Volltext Seite (XML)
Nr. 18. Neukölln-Berlin, 5. Mai 1922, 37. Jahrgang. ill ihr Schaffen und Mühen umsonst on- ie jetzt ) ■ pu <. 25 orra R end im Jefia tea, 226SE205SE22055E226689E2D06S3[•22E2006022068E20(6SE2206S9020(6555 © ©5 piel, Jr.9 C 3 j 15 /o Verkündungsblatt der Gartenbau-Berufsgenossenschaft, Sitz Cassel, der Gärtnerkrankenkasse, Sitz Hamburg, des Gartenbau-Verbandes für den Freistaat Sachsen und der Vereinigung deutscher Nelkenzüchter. Bezugspreis für Deutschland und Deutsch-Oesterreich 80 Mk. jährlich, für das Ausland je nach Währung, Preis der Einzel-Nr. 2 Mk. Mitglieder des „Verbandes deutscher Gartenbaubetriebe“ erhalten das „Handelsblatt“ kostenlos. Auszüge au» dem Inhalt des „Handelsblattes'* nur unter ausführlicher Quellenangabe, der Nachdruck ganzer Artikel nur nach besonderer Genehmigung der Hauptschriftleitung gestattet. SB reu ten, ben, bei .den hig, Itur 5.- gart 830+ | Zusammenschluß der Gärtnereibetriebe. Von Gartenarchitekt Hirsch in Wiesbaden. Die Lage des gesamten Gärtnereiberufes ist tiefernst. Die ntwicklung unseres Wirtschaftslebens ist ohne Beispiel. Sie ist ns allen neu, wurde von niemand vorausgesehen, und niemand eiß mit Sicherheit, wohin sie führen wird. Ein großer Teil der iärtnereibesitzer steht den Vorgängen des Wirtschaftslebens ratlos nd hilflos gegenüber. Unser Beruf, der sich gerne als zur Land- irtschaft gehörig rechnet, kann von sich nicht behaupten, daß er Non der Gesundung derselben durch die Kriegs- und Nachkriegs- eit großen Nutzen gezogen habe. Gemüsegärtnereien und Obst- aumschulen könnte man höchstens davon ausnehmen, aber auch Wie sollen wir all diesen Gefahren für die Zukunft begegnen? Die Antwort darauf ist einfach: Organisation. Diese Forderung bedeutet nicht ein leeres, vielleicht manchmal mißbrauchtes Wort. Sie ist bei anderen großen Berufsgruppen in ähnlicher Lage gefor dert und mit Erfolg durchgesetzt worden. Organisation ist keine überspannte, ungesunde Einrichtung, die etwa die Selbständigkeit, Spannkraft und das notwendige vorwärtsstreben des Einzelnen lahmlegen soll, sondern sie soll unter Wahrung der Selbständig keit und Bewegungsfreiheit in anderen Dingen eine wirtschaftliche Gemeinschaft herbeiführen. Nur in enger Wirtschaftsgemeinschaft vermögen wir heute zu leben. Rennt jeder in Stolz, Verblendung und Unkenntnis seine eigenen Wege, so wird er heute nicht voran kommen. Nur ein enger fester Zusammenschluß, ein treues Zu sammenhalten Aller kann uns helfen, diese Zeit zu überwinden. gerufen haben, die un; solch unge nicht in F Durch die Organisation müssen geregelt werden: Preis, Pro duktion und Absatz, im Zusammenhang damit Lohnfragen, gemein schaftlicher Bezug von Rohstoffen und dergl. Der wilde Konkur renzkampf, die Unterbietung im Preis und starke, ungesunde Ueber- erzeugung werden vermieden. Eine solche Organisation ist nicht aufzulassen als eine jener mit Recht bekämpften Kartelle und Trusts, welche die Kontrolle über lebenswichtige Erzeugnisse an sich gerissen und durch ihre Macht oft Preissteigerungen hervor gerufen haben, die ungesund und oft unbegründet waren. Eine solch ungesunde Wucherpolitik kommt für gärtnerische Artikel nicht in Frage,- sie liegt überhaupt nicht im Wesen der Gärtnerei. Einheitliche Qualitätsbezeichnungen und Preisfestsetzungen für Be zirke oder sogar für ganz Deutschland müssen zunächst erstrebt werden und dazu Verpflichtung auf strikte Einhaltung. Es sind hier und da gute Anfänge damit gemacht worden, im großen und gan zen wurden diese Richtpreise aber wenig gehalten. Nur im Rah men einer straffen Organisation kann (fiese Frage gelöst werden. Die sehr segensreiche Einrichtung des Bundes deutscher Baum schulbesitzer sollte hier als Vorbild dienen. Die von diesem regel mäßig veröffentlichten Mindestpreise regeln den Verkauf leicht und sicher für ganz Deutschland und verhindern ein unruhiges Hin- und Hertasten nach dem richtigen Preis. Diese Preise sind Mindest preise, die den Verhältnissen der einzelnen Gegenden entsprechend mit Aufschlägen versehen werden können. In den meisten Gärtne reien ist man aber über die notwendig festzusetzenden Preise ganz im Unklaren, vielfach auch zu ängstlich im Hinblick auf die K kurrenz, deren Preispolitik unbekannt ist. Man schafft lieber im Schweiße seines Angesichts mit Frau und Kind, verkauft und ar beitet um jeden Preis, um schließlich trotzdem im Laufe der Zeit vor dem Nichts zu stehen. Gewiß wird die Preispolitik sehr vor sichtig sein müssen, um den Käufer nicht zum Streik zu veranlas sen, aber Anzuchtskosten zuzüglich Verdienst müssen berechnet und erlöst werden. Lieber zweckmäßige Einschränkungen und sicheren Gewinn, als ungesunde Uebererzeugung und Preisunter bietungen. Die richtige Berechnung der Herstellungskosten ist be sonders bei dem heute so veränderlichen Stand der Mark nicht leicht. Gerade darin liegt auch die Ursache der so unterschied lichen Preisbildung bei den einzelnen Finnen. Es fehlt an den nötigen Erfahrungen und der Einheitlichkeit. Wir müssen aber wirtschaftlich so erstarken, daß auch eine schlechte Zeit überwunden werden kann, ohne daß man zu jedem Preis verkaufen muß. Im Rahmen eines festen Zusammenschlusses der Gesamtheit sind solche Fragen und viele andere zu lösen. Die Hebung der wirtschaftlichen Verhältnisse muß heute mehr als je im Vordergründe des Berufs lebens stehen und sie wird ihm einen neuen kräftigen Ansporn geben. Alle diese Anregungen und Aufgaben, welche ich in meinen bisherigen Ausführungen in großen Zügen skizzierte, gehören zum Tätigkeitsgebiet des Verbandes deutscher Gartenbaubetriebe. Ziel bewußter Ausbau des Verbandes in diesem Sinne und Einmütigkeit aller seiner Mitglieder würden sofort die größten Mißstände be seitigen. Wirtschaftlich stark sein bedeutet Hebung des Ansehens und Rückgrat gegenüber den Behörden. Das Frühjahr steht vor der Tür, neue Entschlüsse für die zu iese kämpfen heute schon schwer um ihr Dasein. Doch handelt sich hier um lebenswichtige Betriebe, für deren Erzeugnisse mmer Absatz sein wird. Für Handelsgärtnereien sind die Ans ichten aber trüber denn je. Die Frage ist die, wird sich die Kul- r von Blumen bei dieser Steigerung der Löhne und der Roh- offe wie Koks, Holz, Glas, Dünger und dergl. überhaupt noch hnen? Hat es einen Zweck, unsere Kulturen im seitherigen Um- ang weiter zu führen? Das Schlimmste, was heute getrieben rerden kann, ist Uebererzeugung. Jedes Ueberangebot an der so eicht verderblichen Ware hat bisher zu Preissenkungen geführt, lie mit den Anzuchtkosten nicht in Einklang zu bringen waren. Die meisten Handelsgärtner sind sich aber über diese Kosten voll- Ständig im Unklaren, und erst am Jahresschlüsse merken sie, daß gewesen ist Kaufmännisches der schwächsten Seiten jedes HlandelsblattfürdenDeutsuhenbartenbau und die mit ihm verwandten Zweige. Wochenzeitschrift des Verbandes deutscher Gartenbaubetriebe. Hauptgeschäftsstelle: Neukölln-Berlin, Bergstr. 97-98. Fernsprecher: Amt Neukölln 1123. Postscheckkonto Berlin 2986. Rechnen ist leider von jeher eine Gärtners gewesen. Die unbedingt notwendigen Rückstellungen für Abnutzung und Erneuerung werden meist zu wenig beachtet, und welche bedeutungsvolle Rolle spielen sie heute bei dem leicht ver gänglichen und durch die Kriegsjahre stark abgenutzten Material und dem vielfach schlechten Zustand der Kulturhäuser, Kästen und Fenster! Die Industrie ist durch ihre allerdings günstigeren Ab satzverhältnisse und vor allem durch ihre ganze Preispolitik in der Lage, die Fabriken auszubauen und zu erweitern. In Gärtnerei- etrieben würden Neubauten oder größere Umbauten ganz ausge- chlossen sein. Wie lange wird das aber bei dem Zustand vieler Iter Gärtnereien zu vermeiden sein? Dazu kommt die Bezahlung der Gehilfen. Auch hier ist der ärtner gegenüber fast allen anderen Berufen am rückständigsten, ie ständigen Forderungen der Leute haben bei dem gewaltigen inken der Kaufkraft der Mark ihre Berechtigung, und es liegt im teresse der Gärtnereibesitzer, diese Forderungen, soweit sie nicht erspannt sind, zu bewilligen. Einsichtsvolle Arbeitgeber erken- en dies auch an. Durch alle Lohnverhandlungen zieht sich aber ie ein Notschrei: „Unmöglich“ von Seiten der Arbeitgeber. Es andelt sich hierbei gewiß nicht um eine abgedroschene Phrase, ielmehr bedeutet es für alle einen ernsten Kampf um Sein oder lichtsein, wenn man diese hohen Lohnforderungen erfüllen will, er vielfach versuchte Ausweg, an Stelle regel echt bezahlter Gehilfen nur Lehrlinge oder ge- ing besoldete Hilfskräfte zu beschäftigen, muß ber entschieden bekämpft werden. Das schädigt den nzen Stand, untergräbt sein Ansehen, führt zu einer ungesunden ehrlingszüchterei und in der Regel zu Preisdrückerei. Die jetzt elfach einsetzende, starke Agitation seitens der Arbeitnehmer, die tzt noch in Gärtnereien beschäftigten Gehilfen zum Uebertritt in dustrielle Betriebe zu veranlassen, ist eine im Zusammenhang it der geringen Bezahlung stehende Erscheinung, über die sich emand zu wundem braucht, da dort bald doppelt so hohe Löhne ‘nken. ’’198 Natürlich müssen diese ewigen Lohnstefgerungen neue Preis- oK.2frhöhungen der fertigen Erzeugnisse zur Folge haben und darauf R.THolgt sicher eine Verringerung des Absatzes. Beides muß zusam- nu-nen in Einklang gebracht werden. Wir werden diese Entwicklung er nicht aufhalten durch Klagen, Lehrlinge und Aengstlichkeit ei unseren Preisforderungen.