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484 Handelsblatt für den deutschen Gartenbau usw. Nr. 41 Der wirtschaftliche Krieg unserer Feinde. E s ist bekannt, daß unsere Gegner mit allen Kräften an der Hand sind, uns in jeder Weise zu schädigen; da ihnen ein Erfolg mit den Waffen versagt ist, versuchen sie es auf wirt schaftlichem Gebiet. Sie sind in allen Ländern an der Arbeit, um unsere Stellung, die wir uns im Laufe der Jahrzehnte durch unseren Fleiß und geistige Eigenschaften errungen haben, zu untergraben und uns vom Welthandel zu verdrängen. Das gilt besonders von Frankreich und Rußland, wie aus nachstehen dem hervorgeht. So ist nach einer Mitteilung der Zeitschrift des Handels vertragsvereins bei den letzten Verhandlungen des französischen Senats über das Gesetz betreffend das Handelsverbot mit dem Feinde einstimmig eine Entschließung angenommen, in der die französische Regierung aufgefordert wird, mit ihren Verbün deten weitere diplomatische Verhandlungen zu pflegen, um den deutschen und österreichischen Handel gemeinsam zu be kämpfen und einheitliche Bestimmungen über das Handels verbot mit dem Feinde festzulegen. Ferner hat das französische Handelsministerium eine Sonderkommission der Kammer be auftragt, den Niedergang des französischen Ausfuhrhandels und die mit demselben zusammenhängenden Aufgaben und Erschei nungen zu untersuchen. Diese Kommission soll prüfen, ob es nicht jetzt schon geboten ist, für ein wirtschaftliches Bündnis der Staaten des Vierverbandes durch zweckdienliche Verträge vorzusorgen. Diese Verträge haben zum Ziel, nicht nur die vier verbündeten Staaten von Deutschland und Österreich- Ungarn unabhängig zu machen, sondern sie sollen den Mittel mächten auch ihren Kundenkreis in Europa auf dem Weltmarkt nach Möglichkeit abspenstig zu machen suchen. Schließlich ist auch im französischen Justizpalast in Paris eine besondere Kammer eingerichtet worden zur Anstellung der erforderlichen Ermittlungen über alle Firmen, die in Verdacht geraten, mit dem Feinde Handel zu treiben oder Bannware zu führen. Auch die Belgier sind nicht untätig, das beweist die in Paris vollzogene Gründung einer Filiale der französischen Handelskammer in Brüssel, die sich der Wahrung der Inter essen der in Belgien ansässigen französischen Firmen und die tunlichste Verdrängung der deutschen Firmen auf dem dortigen Markte zur Aufgabe gemacht hat. Man hat auch ein Komitee aus Mitgliedern der französischen Handelskammer in Brüssel und dem Vorsitzenden der aus Belgien nach Frankreich ge flüchteten französischen Gesellschaft gebildet, dessen Tätigkeit darin besteht, alle Nachrichten zu sammeln, die darauf be rechnet sind, den deutschen und österreichischen Handel in Belgien zu schädigen und zu verdrängen. Wie in diesen beiden Ländern, so geht man auch in Ruß land gegen alles was deutsch heißt in blinder Wut vor. Das steht auch durchaus im Einklang mit einer Erklärung des russischen Ministerpräsidenten, der sich ja geäußert hat, daß man nicht nur Krieg gegen die deutsche Armee, sondern auch gegen das Deutschtum überhaupt führt. Ein Gesetzentwurf, den 39 Mitglieder des Reichsrates dem Ministerrat haben zu gehen lassen, wünscht die sofortige Betriebseinstellung und be fristete Schließung sämtlicher in Rußland auf Grund bestätigter Statuten arbeitender Gesellschaften, deren tatsächliche Leiter feindliche Staatsangehörige, also Deutsche und Österreicher, sind. Ferner beabsichtigt die russische Regierung die Einfuhr deutscher Waren vollständig zu verbieten. Sie ist der Meinung, daß deutsche Industrieerzeugnisse mit Umgehung des um 100 % erhöhten Zolles über Schweden als englische und französische Waren ins Land kommen. Daher ist durch Ver mittlung der russisch-französischen und englisch-russischen Handelskammern in Petersburg ein Übereinkommen mit den in Betracht kommenden Regierungen dahin zustande gekommen, daß bei Einfuhr der Ware die Vorlegung eines Ursprungs zeugnisses verlangt wird. Den Zollbehörden ist der Auftrag gegeben, sorgsam zu prüfen, ob die Herkunft der Ware den gemachten Angaben tatsächlich entspricht, und in zweifelhaften Fällen sind sie gehalten, ein besonderes Erkundigungsverfahren einzuleiten. Ergibt sich hierbei, daß die eingeführte Ware deutschen oder österreichischen Ursprungs ist, so soll der Empfänger zur strafrechtlichen Verantwortung gezogen werden. In Rußland selbst steht man diesen Versuchen der Regie rung und panslawistischen Kreise ziemlich skeptisch gegenüber. Auch die Petersburger Großkaufleute glauben nicht an eine Verdrängung der deutschen Waren vom russischen Markte. Die Leistungsfähigkeit der französisch-russischen oder der englisch-russischen Handelskammern beschränkte sich bisher nur auf theoretische Versuche. Alle bisherigen Erfahrungen haben gezeigt, daß man von dieser Seite weder auf Krediterteilung noch auf auf eine systematische Bereisung des Landes rechnen könne. Was von Waren bis jetzt aus Frankreich und England nach Rußland eingeführt worden ist, war minderwertig und teuer dazu. Das ist erst vor wenigen Wochen in einer handels politischen Konferenz ausgesprochen worden. Ob in der Tat unsere Feinde mit ihrer Bestrebung sonder lich Glück haben werden, scheint uns zweifelhaft. Die deut schen Erzeugnisse genießen Weltruf. Ihre Herstellung in der gleichen Güte und Wohlfeilheit sollen die feindlichen Staaten uns erst einmal nachmachen. Schon jetzt, während des Krieges, zeigt es sich, wie der Weltmarkt in sehr vielen Produkten von Deutschland abhängig ist und viele Industrien durch das Aus bleiben der deutschen Rohstoffe usw. einfach lahmgelegt sind. Industrien lassen sich aber ebensowenig wie Heere aus der Erde stampfen, dazu bedarf es doch einer ganzen Anzahl grundlegender Bedingungen und des Zusammenarbeitens einer großen Summe von geistigen und wirtschaftlichen Kräften und Erfahrungen, vor allem auch eines guten Teiles von An passungsvermögen und eines Sichhineinlebens in die Verhält nisse der Kundschaft, Eigenschaften, die nicht von heute auf morgen erworben werden können. Natürlich legen auch wir nicht die Hände in den Schoß und stehen den Absichten, Lockungen und Werbungen der feindlichen „Bekehrungsgesellschaft“ nicht tatenlos gegenüber. So hatten die im Kriegsausschuß der deutschen Industrie ver einigten Zentralindustrieverbände eine Besprechung über die Aufgaben der vom Kriegsausschuß bei Beginn des Krieges gegründeten Außenhandelsabteilung. Nach eingehender Er örterung des von Professor Dr. Harms, dem Leiter des Instituts für Seeverkehr und Weltwirtschaft in Kiel, erstatteten Referats wurde eine Entschließung einstimmig gefaßt, die be sagt, daß die zahlreichen, vom feindlichen Auslande ergriffenen Maßnahmen zur systematischen Verdrängung und Ausschal tung des deutschen Wettbewerbes nach dem Kriege eine ziel bewußte organisatorische Förderung der deutschen Ausfuhr, überhaupt der deutschen Welthandeisinteressen erfordern, um hierdurch die durch den Krieg herbeigeführten Schädigungen abzuwenden. Es werden daher die vorbereitenden Schritte, die seitens der Außenhandelsabteilung des Kriegsausschusses der deutschen Industrieen zur Förderung des deutschen Wirt schaftslebens auf dem Gebiete des Außenhandels unternommen und in Aussicht genommen worden sind, gebilligt und be grüßt. Es besteht die Absicht, auch mit anderen wirtschaft lichen Verbänden und sonstigen Instituten, die an den auf diesem Gebiete sich ergebenden Aufgaben mitzuarbeiten be rufen und gewillt sind, in Verbindung zu treten, um auf diesem Wege den weitverzweigten, im Außenhandel beteiligten vater ländischen Interessen möglichst im vollen Umfange gerecht zu werden. Welche Lehren und Folgerungen ergeben sich nun aus diesem Handelskriege für uns Handelsgärtner und Blumen geschäftsinhaber? Wir sehen auf der einen Seite, in welch leidenschaftlicher Weise man im Osten und Westen, jenseits des Kanals und im sonnigen Italien gegen uns vorgeht und wie man kein Mittel scheut, um zum Ziele zu gelangen. Anderer seits entblöden sich französische und italienische Firmen nicht, eine höchst dreiste Propaganda für den Absatz ihrer Erzeug nisse in Schnittblumen und Pflanzen zu treiben. Auf jede er denkliche Art und Weise und auf Schleichwegen versuchen sie schon seit Monaten sich an Gärtner und Blumengeschäftsinhaber