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Nr. 23 Handelsblatt für den deutschen Gartenbau usw. 248 geistiger Beziehung nicht geschlossen werden. Wir wissen im Gegenteil sehr wohl, daß recht viele hohle Köpfe unter den Jünglingen mit dem Einjährigen-Zeugnis herumlaufen, und daß ebenso unzählige mit Volksschulbildung sie in geistiger Be ziehung bei weitem überragen. Aber es muß doch unbedingt vorausgesetzt werden, daß ein solcher Tüchtiger, der den Aus nahmeweg geht, seine Muttersprache richtig sprechen und schreiben kann. Ein Stadtgartendirektor, ein Hofgarteninspek tor, ein Gartenbaulehrer, der keine fehlerlosen Berichte schreiben kann, ist eben undenkbar. Und auch der Handelsgärtner sollte von seinen besser bezahlten Beamten und Angestellten voraus setzen und verlangen, daß sie nicht nur praktisch tüchtige Gärtner sind, sondern im Verkehr mit der Kundschaft nicht „mir“ und „mich“ verwechseln und den Geschäftsbriefwechsel nicht in einem Stil schreiben, der weder dem Geschäft, in dem sie arbeiten, noch ihnen selbst zur Ehre gereicht. Ein richtig erworbenes Künstler-Einjährigenzeugnis sollte aber in Verbin dung mit dem Nachweis hervorragenden Fachwissens auch den Besuch der Universität und jeder Hochschule anderer Art mit allen Rechten des akademischen Bürgers einschließen. Wir sind weit davon entfernt, die akademische Ausbildung für den restlosen Weisheitsbringer anzusehen, wissen vielmehr, daß wir viel Wisser, aber wenig Könner erziehen und infolge dessen auch besitzen, wir verlangen auch durchaus nicht, daß von der Begünstigung Gebrauch gemacht werden muß. Aber wir wünschen, daß sie, gewährt werde, um dem Tüchtigen, Strebsamen auch die letzten Bildungsmöglichkeiten offen zu halten. Viel kann jeder Arbeitgeber zu seinem Teil dazu bei tragen, daß, soweit es unsere gärtnerischen Verhältnisse angeht, das Wort des Reichskanzlers in Erfüllung geht. Und zwar dadurch, daß er unter seinen Angestellten jenen, welche außer ordentlich tüchtig und strebsam sind, weite Möglichkeit zur Betätigung und zum Lernen gewährt. Eine Vorbedingung dafür ist in erster Linie, daß solche Leute selbständiger arbeiten dürfen, als das gewöhnlich der Fall ist. Wer immer nur nach den bis ins kleinste gegebenen Anordnungen des Vorgesetzten seine Arbeiten auszu führen hat, kann sich nicht zu jener Arbeits freude und Schaffenskraft aufschwingen, die nun einmal not wendig ist, um die Befähigung zur Tüchtigkeit reifen zu lassen. Leider verfallen zumeist gerade die als Gärtner sehr tüchtigen Arbeitgeber am leichtesten in diesen, für den tüchtigen Nach wuchs so verhängnisvollen, jedes Streben niederdrückenden Fehler. Und endlich noch eins: Das unerfreu lichste Kapitel zu diesem Thema. Wer tüchtig ist und Geld besitzt, wird als gärtnerischer Unternehmer stets Mittel und Wege finden, seine Arbeitskraft sich und unserem ganzen Volke nutzbar zu machen. Anders aber ist es bei jenen, die als Beamte und Angestellte arbeiten müssen. Die Tüch tigen unter ihnen werden stets danach streben, ihre Arbeit gut bezahlt zu sehen und mit der guten Bezahlung auch eine nach außen hin angesehene Stellung zu gewinnen; denn es ist im Charakter eines jeden Tüchtigen gelegen und es ist ein wesent licher Bestandteil seines Wertes, daß er einen gesunden, aus geprägten Ehrgeiz besitzt. Gute Bezahlung und angesehene Stellung gewähren in erster Linie die Ämter bei den Behörden. Bei diesen hat sich nun teilweise bei der Besetzung von Ämtern leider die Gewohnheit herausgebildet, nicht allein die Tüchtig keit entscheiden zu lassen. Auch in unserem Beruf kann man nicht selten sagen hören: Man wird nicht Hof gärtner, wenn man nicht Hofgärtners Sohn oder Schwiegersohn ist, oder nicht sonstwie den Papst zum Vetter hat. Die Beziehungen zu ein flußreichen Persönlichkeiten sind sehr oft bei Bewerbung um das Amt eines Stadtgärtners usw. sehr viel nützlicher und aus schlaggebender, als das tüchtigste Können und das gründlichste Wissen. Und noch eines Umstandes soll gedacht werden, der oft den wirklich Tüchtigen zurücksetzt. Das sind die Empfeh lungen persönlicher Art, die von manchen Gärtnern in führen der Stellung oft gar zu weitherzig ausgestellt werden. Ebenso gibt es unter den jüngeren Gärtnern solche, die man als Emp fehlungsjäger bezeichnen könnte, die ihr Fortkommen aus einer Sammlung von Empfehlungen bestreiten, die eben so mancher hervorragende Berufsgenosse allzu bereitwillig ausstellt. Das gute und wahrhaftige Wort: Die Bahn frei für alle Tüchtigen, hat bei uns Gärtnern erst dann edlen Inhalt und praktische Bedeutung gewonnen, wenn in der geschilderten und mancher anderen Beziehung Wandel ge schaffen ist. Jetzt werden vielfach dem Strebsamen die Schwierigkeiten turmhoch gehäuft. Es ist wirklich kein Wunder, wenn so viele unserem doch so schönen Beruf nach Jahren harter Arbeit, Entsagung und bitterer Enttäuschung den Rücken kehren und sich anderen Verdienstmöglichkeiten zuwenden, die zum mindesten ein besseres Fortkommen und bessere Bezahlung gewähren. Und es sei gesagt, daß diese Fahnen flüchtigen durchaus nicht immer nur die Untüchtigen sind! E □ □ □ Immergrüne Pflanzen in Vorgärten. Von J. Everhardt, Gartenarchitekt in Düsseldorf. D er verflossene strenge Winter hat hier im Westen — anders wo wird es nicht besser sein -— unter den „Immergrünen“ gewaltig aufgeräumt. Ein Gutes kann daraus entstehen, wenn die erforderlichen Neupflanzungen etwas weniger gedankenlos, vor allem etwas mehr den Raumverhältnissen der Vorgärten sich anpassend, erfolgen. Eine der bisher beliebtesten immergrünen Pflanzen hat der Frost am härtesten betroffen, den Kirschlorbeer, und wenn dieser aus kleinen Vorgärten infolgedessen fast restlos verschwinden würde, dann möchte ich das als eine segensreiche Wirkung des vorigen Winters bezeichnen. Warum wurden Kirschlorbeeren mit Vorliebe in den Vorgärten an gepflanzt? Erstens, weil es schon immer so war, zweitens, weil sie billig sind, das heißt im Verhältnis zu ihrer Größe bei der Anpflanzung gegenüber anderen Immergrünen viel ausmachen. Warum aber die Kirschlorbeeren aus den Vorgärten zum größten Teil verschwinden sollten, diese Frage kann sich jeder selbst beantworten, wenn er sein Augenmerk auf die meistens winzigen Vorgartenflächen und auf das Raumbedürfnis der Kirschlorbeeren richtet. Im Schnitt halten lassen sie sich nicht gut, also fort mit ihnen aus den gang und gäbe kleinen Vor gärten. Bei Eckgrundstücken und solchen Vorgärten, die eine Tiefe von mindestens 8 m haben, lassen sie sich natürlich ohne Bedenken verwenden, wenn die Raumeinteilung eine derartige ist, daß sie den Pflanzen volle Entwicklungsmöglichkeit bietet. Zum Beispiel kann der Vorgarten noch so groß sein, wenn man Kirschlorbeeren auf ein 50—75 cm breites Beet an der Hauswand pflanzt, so ist das eine nicht zu rechtfertigende Gedankenlosigkeit, die aber leider oft begangen wurde und deren fernere Verhütung mit zum Zweck dieses Aufsatzes gehört. Ein weiterer Zweck ist der, darauf aufmerksam zu machen, daß der Landschafts gärtner überhaupt gegen die Aus stattung der Vorgärten mit vielerlei Sorten von Immergrünen auftreten sollte. Wieviel Arten von immergrünen Pflanzen, angefangen bei der stolzen Blautanne bis herab zur einfachen Thuya, findet man nicht oft in einem winzigen Vorgärtchen vereinigt! Und wie sieht solch ein Garten einige Jahre nach der Anpflanzung aus? Wie ein überfülltes Pflanzenlazarett! An Überfüllung leiden aber die Vorgärten überhaupt sehr häufig, nicht nur bezüglich der immergrünen Pflanzen; doch bleiben wir bei diesen. Auch vielen Koniferen hat der Winter hart zugesetzt, selbst Taxus si d stellenweise stark zurückgefroren, wenn nicht gar vollständig eingegangen. Chamaec^paris Lawsoniana mit ihren Spielarten haben stark gelitten, kurz und gut, fast alle Immergrünen sind in Mitleidenschaft gezogen. Am besten haben sich Buxus und Aucuba bewährt, beides glücklicherweise auch solche immergrüne Pflanzen, die sich für kleine Vor-