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7 zugleich beweisen, dass Fleiss, Energie und Intelligenz auch in der Gärtnerei immer noch ihren Lohn finden. Halten wir Umfrage in jenen Geschäften und wir werden hören, dass die Chefs derselben und die leitenden Beamten ihre Ausbildung, nach Erlangung einer tüchtigen Schulbil dung, gewöhnlich nicht in Gärtnerlehranstalten, sondern in anerkannt tüchtigen Geschäften ihrer Branche gesucht und gefunden haben, dass sie ihre Erfahrungen durch das Arbeiten in grossen in- und ausländischen Gärtnereien vergrösserten, dass die wenigen, welche in Lehranstalten verweilt haben, von den dort erworbenen Fertigkeiten nicht besonders erbaut sind, und ihre jetzige Stellung der dort genossenen Lehre, den vorgeführten Beispielen nicht zu verdanken haben. Das gilt aber nicht blos in Deutschland, sondern auch im Auslande und es darf wohl angenommen werden, dass, trotzdem unsere staatlichen und privaten Gärtner-Fabriken es vermochten, schon viele Tausende von „Gartenkünstlern“ und anderen hochgelehrten Häusern in die Welt zu setzen, nicht l°/o derselben es vermocht hat, die auf gewöhnliche Wege herangebildeten Gärtner zu verdrängen und durch bessere Leistungen die Gärtnerei zu heben, dagegen dürfte wohl zugegeben werden, dass ihre frühere Lage vielfach durch diese auf der Schnellbleiche hergestellten Kräfte ent schieden verschlechtert worden ist, und noch verschlech tert wird! Als Agitatoren, als Redner und in sonst bevorzugten Stellen mögen sie recht brauchbar sein, als Schaffer, als schneidige Handelsgärtner haben sich aber gar viele nicht bewährt. Mit welch mitleidigen Blicken wird solch ein „Garten künstler“ oder „Pomolog“ angesehen, wenn er im untadel haften Gesellschaftsanzuge mit Handschuh und Monocle um eine Stellung in einem derartig grossen Geschäftsbetriebe bittet, und gewöhnlich — abgewiesen wird. Und wird er wirk lich aufgenommen, wie wenig schmeckt ihm die Arbeit, wie komisch erscheint es ihm, wenn er schon früh 5 Uhr mit der Arbeit beginnen und erst spät in der Nacht aufhören soll, wie sehnt er sich bei den sengenden Sonnenstrahlen im Sommer, den Unwettern des Frühjahres, Herbstes und Winters zurück in den so gemüthlichen Lehrsaal, wo ibn der Herr Director, Inspector oder einer der Herren Fachlehrer ein führte in die Praxis der Gärtnerei. Wie wird er schamroth, wenn er sich vom Bauerjungen, welcher ein oder zwei Jahr lernte, zeigen lassen muss, wie man Länder und Beete umspatet, Mistbeete packt, Hoch stämme, Palmetten, Pyramiden, Kordons züchtet, schneidet, pallisiert, abkneipt, wie man die Stecklinge bereitet, Samen reinigt etc. Wohl ihm, wenn es seine hohe Meinung von seiner lieben eignen Person gestattet, nochmals praktisch zu lernen, dann kann er später wohl Tüchtiges leisten; begnügt er sich, in solchen Lehranstalten oder höchstens noch in Hofgärt nereien, botanischen- und Herrschaftsgärten thätig zu sein, dann glaube ich auch, dass er bei Uebernahme oder Grün dung einer Handelsgärtnerei die Organisation und die jetzigen Verhältnisse derselben mangelhaft finden wird, und dass für diese künftigen Berufsgenossen, äusser Zöllen, noch viel wirk samere Unterstützungen nothwendig sind, damit sie, durch die Früchte ihrer Leistungen erfolgreich bestehen können. Es verdient anerkannt zu werden, dass die Theorie, ver bunden mit der Praxis, Grosses zu leisten vermag, der Theore tiker aber ohne Praxis spielt eine gar traurige Rolle, wenn er mit Spaten und Messer sein Brot verdienen oder sich nützlich machen soll, j Es ist für diese Herren unangenehm, aber doch nun einmal nicht zu ändern, dass die gärtnerischen Arbeiten mit der Hand ausgeführt werden müssen, dass mit schönen Redensarten kein Baum gezogen, gepflanzt und formirt, keine Pflanze umgetopft, gezogen, gewaschen, gedüngt etc. werden kann, dass man äusser bei Tag auch vielfach bei Nacht auf den Beinen und sogar an Sonn- und Festtagen recht thätig sein muss. Wie würden dann wohl solch neu projectirte Staatsan stalten aussehen? Denken wir uns einige derselben, vorerst eine solche für Kunst- und Landschaftsgärtnerei, mit einigen Gewächshäusern und einen landschaftlich angelegten Garten als Unterrichtsmittel. In den Gewächshäusern müssten, soll die Ausbildung der Zöglinge eine möglichst umfassende werden, sollen sie sich Pflanzenkenntniss erwerben und das Nöthigste über die Behandlung der verschiedenen Schmuckpflanzen verstehen lernen, die verschiedenen Pflanzenarten mit ihren hauptsäch lichsten Species vertreten sein. Da nun aber bekanntlich fast all diese Pflanzengattungen andere Ansprüche an Wärme, Feuchtigkeit, Luft und Licht stellen, so ist es in grösseren und besseren Geschäften üblich, die verschiedenen Pflanzen familien oder doch die, welche fast die gleichen Ansprücl e machen, in besonderen Häusern zu ziehen, in welchen diesen Ansprüchen genügt werden kann, und so hat es sich aus der Praxis selbst herausgebildet, dass jeder Inhaber eines Geschäftes sich nur mit einer oder einigen dieser Familien beschäftigt, dass er Specialist geworden ist und auch nur als,solcher Grossartiges und Einträgliches leisten kann. Da nun nicht denkbar ist, dass in einem derartigen Staatsinstitute Häuser für die verschiedensten Pflanzen gattungen, z. B. Neuholländer-Pflanzen, Orchideen, Palmen, Farren, Ericen, Dracaenen etc. etc., und für die Treiberei von Camellien, Azaleen, Rosen, Maiblumen etc. vorhanden sein können, so würde es entweder geboten sein, sich eben falls auf eine Specialität zu legen (und wie sieht es dann mit den umfassenden Kenntnissen der Zöglinge aus?), oder all’ diese Pflanzengruppen in einigen wenigen Häusern zu vereinigen, um den Herren Zöglingen Pflanzen zu zeigen, wie sie nicht kultiviert werden- sollen, oder abschreckende Beispiele! Kann man in der Vermehrung Tüchtiges leisten, ohne Jahr ein Jahr aus zu vermehren ? glücklicherweise für die Gärtnerei-Inhaber nicht; keine Vorträge, keine Bücher, keine Zeitungen, keine Analyse der Pflanzen und der Erde, keine Pflanzengeograpbie etc. vermögen die nothwendigen Kenntnisse zu verschaffen, nur durch Vermehren wird man Vermehrer. Auch in solchen Anstalten kann vermehrt werden, höre ich entgegnen und das ist richtig, aber was soll aus den vermehrten Pflanzen werden? Nachdem alle Räume vollgepfropft sind, wird man, um Platz zu bekommen, die alten Vorräthe wegwerfen, verschenken oder verkaufen? Nach meinem Dafürhalten würde bald oder spät Letzteres stattfinden müssen, sonst sind diese Anstalten absolut nicht leistungsfähig, sie können ebensowenig als bisher die Früchte tragen, welche bei ihrer Gründung gehofft wurden. Wenn aber die Gärtnerei wegen Mangel an Absatz klagt, wenn bereits mehr Gärtner als nothwendig vorhanden sind, ist es dann angezeigt, durch die Vermehrung von Staatsan stalten deren Zahl noch zu vergrössern? Kann und darf der Staat, durch Errichtung von Han delsgärtnereien, den vollkommen leistungsfähigen Privat- und Handelsgärtnereien — aus Gründen, die nicht schwer zu errathen sind — eine nicht auszuhaltende Concurrenz machen ? Ich glaube es nicht, er ist zu gerecht, um das zu thun und auch zu klug, um Wünschen, welche gewöhnlich von uner fahrener, ununterrichteter oder egoistischer Seite laut werden, Gehör zu schenken. Was hilft es weiter, Vorlesungen über Landschaftsgärt nerei zu hören und recht schön buntgefärbte Pläne mit un ausführbaren Wegen und mangelhafter Gruppeneintheilung zeichnen zu lernen? Lässt sich das Ausstecken, Nivelliren, die Erdbewegungen, die Anpflanzung etc. im Lehrsaal oder in einem schon an gelegten Park erlernen? Kann man einen Plan zweckmässig entwerfen, ohne mit den Terrain-Verhältnissen vertraut zu sein. Oder ein Institut für Pomologie und Baumzucht. Die Pomologie, diese sogenannte Wissenschaft, welche sich in Deutschland grösstentheils zur pomologischen Systematik entwickelt hat, erscheint mir, wie ich das des Weiteren in den nächsten Nummern meiner Fachzeitschrift: „Der prak tische Obstbaumzüchter" ausführen werde, vollständig über-