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566 Handelsblatt für den deutschen Gartenbau usw. Nr. 48 schaftskammer uns eine Absage gibt? Es kommen doch auch auswärtige Lehrlinge von Rittergutsgärtnereien in Betracht, für die doch die Kammer nicht nur Lehrstellen vermitteln sollte, sondern auch stolz sein müßte, Unterrichtsräume überlassen zu können. Es ging aber trotz der Schwierigkeiten. Unsere Stadt hat für unsere und auch für die auswärtigen Lehrlinge unentgeltlich ein Schulzimmer zur Verfügung gestellt, und am 1 8. Oktober, nachmittags 4 Uhr, ging die Eröffnung glatt von statten. Der Schulvorstand, das Lehrerkollegium, und die in Betracht kommenden 14 Lehrlinge, ein Gehilfe und ein Fräu lein (auch diese neue Fachvertretung ist in unsere Schule ein gezogen) wurden vom Vorsitzenden, Herm K n a a k e , be grüßt. In einer markigen Ansprache legte er den Lehrlingen ans Herz, sich würdig des Besuches einer Fachschule zu zeigen, auf daß sie im späteren Leben reichen Nutzen davon ziehen möchten. Der Unterricht dauert bis April und verteilt sich auf 69 Stunden und zwar jeden Mittwoch von 4—7 Uhr. Das Schulgeld kostet 15 Mark und ist im voraus zu zahlen. Ferner sind von der Liegnitzer Gartenbau-Gesellschaft sowie vom Liegnitzer Gärtnerverein und unserer Gruppe Beihilfen zugesagt. Es sind schon reichliche Hilfsmittel angeschafft worden und ebenso soll eine Bücherei eingerichtet werden. Das einmonat liche Bestehen der Schule ist bisher vom besten Erfolg gekrönt, und der Wunsch aller ist, daß sie weiter wachsen und gedeihen möge! Im folgenden seien nun noch die Geschäftsordnung und der Unterrichtsplan unserer Schule bekannt gegeben mit der Absicht und in der Hoffnung, damit allen den Gruppen un seres Verbandes, die gleichfalls an die für unseren Nachwuchs so segensreiche Einrichtung einer Winterfachschule herantreten wollen, eine Handhabe und Richtschnur zu bieten, die als Vorbild und Muster dienen kann. Geschäftsordnung für den Vorstand der Winterfachschule für Gärtnerlehrlinge zu Liegnitz. § 1. Die Gärtnerfortbildungsschule wird von der freien Ver einigung der Erwerbs- und Herrschaftsgärtner in Liegnitz unterhalten. Die geschäftliche Instanz für den amtlichen Verkehr der Schulleitung ist der Schulvorstand. § 2. Der Schulvorstand besteht aus 5 Mitgliedern der freien Vereinigung der Erwerbs- und Herrschaftsgärtner. Er wird alljährlich in einer festzusetzenden Hauptversammlung durch Stimmzettel gewählt. Der Schulvorstand wählt unter sich einen Vorsitzenden, einen Rechnungsführer, einen Schriftführer und zwei Beisitzer. Dem Schulvorstande liegt ob: 1. die Fürsorge für die Einhaltung der Satzungen der Schule, der Schulordnung, des Lehr- und Stundenplanes und dieser Geschäftsordnung; 2. die Feststellung der vom Lehrerkollegium entworfenen Lehr- und Stundenpläne; 3. die Entgegennahme der An- und Abmeldungen von ein- und austretenden Schülern; 4. die Beschlußfassung über die Zulassung von Gärtner lehrlingen und Gehilfen zum Schulbesuch; 5. der Ausschluß von Schülern aus der Anstalt; 6. die Aufstellung des jährlichen Haushaltplanes; 7. die Anstellung und Besoldung der Lehrkräfte; 8. die Beschlußfassung über Erlaß und Ermäßigung von Schulgeldern; 9. die Festsetzung von Schulversäumnisstrafen. § 3. Die Sitzungen des Schulvorstandes werden nach Ermessen, des Vorsitzenden abgehalten. Zu den Sitzungen sind die Lehrer der Schule einzuladen. Ein Mitglied des Lehrerkollegiums übernimmt die Protokollführung. In den Sitzungen des Schulvorstandes hat das Lehrerkollegium nur beratende, nicht beschließende Stimme. Zur Beschlußfassung ist die Anwesenheit von mindestens 3 Vorstandsmitgliedern erforderlich. § 4. Die Leitung des Unterrichts und des gesamten inneren und äußeren Schulbetriebes liegt in den Händen des vom Schulvor stand gewählten Leiters der Schule. Er ist der Aufsichtsbehörde für die gesetz- und ordnungs mäßige Leitung der Schule verantwortlich. Er besorgt die Aufnahme und Entlassung von Schülern, entwirft die Lehr- und Stundenpläne und beaufsichtigt deren Durchführung, beruft und leitet die Konferenzen des Lehr körpers, beschließt mit letzterem über die beim Unterricht zu verwendenden Lehr- und Lernmittel, verwaltet und ergänzt auf Grund des Haushaltsplanes das Schulinventar einschließlich der Lehrer- und Schülerbibliothek, führt die Schullisten, hält die Akten der Schule in Ordnung, vermittelt den Verkehr mit den Behörden. Er ordnet die nötig werdenden Vertretungen der Lehrer und ist berechtigt, einem Lehrer Urlaub für einen Unterrichtstag zu erteilen. § 5. Die Mitglieder des Schulvorstandes können dem Unter richt beiwohnen. Sie haben sich aber jedes unmittelbaren Ein griffes in den Unterricht zu enthalten. Zu den Lehrerkonferenzen können sie vom Schulleiter ein geladen werden. Sie haben aber nur beratende, nicht be schlußfassende Stimme. Liegnitz, den 22. September 1916. Die freie Vereinigung von Erwerbs- und Herrschaftsgärtnern in Liegnitz. Unterrichtsplan der Winterschule für Gärtnerlehrlinge und -Gehilfen in Liegnitz für das Winterhalbjahr 1916/17. I. Unterrichtszeit. Der Unterricht findet an jedem Mittwoch nachmittags von 4—7 Uhr in der Zeit vom 15. Oktober bis zum 1. April statt. II. Lehrkörper und Fächer. Leiter: S t ä m m 1 e r , Kgl. Gartenbaudirektor in Liegnitz. Unterrichtet wird in: 1. Allgemeines Wissen (Berufs- und Bürger kunde, schriftliche Arbeiten und Rechnen) von Strutz, Taubstummenlehrer, Inspektor des Taubstummenheims in Lieg nitz, in 31 Stunden. 2. Fachwissen (die Pflanze, Hilfsmittel der Gärt nerei, Pflanzen-, Obst- und Gemüsebau und Landschaftsgärt nerei) von Stämmler , Kgl. Gartenbaudirektor in Liegnitz, in 42 Stunden. III. Lehrplan. 1. Allgemeines Wissen. a) Berufs - und Bürgerkunde. Altersversicherung, Krankenkasse, Unfallversicherung, Fachvereine, Berufsgenossenschaft, Landwirtschaftskammer und ihre Einrichtung, Gemeinde, Kreis und Provinz, Staat, Deutsches Reich, Gewerbe und Handel, Verkehrsanstalten, Geldverhältnisse, Versicherungen. b) Schriftliche Arbeiten. Lebenslauf, Beschreibung der Gärtnerei, Tagebuch, Rech nungen, einfache Buchführung, Lohnlisten und Geschäftsauf sätze, Bewerbungen und Eingaben. c) Rechnen. Aufgaben aus der Berufs- und Bürgerkunde, Kostenvoran schläge, Prozent- und Zinsrechnung, Gewinn- und Verlustrech- nung, einfache Flächen- und Körperberechnungen.