmasslichen Verwendung unterwegs sind, müssen mehr geschlossen; die dichtgefüllten als sich eben erschliessende Knospe; die halbgefüllten, nachdem die Kelchblätter ganz zurückgeschlagen, die Knospe aber noch ganz geschlossen ist, geschnitten werden. Diejenigen Blumen, welche schon den nächsten Tag verbraucht werden, können gleich denen für den Platzverbrauch bestimmten entwickelt sein, weil sie in der Kiste sich bis dahin nicht weiter entwickeln. Die Jahreszeit ist hierbei wohl zu beachten; die im Februar und März zur Blüthe gebrachten werden sich selbstverständ lich auch beim Transport schneller entwickeln, als die im November bis Januar blühenden. Die Kisten nehme man nur flach, ca. 10 Cmtr. tief, da nicht mehr als höchstens 2 Schichten mit Vortheil gepackt werden können. Die Kiste wird zuerst mit Papier ausge schlagen und dann der Boden mit sauberem feuchten Moos gleichmässig belegt. Die geschnittenen Blumen werden jede einzeln in Seidenpapier eingewickelt und alsdann die Zweige so in die Kiste dicht und fest, schräg an einander gelegt, dass die Stiele in das Moos zu stehen kommen. Dabei vertheilt man gut und gleichmässig die längeren und kürzeren, damit eine möglichst gleichmässig feste Schiebt entsteht, denn eine Hauptsache ist bei allen Blumensendungen „fest und doch nicht gepresst“, also elastisch. Die Rosenschicht wird mit Papier abgedeckt und der Raum bis zum Deckel entweder mit weichem Moos oder Watte ausgefüllt. Zuletzt muss noch mals Papier übergebracht werden und wird stets das Prak tischste sein, wenn schon beim Ausschlagen der Kiste das Papier so gross zugeschnitten wurde, dass der überhängende Theil zum Schluss eingeschlagen werden kann. Bei Frost wetter muss die Kiste nach der ersten Papierlage mit Watte ausgeschlagen und nochmals mit Papier ausgelegt werden, dann wie oben. Bei starkem Frost müssen dop pelte Kisten genommen werden und der Zwischenraum mit einigen Papierlagen und Watte, oder Sägespänen oder Kleie ausgefüllt sein. Dass das Vernageln und Verschnüren mit Sorgfalt zu geschehen hat und die Kisten, wenn auch so leicht als möglich, doch fest genug sein müssen, dass die Nägel sicher fassen und die Kiste das rücksichtslose Herum werfen auf der Post vertragen kann, ohne zerdrückt zu werden, ist selbstverständlich. Von der Verwendung von Körben und Schachteln ist möglichst abzurathen und dürfte dieselbe nur bei mildem Wetter und kurzen Entfernungen zulässig sein. — Die Concurrentin der Rose, die Camellie bedarf etwas weniger Umstände. Hauptsächlich beachte man, dass mög lichst nicht ganz geöffnete Blumen zur Versendung genom men werden, denn erstens wird die Camellie, namentlich die weisse, bei der geringsten unzarten Berührung rost fleckig und halb werthlos, zweitens ist die Verpackung der halboffenen viel einfacher und sicherer. Diese Blumen werden mit Wattestreifen von der Breite der Blumenhöhe umwickelt und dicht nebeneinander auf eine Wattenschicht gelegt. Die offenen Blumen erfordern mehr Aufmerksamkeit, indem zwischen eine jede Blume der Lage nach etwas Watte sorgfältig zwischengelegt werden muss, damit die verhältnissmässig schweren Blumen sich nicht verschieben und drücken können. Zu beachten ist ferner, dass direkt auf die Blumen stets die geleimte Seite der Wattentafel aufzuliegen kommt, weil sich sonst die Fasern leicht an hängen und dem, der sie auspackt viel unnöthige Mühe mit Abputzen verursachen. Wohl zu berücksichtigen ist ausserdem bei Versendung aller Blumen, dass dieselben niemals nass, weder mit dem Nachtthau noch Tropfen vom Spritzen etc. behaftet sein dürfen, da diese Feuchtigkeit fast immer Flecken verursacht. Maiblumen und Tulpen, ebenso Hyazinthen werden mit grösstem Vortheil mit den Zwiebeln und Wur zeln, aber sorgfältig von Erde befreit, versendet, da die Zwiebeln und Keime ja ohnehin meist als werthlos wegge worfen werden. Hauptsache bleibt aber hierbei, dass diese Blumen vorher wenigstens 2 Tage im kalten möglichst trocknen Raume abgehärtet wurden. Man legt nun auf einen Bogen starkes Papier von der Breite der Höhe der zu versendenden Pflanzen soweit die Blumen gehen, einen Streifen Watte, so breit als eben die Blumenglocken am Stengel sitzen. Darauf legt man dicht nebeneinander die Maiblumen oder Tulpen, vielleicht 20—25 für ein Paquet, belegt dieselben Blumen mit einem Streifen Seidenpapier und wiederum einer dünnen Schicht Watte. Hierauf wird die ganze Lage möglichst fest zusammengerollt, unten in der Mitte und oben mit Bast zugebunden. Hyazinthen werden in derselben Weise aber einzeln gepackt. Auf diese Weise versendete Zwiebeln lassen sich meist ohne Schaden wieder in Töpfe pflanzen, doch darf man beim Verkauf derselben nicht zu grosse Dauer versprechen. Flieder bedarf etwas grösserer Sorgfalt. Man bindet davon mit etwas altem Holz geschnittene. Stengel, nachdem dieselben vor der Verpackung einige Zeit im frischen Wasser gestanden und abgehärtet wurden 3—4 Stempel, je nach der Fülle der Trauben, zusammen in nasses Moos fest, bringt in der Kiste oben und unten ein Querleistchen an, woran diese Sträusschen befestigt und in der Mitte zwischen Watte und Seidenpapier möglichst dicht ineinander geschichtet werden. Man kann auch dieselbe Manier wie bei den Rosen anwenden, hat aber Sorge zu tragen, dass die Trauben so fest in einander geschichtet sind, dass ein Zusammen-