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Nr. 35 Handelsblatt für den deutschen Gartenbau usw. 41 5 Cloriosa auffallendste Größe nebst reichster Blüte mit immer ein oder zwei Knospen als Ersatztruppen, in Juwel (rosa), weit weniger in Diamant (weiß) die weiteste Annäherung an die den edleren Chornelken eigene Ganzrandigkeit. Nun tritt eine Neuheit, Alpha genannt, eine weiße Delicata, auf die Bühne des Gärtners und nimmt alle Tugenden der weißen und rosa Sorten in Beschlag. Reinweiß in der Farbe, gefällig in der Fransung, schlank und stark im Stiel, groß, ja riesig in der Blume (bis 7 cm im Durchmesser) und üppig im Blühen. Mit diesem Zeugnis eines, der von jeher den Feder nelken eine seiner blumenreichen Herzenskammern eingeräumt hat —- eine andere bleibt immer noch den Edelwicken geweiht — tritt Alpha gegen alle anderen weißen Sorten in die Schran ken. Sie wurde von C. A. Krause, Gommern, in einem Beete der rosafarbenen Delicata gefunden, in ihrem Werte er kannt und gesteigerter Vermehrung unterworfen. Das Samen haus und die Großgärtnerei Otto Mann in Leipzig hat den Vertrieb. Mit Alpha ist der Gipfel fleckenloser Reinheit er reicht. Und nun schauen die Züchter — mag der Krieg die Anschauung geändert haben — nach einer blutroten Federnelke aus, einer in jenem dunklen Ton, wie er im Flecke der alten Sorten lange Zeit nicht wegzuwaschen war. Wie ihn die alte Clove noch als Inbegriff erglühender Würze trägt, und Mar gareten, Chabaud, Grenadin und Amerikaner, auch Chineser Nelken als Modefarbe sich zugeeignet haben. Ja, hätte der Züchter beizeiten den blutroten Fleck in der alten Form von anno dazumal weiter ausgedehnt, er, der Fleck, hätte schon längst die ganze Blume eingenommen. Also „die blutrote Federnelke“ ist jetzt der Schrei des Züchters nach dem Flora kinde. Übrigens, einige recht beachtenswerte Jongleurkünste mit dem blutroten Fleck als Zone und Bänderung sind P. E c k 1 e r in Rudolstadt gelungen, deren schönste mit einem seine Heimat feiernden Namen belegt, als Thuringia in den Handel gekom men ist. Man würde sich eine große Verantwortung aufladen, wenn man im Zeugnisse (auch'einer Blume!) nur die Tugenden herausstriche und die Laster verschwiege. Im gewerblichen Leben kommt man mit dem Handelsgerichte in Konflikt, in der edlen Gartenzunft mit dem stets liebenswürdigen Wettbewerb und einer kritikliebenden Fachpresse. Bei Blumen kann und darf man nicht sagen, daß es sich um wahre Laster handelt; bei Nelken zumal sind es wohl hur „Unzulänglichkeiten“, deren die ganze Sippe mehr oder weniger teilhaftig ist. Denn was anderes kann man es doch nicht nennen, wenn der Leibriemen oder Gürtel, den die Nelkenblume in Gestalt eines lederartigen Kelches um ihre Petalenhülle gespannt trägt, bei der ersten besten Gelegenheit von Nahrungsüberfüllung nachgibt, „platzt“. Und solche Gelegenheiten treten nun leider ganz unberechenbar bei Regenfesten oder sonstiger auch künstlicher Tränkung ein. Hier muß man aber froh sein, wenn die Blume ihr Dekorum wahrt, d. h. daß sie noch immer eine regelmäßige Blumen gestalt zeigt, immer noch die Duft- und Freudenspenderin bleibt, wenn auch was in ihrer Unterkleidung nicht in Ordnung ist. Die reichen Amerikaner-Nelken legen dann wohl Gummi gürtel an; bei Federnelken lohnt sich nicht mal ein Nadelstich. Alpha macht, wohlgemerkt, im Platzen keine Ausnahme, läßt sich’s aber nicht anmerken. Wer kann übrigens für Wetter schaden ?! □ □ □ Betrachtungen über Treibsträucher. V. (Schluß.) W ährend wir bisher im Zusammenhang den Wert größerer Gattungen und Familien als Treibsträucher würdigten, soll unser heutiger Schlußartikel einigen Sträuchern gewidmet sein, deren Treib fähigkeit entweder gar nicht bekannt ist oder doch zu wenig ausgenutzt wird; auch einige versuchswürdige neuere Arten sollen der Beachtung empfohlen werden. Unter den zahlreichen Berberis - Arten sollten beson ders die immergrünen Arten für Treibzwecke mehr verwendet werden. In erster Linie sei auf B. Daftvini hingewiesen, wohl eine der schönsten, die wir besitzen. Eine lederartige, glänzend dunkelgrüne, auf der Unterseite hellere Belaubung und orange gelbe, manchmal rötlich angehauchte Blütentrauben, denen dann später blauschwarze Früchte folgen, sind die hervor- tretendsten zierenden Eigenschaften dieses kleinen Strauches. Im Freien ist er allerdings nicht winterhart, sondern verlangt Schutzdecke, wenn man nicht Gefahr laufen will, daß er bis zum Boden herunterfriert, ein Schaden, der allerdings durch neuen Austrieb gewöhnlich wieder wettgemacht wird. Dieser Strauch läßt sich unschwer treiben, was vom Januar ab ge schehen kann. Blühende Pflanzen müssen aber während der Dauer ihrer Blüte kühl gestellt werden, da sonst die Blüten leicht abfallen. Außer mit dieser immergrünen Art verlohnt es sich auch, noch mit anderen Treib versuche zu machen, so z. B. mit B. buxifolia, empetrifolia und vor allem mit der prachtvoll orangegelb blühenden B. stenoph^lla. Es sei an dieser Stelle auch der bekannten Mahonie gedacht, die sich, was jedenfalls nicht allgemein bekannt sein dürfte, sehr leicht treiben läßt und die man bereits zu Jahres anfang in Blüte haben kann. Man pflanzt kräftige Freiland exemplare im Frühjahr in Töpfe, hält sie zunächst bis zur An- wurzlung schattig und feucht, am besten in einem Kasten, und stellt sie im Sommer an einem recht warmen, sonnigen Stand ort auf. Getriebene Pflanzen machen mit ihren gelben, auf rechten Traubenrispen über dem glänzend grünen Blattwerk einen sehr guten Eindruck und sind gerade zur Winterszeit für Schmuckzwecke sehr gut zu gebrauchen. Besonderes Auf sehen dürften hoch- und halbstämmige Bäumchen erregen, die man durch Veredlung auf Stämme der gewöhnlichen Berberitze erzielt. Sehr dankbar blühende, aber leider etwas zärtliche Sträucher sind die Ceanothus, zu deutsch Säckelblume oder poesievoller Herbstflieder genannt, obschon diese Gat tung mit unserem eigentlichen Flieder nicht das mindeste zu tun hat, nur eine gewisse Ähnlichkeit des Blütenstandes und der Blütenfarbe hat diese Bezeichnung aufkommen lassen. Es sind niedrige Sträucher, die kaum mehr als Meterhöhe erreichen und darum besonders für Topfkultur recht geeignet sind. Die bekannteste und härteste Art ist C. americanus mit bläulich weißen Blütenrispen. Obwohl an und für sich ganz schön, wird diese Pflanze doch durch die zahlreichen Gartenformen, deren Blüten in blauen, weißen und roten Farben abändern, bei weitem übertroffen, nur haben diese Züchtungen, die meistens französischen Ursprungs sind und von Lemoine herrühren, den Fehler, daß sie für unsere klimatischen Verhältnisse zu zärtlich sind und daher am besten als Topfpflanzen im Kalt hause den Winter über gehalten werden. Die bekannteste Züchtung ist Ruhm von Versailles mit prächtigen, himmel blauen Rispen; dann sind Brillant, purpurviolett blühend, und besonders die karminfarbene Rote Perle als sehr schöne, kultur würdige Sorten zu nennen. Zwei- und dreijährige Topfpflanzen sind für Treibzwecke die besten und lohnen die geringe Mühe reichlich, doch kann es sich immer nur um ein spätes und lang sames Antreiben handeln. Ein bei uns wegen seiner Empfindlichkeit wenig ange pflanzter Strauch ist Chimonanthus praecox, dessen wohl riechende, bräunlichrote Blumen schon sehr früh erscheinen. Diese Eigenschaft macht ihn auch als Treibstrauch sehr empfehlenswert, weshalb man dort, wo man sich gute Pflanzen beschaffen kann, diese Pflanze zur Treiberei mit verwenden sollte. Für diesen Zweck ist jedenfalls eine ständige Topf kultur das richtigste, wobei man den Pflanzen dieselbe Sommer behandlung zuteil werden läßt, wie anderen Treibsträuchern auch. Er bedarf zur Blütenentwicklung keiner hohen Wärme, und es hält nicht schwer, zu Weihnachten blühende Töpfe von ihm zu besitzen. Ein Strauch mit ähnlichem Namen, der aber keine Verwandtschaft zur vorigen Art besitzt, ist Chionanthus virginica, die sogenannte Schneeblume, so genannt der schönen, weißen Blütenfarbe wegen, die diesen Strauch im blühenden Zustande zu einem der schönsten Ziergehölze des freien Landes