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aber gerade in der Kunstgärtnerei nehmen auch sonst noch sehr viele Leute, die nichts gelernt haben und sich oft kaum über dem Niveau eines Gartenarbeiters im Wissen und Können zu halten vermögen, ihren intelligenten Berufsgenossen das Brod weg und hemmen damit auch mannigfach einen rationellen Gartenbaubetrieb und stil gerechte Landschaftsgärtnerei. Ich habe, wenn ich von solchen Leuten spreche, speziell jene Taglöhnermenschen im Auge, die bei den verschiedenen Herrschaften in Stadt und Land — meistens um bettelhaften Lohn — den Herrschaftsgärtner, Obergärtner und bisweilen sogar Hof gärtner spielen, in herrschaftlichen Gärten — als Surrogat für schlechten Lohn — Gemüse und Blumen etc. bauen und auf den Markt und in den Bekanntenkreisen ihrer Herrschaften absetzen dürfen, damit aber nothwendiger Weise den wirklichen Handels- und Gemüsegärtner, der Steuern und Abgaben zahlt und Grund und Boden erst kaufen musste, empfindlich schädigen und ausserdem weder aus dem ihnen von der Herrschaft anvertrauten Garten etwas Nennenswerthes zu gestalten, noch der Gartenkultur durch eigene Zuchtversuche oder der National- Ökonomie durch Ersparung an Importprodukten zu nützen vermögen. Wie kann aber ein Stand auf der Höhe der Zeit stehen, wenn dem intelligenten Arbeiter allenthalben der unwissende vorgezogen wird, rein nur, weil eben dieser — wenn auch blos scheinbar — billiger zu stehen kommt? Und wie schwer sündigen hierin so viele reiche Leute mit ihrer Knauserei nicht nur gegen guten Ge schmack in ihren eigenen Gärten und gegen die edle Kunst der Gärtnerei überhaupt, sondern auch gegen den Kulturaufschwung eines sehr bedeutenden Geschäfts zweiges jenes Landes, dem sie selbst angehören?! Dieser Vorwurf gegenüber den reichen Leuten, dass sehr viele von ihnen den ungenügend gebildeten Arbeiter — der Wohlfeilheit wegen — dem intelligenten Gärtner vorziehen, • ist selbst nicht manchen gemeindlichen Behörden und leider vielfach auch nicht dem Staate bezüglich seiner Parke, Anlagen, Unterrichts- und botanischen Gärten zu ersparen] Das fehlerhafte Sparsystem, mit schlechten Kräften zu hausen, ist allenthalben noch gang und gäbe und ist mit ein Hemmschuh gesunder Geschäftsentwickelung. Auch die Gartenbauvereine, so segenbringend gar manche von ihnen durch Kulturversuche, Ausstellungen und dergleichen im Lande sind, wirken doch vielfach noch nicht im Sinne fortschreitender Entwickelung innerhalb der Gartenbau kunst. Es genügt manchen von ihnen ein oberflächlicher Dilettantismus, der letzterer nichts nützt — ja es gibt sogar Vereine, die statt Flora’s Kinder selbst zu pflegen, dieselben einem Tagelöhner anvertrauen. Als ein Haupt hinderniss für ein gesundes, zeitgemässes Aufblühen des heimischen Gärtnereibetriebes in seinen verschiedenen Branchen betrachte ich endlich ganz entschieden die voll ständige Passivität, mit welcher sich der Staat der Gärtnerei gegenüber bislang verhalten hat, insofern er dieselbe einfach als ein Gewerbe gleich jedem anderen betrachtet, das sich selbst helfen soll, wenn es empor kommen wolle. (Bei Ausstellungen bewilligte Preise oder zur Hebung der Obstbaumzucht gewährte unscheinbare Geldbeiträge für Anpflanzung von Obstbäumen an Staatsstrassen können nicht als wirksame Beihilfe angesehen werden.) Es ist diese Passivität gewiss grundfalsch: die Gärtnerei ist in der Kette der Erwerbsarten eben kein gewöhnliches Glied, sondern bildet nach meiner Meinung einen ganz hervorragenden nationalökonomischen Faktor im Lande; wo es sich aber einmal wie bei ihr um rationelle Aus nützung des Grund und Bodens im grösseren Massstabe handeln soll, da muss doch gewiss auch das Interesse des Staates vorhanden sein. Wir können mit Fug und Recht einen schwunghaften Gartenbaubetrieb der Land- wirthschaft an die Seite stellen, noch viel mehr aber der Forstwirthschaft. Die Hebung der auch lange in Banden gelegenen Landwirthschaft hat sich der Staat in voller Würdigung ihres Werthes schon zur Aufgabe gemacht; er hat ihr mit Zollschranken, Schulen und dergl. kräftig unter die Arme gegriffen und weiss es gar wohl, dass der rationelle Landwirth mit zu den besten Förderern des Steuersäckels gehört und dass ein überaus wichtiger Faktor in der Nationalökonomie die bestmöglichste Bewirthschaftung des Grund und Bodens ist. Die früher so im Argen gelegene Forstwirthschaft ist des Staates Schosskind geworden. Um einen rationellen Forstbetrieb hat man sich früher kaum bekümmert, der Forstmann war Jäger, der Wald war ein schönes Jagd- Revier — und wenn Bauerngemeinden und Private ihre Waldparzellen zu Grunde richteten, so liess man es ruhig geschehen oder hielt dieselben nur desshalb zur Wieder- Aufforstung an, um die betreffenden Jagdbezirke nicht zu verschlechtern. Heute dagegen haben wir ausgezeich nete Forstschulen, —aus den rücksichtslosen Jägern von Einst sind feine, wissenschaftlich gebildete Forstbeamte geworden, — kein Stamm im Walde mehl’ verfault, kein noch nicht schlagbarer Baum wird mehr gefällt, der Umtriebs-Zyklus wird strenge eingehalten — und mit Millionen selbstgezogener Pflanzen wird stets wieder aufgeforstet. Edles Nutz- und Brennholz ist schwung hafter Exportartikel geworden, — der Ertrag des Grund und Bodens hat gleich wie bei der Landwirthschaft die richtige Würdigung gefunden. An Grund und Boden des Landes hängt nun aber auch die Gärtnerei in ihren verschiedenen Zweigen, und das Areal, das ihr zur Be nützung dient, ist ein gewaltig grosses und könnte gewiss ein noch weit grösseres sein, wenn die vielen, vielen Morgen Landes, die immer noch brach liegen, gärtnerisch kultivirt und rationell ausgenützt würden. Soll da der Staat kein Interesse daran haben, wie die Gärtner ihre Bodenbewirthschaftung betreiben und ob sie für den Konsum entsprechend produzieren oder aus Indolenz, Mangel an Unternehmungsgeist und Unkenntniss eines Grossbetriebes Millionen von Mark äusser Landes gehen lassen? Sollte es dem Staat nicht einleuchten, dass theoretisch und praktisch durchgebildete Gärtner so nützlich und noth wendig sind, wie gebildete Landleute und gebildete Forst männer? Sollte der Staat sich nicht zu der Anschauung entschliessen können, dass bei der Gärtnerei so wenig wie bei anderen Erwerbsberufen ein Meister vom Himmel fällt, dass aber mit einer nur gewerbsmässigen Lehrzeit hier nicht geholfen ist, sondern dass eben neben land- wirthschaftlichen und Forstschulen auch Gärtner-Lehr anstalten und zwar von Staatswegen oder mindestens unter entsprechender Staatsaufsicht und Subvention ge gründet werden sollen? Ich glaube, dass es nur eines entsprechenden Impulses von massgebender Seite bedarf und eingehender, auf die nöthigen Informationen gestützter Interpellation aus dem Kreise unserer hervorragenden Fachmänner und Gartenbauvereine — und der Staat kann und wird nicht taub sein gegenüber einer national ökonomischen Nothwendigkeit und wird auch hier thun, was er bei der Land- und Forstwirthschaft gethan. Man wende nicht ein, dass ja bereits Privat - Gärtner - Lehr anstalten bestünden und deshalb eine Staatshilfe nicht mehr geboten erscheine. Ja, es giebt solche Lehranstalten und es sind auch gewiss schon tüchtige Gärtner aus ihnen hervorgegangen: allein man verkenne nicht, dass sie daran kränkeln, Privatanstalten zu sein und desshalb im allgemeinen allzuwenig Einfluss auf den Bildungsgang des ganzen Standes haben oder auch zu wenig bekannt und besucht sind. Es fehlen ihnen Mittel und Ansehen staatlicher Lehranstalten; es fehlen ihnen auch hervor ragende Lehrkräfte, die ja eine staatliche Anstellung einer privaten vorziehen. Privat-Lehranstalten in ihren kleinen Wirkungskreisen vermögen für das grosse All gemeine nur in seltenen Fällen das zu erreichen, was Staatsanstalten ein leichtes ist, ganz abgesehen von der finanziellen Seite, die bei den meisten Eleven am schwersten ins Gewicht fällt. Eine Privat-Lehranstalt vermag, je tüchtiger ihre Lehrkräfte sind, um so weniger leicht