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Wie soll der Gärtner Neuheiten prüfen? Er soll nicht aufs Geratewohl in jedem Jahre 3—4 oder ein halbes Dutzend Neuheiten aus ganz verschiedenen Gattungen in kleinem Maß- stabe versuchsweise anbauen. Er soll auch nicht umgekehrt, wie in dem Falle Maiwunder, gleich große Flächen dem Anbau einer ihm gänzlich unbekannten Sorte widmen. Im ersteren Falle verliert er die Übersicht über die Versuchsergeb nisse, und die Sache artet in Spielerei aus, im zweiten Falle ist die Gefahr empfindlicher Mißerfolge auch bei an sich durchaus hochwertigen und gut durchgezüchteten Neuheiten sehr nahe liegend. Es gibt eben keine Neuheit, die unter allen Umständen und in allen Verhältnissen gedeiht. Das einzige Richtige ist, erstens nur solche Neuheiten zu prüfen und anzukaufen, über deren Kultur man durch eine gewisse Erfahrung sicher unter richtet ist, und für die man die erforderlichen Einrichtungen zu einer sachgemäßen Behandlung besitzt. Die Hauptsache aber bleibt immer, für genügendes V ergleichsmate- r i a 1 zu sorgen. Gerade wer Gelegenheit hat, mehrere ähn liche Sorten einer Gemüsegattung zusammenzusehen, wird sich überzeugen, daß es viel scheinbar Überflüssiges gibt, daß aber doch geringfügige Unterschiede vorhanden sind, die je nach dem Zwecke des Anbaues bald dieser, bald jener Sorte den Vorzug geben lassen, kurzum, daß eine durchgreifende Beschränkung der Sortimente keine leichte Sache ist. Für derartige planmäßige Versuche wird in kleinen Betrieben in jedem Sommer nur eine Gemüsegattung an die Reihe kommen können. Ich gehe sogar noch weiter. Die Sortenzahl ist bei den meisten Gemüsearten so groß und die Frage so vielseitig, daß zuverlässige Versuchsergebnisse nur dann zu erreichen sind, wenn der Versuchsansteller nur eine bestimmte Gruppe ähnlicher Sorten bei dem Versuche zu sammenfaßt. Also etwa bei Weißkohlarten nur Sorten für Herbstaussaat zur Überwinterung der Setzlinge für die erste Ernte im Frühjahr, bei Rotkohl ein andermal Spätsorten zur Prüfung der Haltbarkeit der Köpfe im Winterlager, bei Salaten nur widerstandsfähige Sommersorten, bei Erbsen nur frühe niedrige Markerbsen oder auch Pahlerbsen der gleichen Gruppe, die ohne Reiser angebaut werden können usw. Es gehört aller dings eine große Sortenkenntnis dazu, Sie Auswahl der ge eigneten Sorten für derartige Versuche zu treffen, aber in diesem Falle werden die Lieferanten gern bereit sein, dem Versuchs ansteller mit Rat an die Hand zu gehen. Daß die Erfahrungen eines einmaligen Versuchs nicht ge nügen, ein endgültiges Urteil über den Wert einer Sorte zu fällen, wurde bereits betont. Hat man aber mehrere ähn liche Sorten gleichzeitig in Kultur, so gibt der Gesamtausfall des Versuchs doch genügend Anhaltspunkte, um festzustellen, inwieweit Mißerfolge auf die einzelne Sorte oder auf äußere Einflüsse zurückzuführen sind. Gerade beim Gemüsebau sind manche Neuheiten weder Zufallsergebnisse, noch durch plan mäßige Züchtung gewonnene Verbesserungen, sondern viel mehr durch langjährigen Anbau in einem bestimmten Gemüse anbaugebiet — auf dem Wege der allmählichen Auslese — er zeugte Sorten. Diese entwickeln ihre Vorzüge unter ganz bestimmten Kulturbedingungen, können aber gänzlich versagen, wenn sie an einem anderen Orte ohne Kennt nis ihrer Eigenart und ihres eigentlichen Verwendungszweckes angebaut werden. Daß die Züchter bei ihren Beschreibungen derartige Hinweise nicht unterlassen dürfen, ist selbstverständ lich, und gebe ich ohne weiteres zu, daß von diesem Gesichts punkte aus viele Neuheitenbeschreibungen zu wünschen übrig lassen. Daß es zweckmäßig ist, bei solchen planmäßigen Ver suchen ein und dieselbe Sorte von verschiedenen Seiten zu be ziehen, ist eine Tatsache, deren Hervorhebung ich nicht unter lassen möchte. Gute Neuheiten können bei „Nachbau“ in der Hand eines weniger sorgfältigen Züchters schnell entarten. Es ist zuzugeben, daß diese Art Versuche für den Betriebs inhaber ebenfalls nicht billig sind, da dazu Arbeit und Raum gehören, die Ergebnisse haben aber auf alle Fälle für den Versuchsansteller großen praktischen Wert. Er wird zweifel los für seinen Betrieb wertvolle Erfahrungen gewinnen. Zeit und Geld sind in Wirklichkeit nicht verschwendet. Ent täuschungen sind ebenfalls ausgeschlossen, denn wer in dieser Weise an einen Versuch herantritt, rechnet von vornherein da mit, daß nicht alle erprobten Sorten sich für seinen Betrieb brauchbar erweisen. Mit vorstehendem habe ich nur ein einzelnes Gebiet des außerordentlich vielseitigen Gegenstandes behandelt. Die land läufige Auffassung über Neuheiten geht ja dahin, daß hier arge Mißstände herrschen. Man redet doch stets von Neuheiten schwindel usw. Dies kommt vielfach daher, daß man von vornherein zu hohe Ansprüche an die Neuheiten stellt, indem man erwartet, daß eine neue Sorte alle möglichen guten Eigen schaften in sich vereinigen solle. Man vergißt, daß die Ver vollkommnung einer Sorte nach der einen Richtung gewöhnlich auf Kosten einer anderen Eigenschaft erfolgt. Daß trotzdem im Laufe der Jahre auf allen Gebieten und auch im Gemüse bau in der Verbesserung der Sorten staunenswerte Fortschritte erzielt sind, ergibt sich erst durch Vergleich mit älteren Sorten, namentlich wenn wir dabei einen längeren Zeitabschnitt zurück gehen. Die Fortschritte erfolgen naturgemäß nur schritt weise und treten nicht immer auf den ersten Blick in die Er scheinung. Nur vereinzelt einmal macht auch die Natur einen Sprung, aber es geschehen auch hier „keine Wunder“. Des halb soll man auch mit dem Namen „Wunder“ bei der Be nennung von Neuheiten vorsichtig sein. Wenn ich hiermit gewißermaßen dem Züchter des Kopfsalates Maiwunder einen Vorwurf mache, so möchte ich gleich hinzufügen, daß die Sensationslust der Käufer die Züchter geradezu verleitet, ihre Neuheiten mit etwas klangvollen Namen und ebensolchen Beschreibungen auszustatten, daß die Schuld wiederum auf beiden Seiten liegt. Ich will jedoch diesen Teil der Frage nicht weiter ausspinnen, da dies zu weit führen würde. Hoffentlich beherzigen im nächsten Frühjahr recht viele Handelsgärtner beim Kauf von Neuheiten das vorstehend Gesagte, dann werden ihnen auch unliebsame Enttäuschungen erspart werden. □ □ □ Gartenkunst. Von E. Rasch in Leipzig-Lindenau. S eit Kriegsbeginn hat sich unsere Fachpresse verhältnismäßig weniger mit Landschaftsgärtnerei oder, besser gesagt, mit der Anlage von Gärten befaßt. Gewiß traten zunächst die schwierigen Ernährungsfragen in den Vordergrund, und das „Schöne“ mußte dem Nützlichen den Vortritt lassen. Noch ist es Krieg, das Ende desselben ist noch nicht ab zusehen. Eins ist jedoch sicher, daß die Hoffnung unserer Feinde, uns niederzuringen, sich von Tag zu Tag trügerischer erweist. Diese Tatsache ist denn auch nicht ohne Rückwirkung auf unser deutsches Erwerbsleben geblieben, die zu Anfang des Krieges beobachtete Zurückhaltung ist einem frischen Unter nehmungsgeist gewichen, und im Gewerbe fehlt es oft an Hän den, die Nachfrage zu befriedigen. Ebenso ist es bei der Anlage von Gärten. Was unserer Fachpresse Anlaß sein sollte, sich wieder mehr für Gartenkunst fragen zu interessieren, ist nicht allein der Umstand, daß man in Fachkreisen darüber auf dem laufenden bleiben will, son dern noch manches andere. Da wäre zu bedenken, daß die Gartenkunst keineswegs etwa so ein Nebenfach des Gartenbaues ist, wie etwa die Botanik oder Düngerlehre, die mit solcher Wichtigkeit be handelt werden. Die Anlage schöner Gärten ist mit eine der Lebens fragen unseres Berufes. Alle die Stauden-, Blumen- und Gehölzzüchter sähen sich um die Früchte ihres Fleißes und Könnens betrogen, wenn wir bei der Anlage neuer Gärten nicht fortwährend darauf sinnen würden, immer neu artige und schönere Möglichkeiten zu finden, um ihre Erzeug nisse so reizvoll als möglich zu verwenden. An mittelmäßigen und guten Alltagsarbeiten fehlt es ja nicht. Diese entstehen aber von selbst, wo leidliche Vorbilder vorhanden sind. Sache