Volltext Seite (XML)
340 Handelsblatt für den deutschen Gartenbau usw. Nr. 29 Gärtnerische Bezugsgenossenschaiten. E in Gebiet, auf dem unsere Handelsgärtnerschaft noch wenig tätig gewesen ist, ist das des Zusammenschlusses zu Bezugs genossenschaften. In anderen großen Berufen ähnlicher Erwerbsgebiete hat man darin weit mehr gearbeitet und geleistet. Wir denken hier nur an die Einkaufsgesellschaften vieler Landwirtschaftskammern. Die Einkaufsstelle der deut schen Konsumvereine in Hamburg ist eine Riesenorganisation dieser Art, der es diese Vereine in allererster Linie zu danken haben, daß ihre Mitglieder, und ganz besonders in den Zeiten des Friedens, so außerordentlich gut und billig kaufen konnten und von ihren Einkaufszahlungen noch je nach der Gunst der Geschäftsjahre 6—10 v. H. zurückgezahlt erhielten. Die Vorteile solcher Einkaufsstellen liegen auch für den Gartenbau sichtbar dar, besonders, wenn solche Stellen gleichzeitig auch dem Verkauf dienen. Bekanntlich ist es ein Unterschied, ob ein Handelsgärtner oder ein Baumschulenbesitzer 50 Kilo oder 200 Ztr. irgend eines Bedarfsartikels bezieht. Er kauft im letzteren Falle, wo es sich um eine Eisenbahnwagenladung handelt, viel billiger; nicht nur deshalb, weil aus Rücksicht auf den in Aussicht stehenden großen Geschäftsgewinn der Verkäufer im Preise gern entgegenkommt, sondern weil dieser auch billiger liefern kann. Ohne weiter auf alle die verteuernden Umstände der kleinen Sendungen einzugehen, sei nur noch darauf verwiesen, daß diese Mehrkosten auf derartige Kleinsendungen sehr an wachsen, weil die Ware meist, ehe sie in die Hand des Ver brauchers kommt, durch mehrere Hände gegangen ist, die zu dem ausnahmslos verdienen wollen. Eine gärtnerische Bezugsgenossenschaft kann also als Be zieher sehr großer Mengen verhältnismäßig billig einkaufen, um so mehr, als das erforderliche Kapital zur Begründung einer solchen den Barverkehr ermöglicht, der erfahrungsgemäß die Einkäufe auch verbilligt. Da die Bezugsgenossenschaft nach Abzug der Geschäftskosten ihren Gewinn zurückzahlt, kommen die Vorteile des Großeinkaufs fast unverkürzt den einzelnen Genossen zugute; denn bei gutgeleiteten Genossenschaften, die mit größeren Umsätzen arbeiten, sind diese Geschäftskosten aus nehmend gering. Die Vorteile des gemeinschaftlichen Einkaufes liegen aber auch auf einem anderen Gebiet. Jedermann weiß, daß es bei vielen Gebrauchsgegenständen sehr schwer ist, den Jahresbedarf sicher zu übersehen. Mancher unterschätzt den Verbrauch, der ja oft auch von nicht vorherzusehenden Umständen abhängig ist, und leidet später oft Mangel. Ein anderer bestellt wieder zu viel, und er hat ein totes Vermögen am Lager, wenn nicht gar durch Lagerverluste noch Geldausfälle entstehen, entweder weil die Aufbewahrungsräume nicht geeignet sind oder weil dem Käufer die Erfahrung der Pflege seiner Ware abgeht. Einer Einkaufs-Sammelstelle ist es leichter, den Bedarf richtig ab zuschätzen, weil der Minderbedarf des einen durch den Mehr bedarf eines anderen ausgeglichen wird. Bei den großen Ein gängen lohnt es sich, besonders geeignete Aufbewahrungsräume herzurichten und erfahrene Lagerhalter anzustellen, wodurch sich alle etwa nach dieser Richtung hin entstehenden Schwierig keiten mühelos lösen. Der gemeinschaftliche Einkauf hat aber auch insofern ausschließliche Vorteile, als er sich durch recht zeitige Großabschlüsse zur rechten Zeit eindecken kann. Und darin liegt nicht nur eine unschätzbare Sicherung des Bezuges von zum Gärtnereibetrieb unbedingt erforderlichen Waren, sondern auch der Keim der Entwicklung des gesamten Bezugs wesens zu einer weiteren Vereinfachung des Betriebes einer einzelnen Gärtnerei, der weiteren Verbilligung aller Waren bezüge und, allgemein gesagt, der wirtschaftlichen Sicherung des Gartenbaues überhaupt. Der gemeinschaftliche Großbezug gibt die Möglichkeit, Fabriken, Großhandelsunternehmen der verschiedensten Art usw. bis zur geschäftlichen Verbindung zu interessieren, und damit geht Hand in Hand die Spezialisierung, die in diesem Falle immer einen Fortschritt bedeutet. Andere bezugsgenossen schaftliche Unternehmungen zeigen uns, daß man noch einen Schritt weitergehen und viele Sachen selbst herstellen kann, um dadurch auch den oft nicht geringen Gewinn des Herstellers zu verdienen und dem Bezieher nutzbar zu machen. Eine Zentralgenossenschaft wird mit wachsendem Einflüsse und mit zunehmenden Geldmitteln keine Blumentöpfe mehr kaufen, son dern in einer eigenen Ziegelei und Töpferei diese selbst er zeugen. Ebenso wird man die Herstellung von Frühbeetfenstern, deren jährlicher Bedarf ein ganz bedeutender ist, selbst über nehmen. Man wird fernerhin vielleicht eine Werkzeugfabrik verpflichten, gegen mäßigen, aber sicheren Gewinn ausschließ lich für jene Einkaufsstelle alles mögliche Handwerkszeug zu erzeugen. Das sind freilich weitreichende Pläne, und es ist, wie wir uns nicht verhehlen wollen, auch ein weiter, wohl auch reich lich beschwerlicher Weg, der zum Ziele führt. Hirngespinste sind es aber trotzdem nicht. Kennen wir nicht heute schon Organisationen, welche in dieser Hinsicht weit vorgeschritten sind? Es fragt sich nur, ob unser deutscher Gartenbau den Geldanforderungen ge wachsen ist. Die Antwort dürfte bei Berücksichtigung aller Nebenumstände und bei Vermeidung jeder Schönfärberei be jahend lauten. Auf wenig Gebieten menschlichen Fleißes und Wissens ist das Vereinsleben so sehr ausgebaut, als auf jenen des Garten baues. Wir fassen in dem Begriff nicht nur den Verband der Handelsgärtner Deutschlands und die süddeutschen Verbände ins Auge, obwohl diese bereits, für sich allein betrachtet, einen achtunggebietenden Mitgliederbestand aufweisen und ein be trächtliches Vermögen darstellen, sondern wir möchten den Interessentenkreis weitergezogen sehen und auch die vielen an deren Verbände, wie den Verband deutscher Gemüsezüchter, die Provinzial- und Landesobstbauvereine mit heranziehen und einbegreifen. Die Zahl der in Vereinen zusammengeschlosse nen Obstzüchter Deutschlands kann allein wohl auf mehrere Hunderttausend geschätzt werden, und diese möchten wir um so mehr einschließen, weil viele derselben, nicht zum wenigsten dank ausgiebiger behördlicher Unterstützung, in bezug auf ihre Mittel recht günstig dastehen. Das Gesetz über die Gründung von Genossenschaften von beschränkter Haftpflicht bietet als größten Vorteil, daß die Be gründung einer derartigen Gesellschaft mit verhältnismäßig ge ringem Vermögen und kleinem Risiko für den einzelnen mög lich ist und daß zudem die Lasten sich auf ebensoviel Schul tern verteilen, als Köpfe die Vorteile genießen. Schon wenn der Verband der Handels gärtner Deutsch lands und die Verbände der bayrischen, württembergischen, badischen, hessischen usw. Handelsgärtner sich mit den Landes obstbau- und Provinzialverbänden der Obstzüchter, dem deut schen Pomologenverein, dem Verband deutscher Gemüse züchter vereinen würden, zu denen dann noch die verschiedenen Gartenbaugesellschaften, wie z. B. die Deutsche Gartenbau- Gesellschaft, die Schlesische Gartenbaugesellschaft usw. hinzu treten, dürfte sich das Unternehmen bezahlt machen und verzinsen. Jeder dieser Verbände hätte nur einen verhältnis mäßig geringen Teil des Vereinsvermögens einzuzahlen, der ihm höher verzinst werden würde als auf einer Bank oder Spar kasse, und außerdem würde er mittelbar jedem einzelnen unter den Vereinsmitgliedern hohen Nutzen gewähren. Auch die Organisation würde sich leicht schaffen lassen, weil auch hier unser weit ausgebautes Vereinswesen die Grundlage bilden kann. Für die Handelsgärtner sind die Provinz! alverb ände und Gruppen die Kanäle, durch welche der Geschäftsverkehr sich abwickelt, während der Obstbau seine Landes- und Provinzial verbände und die diesen nachgeordneten Bezirks- und Kreis vereine besitzt. So kann die Kapitalsammlung, der Geldzufluß der An kaufsgenossenschaft, ebenso mühelos und glatt geregelt werden, wie die Lieferungen aus den gemeinschaftlichen Großankäufen verteilt werden können, bis sie aus dem Mittelpunkt der Organi sation über die großen Verbände und Untervereine allmählich