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506 Handelsblatt für den deutschen Gartenbau usw. Nr. 43 Zur Maiblumenfrage. Von Johannes Struck aus Neukölln, z. Zt. in Jüterbog. D ie Entgegnung des Herrn Haerecke - Eberswalde in Nr. 40 des Handelsblattes auf meinen Bericht über die Mitgliederversammlung der Vereinigung deutscher Maiblumen züchter und -Exporteure kam mir leider so spät zu Gesicht, daß ich erst heute darauf zurückkommen kann. Auf einem Mißverständnis beruht wohl die Bemerkung, es wären so viele Maiblumenkeime auf Eis gelegt worden, um in diesem Jahre damit auf den Preis zu drücken. Es ist dies vielmehr einzig und allein geschehen, weil die Keime anders nicht unterzubringen waren, und man hoffte, sie diesen Herbst auszuführen. Das ist ja infolge der Fortdauer des Krieges nicht möglich. Sie kommen also ganz auf den Inlandsmarkt und wer den meines Erachtens wie alljährlich gegen Ende der Saison auf die Blumen preisdrückend wirken. Eine Ausdehnung der Kulturen unter Benutzung teilweise weniger geeigneter Böden hat besonders 1912 stattgefunden, wo die Durchschnittspreise von 35—38 M. für das Tausend auch den Anbau hier noch nutzbringend machten. Was nun den Vorschlag, die Keime für 18 M. nicht herauszunehmen, sondern umzurigolen anbetrifft, so verweise ich dazu auf den Versammlungsbericht der Gruppe Schwerin auf Seite 491 des Handelsblattes. Wenn die Züchter in einem der größten Anbaugebiete selbst der Ansicht sind, die Kulturen nicht einzuschränken, so erübrigt sich wohl ein weiteres Ein gehen auf diesen Punkt. Außerdem beschäftigt sich ja das inzwischen wohl allgemein bekannt gewordene Merkblättchen des Vereins deutscher Maiblumenexporteure in Hamburg auch eingehend mit diesem Gegenstand. Sobald die Ausfuhr wieder möglich ist, steigen auch die Preise wieder, denn Ausfuhrware wird nach wie vor knapp bleiben. Den Vorteil haben dann allein die Züchter, die durchgehalten haben. Bezüglich der Preise ist wohl auf eine Erhöhung über den Richtpreis von 18 M. hinaus unter den gegenwärtigen Um ständen kaum zu rechnen. Es werden bereits wieder so viele Keime sogar erheblich niedriger angeboten, daß der bestehende Bedarf sich zweifellos zu diesem Preise bequem decken läßt. Daß die Züchter hierbei nur wenig oder gar nichts verdienen können, ist zweifellos. Aber es ist doch nicht zu ändern, daß Angebot und Nachfrage den Preis bestimmen. Als die Preise 1911 und 1912 ihren höchsten Stand erreichten und die Händ ler und Treiber erhebliche Verluste erlitten, war dies die Ant wort der Züchter auf die Warnung Einsichtsvoller vor einem Rückschlag, und niemand wollte da etwas von Entschädigung oder dergleichen hören. Eine Änderung vermöchten in diesem Falle doch nur Niedrigstpreise — im Gegensatz zu den jetzt so üblichen Höchstpreisen — zu bringen. Ihre praktische Durchführbarkeit mag dabei ganz dahingestellt bleiben. Es macht sich hier wieder einmal der so oft in der Gärt nerei hervortretende Mangel einer straffen Organisation be merkbar. Könnten den Züchtern rechtzeitig die nötigen Ar beitskräfte für die Ernte zur Verfügung gestellt werden, so daß sie die Keime sogleich bearbeiten und frühzeitig zur Abnahme bringen könnten, so würde für sie in Verbindung mit einer straffen Organisation zur Regelung des Verkaufs, wie sie in Ansätzen ja bereits örtlich vorhanden ist, etwa in börsenähn licher Form, zweifellos mehr herausgeholt werden, als bei den zeitigen ungeregelten Verhältnissen. Durch das Herumliegen bis teilweise in den Februar hinein, gehen nicht wenige Keime zugrunde, und außerdem sind die dann zu erhaltenden Preise erfahrungsgemäß noch erheblich geringer als die im Herbst ge zahlten. Dem Mangel an Arbeitskräften, dem der einzelne wegen der gerade der Gärtnerei im Gegensatz zur Landwirt- schäft gemachten Schwierigkeiten in der Erlangung von Kriegs gefangenen und Beurlaubung von eingezogenen Züchtern nicht abzuhelfen vermag, ließe sich vielleicht durch entsprechende Schritte des Verbandes etwa noch in Gemeinschaft mit den beiden besonderen Vereinigungen der Züchter und der Expor teure bei der Militärbehörde begegnen. Bei den Sonder wünschen und den besonderen Verhältnissen jedes einzelnen Berufszweiges lassen sich Härten bei den Erlassen der Militär behörden naturgemäß nicht vermeiden. Wenn aber die hier bestehenden Verhältnisse, die auch nicht unerhebliche volks wirtschaftliche Interessen berühren, den zuständigen militäri schen Dienststellen in geeigneter und ausführlich begründeter Weise dargestellt werden, wird sich in bezug auf Zuweisung von Kriegsgefangenen und Beurlaubung von Mannschaften doch manches erreichen lassen. Dazu wäre es allerdings höchste Zeit. Im übrigen hat es mir mit meinem Bericht ferngelegen, für die Vereinigung deutscher Maiblumenzüchter und Exporteure Mitglieder werben zu wollen. Ich bin selbst nicht Mitglied und auch nicht etwa Mitinhaber der Firma Struck in Berlin- Britz. Da die Vereinigung, soweit ich unterrichtet bin, nur etwa drei Exporteure und zwei Großtreiber zu Mitgliedern hat, die der Vereinigung angehörenden Züchter ihre Keime aber nur zum kleinsten Teile an diese Firmen absetzten, kann wohl von einem „guten Recht“ der Mitglieder nicht gut die Rede sein. Auf jeden Fall würde sich in dieser Sache durch ziel bewußtes Zusammenarbeiten aller Beteiligten noch vieles er reichen lassen. □ □ □ Zur Einführung der Reismelde als Gemüsepflanze und Körnerfrucht. D er Krieg hat uns in vielen Dingen die Augen geöffnet, nachdem unsere Feinde, England voran, den Aushunge rungskrieg als eine der stärksten Hoffnungen ihres Sieges über uns auf ihre Fahnen geschrieben haben. Ihre Pläne sind bis jetzt gescheitert, und auch die Zukunft wird darin keine Änderung bringen, so unerhört auch der Druck sein mag, der auf die wenigen uns noch befreundeten Staaten in bezug auf die Lebensmitteleinfuhr nach Deutschland ausgeübt wird. Statt des von den Briten gehofften Ergebnisses haben sich unsere wirtschaftlichen Leistungen gehoben, und wir haben gelernt, nicht nur uns zu bescheiden und hauszuhalten mit allem, was zu des Lebens Nahrung und Notdurft gehört, sondern wir haben auch gelernt vieles zu verwerten, was in Friedenszeiten achtlos beiseite geworfen wurde. Das gilt auch im besonderen Maße für die Pflanzenwelt, auf die wir jetzt bei dem Mangel an Fleisch mehr wie früher angewiesen sind. In Deutschlands Fluren und Wäldern gedeiht so manche Pflanze, die bisher ungekannt und unbeachtet als Unkraut behandelt wurde, die aber nun plötzlich in der Not des Krieges als- Nutzpflanze zu Ehren kommt, und wenn auch die Bestrebungen, die darauf abzielen, eine möglichste Verwertung aller einigermaßen für Genußmittelzwecke geeigneten Pflanzen herbeizuführen, mit unter über das Ziel hinausschießen, so ist doch andererseits der Eifer zu loben, mit dem alle Volkskreise diese Bestrebungen unterstützen. In der letzten Zeit setzt man sich bei uns für den Anbau einer für Deutschland neuen Getreide- und Gemüsepflanze ein; nicht nur in Fachzeitungen erscheinen darüber Aufsätze, sondern in allen möglichen Vereinen sind Vorträge und Auf klärungen darüber an der Tagesordnung. Auch in den Ver sammlungen unserer Gruppen hat man sich hier und da schon mit der Pflanze beschäftigt. Es handelt sich um die Reismelde, Chenopodium quinoa, eine in den Hochanden von Peru und Chile heimische und dort in Höhen von 4000 m als Ersatz für Getreide und Mais schon seit uralten Zeiten angebaute Pflanze. Ch. quinoa ist der nächste Verwandte des bei uns als Unkraut auf Äckern, Schutthaufen usw. überall vorkommenden ge meinen Gänsefußes, Ch. album, von dem es sich eigentlich nur durch die kürzeren Blütenstände unterscheidet, weshalb es vielfach auch nur als eine Kulturform davon betrachtet wird. Daß es sich in der Tat um eine recht alte Kulturpflanze handelt, ersieht man daraus, daß in den Gräbern der alten Peruaner bei den Mumien ganze Zweige von Blättern und