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i Nr. 12. Leipzig, 15. Juni 1891. VI. Jahrgang. Eigentum (les Verbandes der Handelsgärtner Deutschlands, Organ des Gartenbauverbandes für das Königreich Sachsen, sowie vieler gärtnerischer Lokalvereinigungen, herausgegeben unter Mitwirkung der hervorragendsten Fachmänner des In- und Auslandes. Das „Handelsblatt für den deutschen Gartenbau etc.“ erscheint am 1. und 15. jeden Monats. Abonnementspreis für Nicht- verbandsmitglieder pro Jahrgang 7 Mk. 50 Pf; für Verbandsmitglieder kostenlos. Redaktion: Otto Mohrmann, Leipzig-Lindenau, Geschäftsführer des Verbandes der Handelsgärtner Deutschlands. Verlag: Expedition des Handelsblattes etc. Die Marseiller Tazette. (Mit Abbildung.) PPeRReststellen zu wollen, woher diese schöne Treib- Narzisse stammt, wann sie zuerst nach Europa kam und welche der sehr vielen Trauben-Nar- zissen ihre Stammform sei, würde eitel Bemühen sein. Ganz sicher ist nun allerdings, dass sie aus dem Oriente, d. h. der europäischen Türkei oder Griechenland kommt, und nicht etwa aus , idem Süden Frankreichs, wie die allgemein bekannte Be- ‘ Zeichnung ^Marseiller Ta%ette u andeuten möchte. Sie kam dorthin wie so manche der schönsten Zwiebelgewächse durch die reichen Kaufherren des Mittelalters, die, mit den fer nen Ländern eifrig Handel treibend, auch ihre an seltener Pracht ausgezeichneten Blumen in die Heimat brachten, um ihre Gärten damit zu schmücken. Viel später erst, zu Anfang unseres Jahrhunderts, kam sie von Marseille oder anderen Orten der Provene nach dem Norden, durch Mar seiller Gärtner vermittelt, und daher hat sich die land läufige Bezeichnung eingebürgert. In Marseille selbst, wie überhaupt in Frankreich, heisst sie „Narcisse de Constantinople“- auch heutigen Tages und diese richtigere Bezeichnung allein deutet den Weg an, den sie kam. Trotzdem stammt sie aber doch auch nicht aus der türkischen Hauptstadt, sondern ist höchst wahrschein lich in Cypern heimisch und wild. Es gibt sehr viele Gärtner und sogar viele Botaniker von Beruf, die alle Trauben-Narzissen zusammen werfen und unter einer Bezeichnung, der Linnäschen Narcissus Taxxetta, zusammenziehen. Das ist aber zweifelsohne durch aus falsch. Ebensogut musste man alle, absolut alle Tulipa zusammenwerfen und es gebe nur eine einzige Spezies, vielleicht die etwas rätselhafte Tulipa Gesneriana. Die unter der Klassenbezeichnung TaxrMae bezeichneten Nar zissen haben sehr viele sicher begründete gute Arten und nicht immer blosse Formen. Als Beweis dafür genügt allein, dass eine Anzahl der schönsten Gartenformen sehr un fruchtbar bleiben und keine Samen tragen, also hybriden Charakters sind, denn die Unfruchtbarkeit allein und die unvollkommen gebildeten Antheren deuten auf hybriden Ursprung sicher hin. Wenn nun aber alle Tazxettae nur Formen einer einzigen allerdings somit wunderbar viel gestaltigen Art wären, so müssten diese Formen unter ein ander fruchtbare Zwischenformen erzeugen, das aber ist nicht immer der Fall. Aber dieser allerdings gründliche Beweis für die Unhaltbarkeit der einzigen Tazzetta ist gar nicht einmal nötig für denjenigen, welcher dieselben in ihrer Heimat im wilden Zustande sowohl als in den Gärten hat beobachten können. Und der Sprung von der italie nischen wilden Taxzetta und der heiligen Narzisse der Japanesen, die man jetzt in Europa zu fabelhaften Preisen verkauft, ist denn doch auch etwas gar so weit und gross und dazwischen auf der langen Reise von Smyrna etwa nach Jokohama liegt da etwas was Narzisse heisst? Und dennoch ist diese heilige Narzisse nichts weiter als eine Taxxettae. Es wäre wohl gut und eine dankbare Arbeit, wenn sich ein Botaniker entschliessen könnte, diese Nar zissen nach lebendem Material genau zu untersuchen und jeder endlich ihren rechten Platz anzu weisen, denn es gibt darunter sowohl gute Arten als auch blosse Formen. Die richtige Taxxetta wächst in Italien und ist dort in einigen Gegenden sehr gemein. Es ist also die N. Tax xetta Lois.^ die wahrscheinlich nach Süd-Frankreich hin über reicht, mit grossen, hübschen, zweifarbigen Blumen und sehr akutem Dufte. Linnes N. Taxxetta hat wahr scheinlich alle damals bekannten Trauben-Narzissen um fasst, und es ist nicht gewiss zu behaupten, welche von diesen der grosse Botaniker als solche verstehen wollte. Die echte N. Tazxeita hat bisher keine gefüllten Blumen gebracht, wenn man absehen will von einer vor wenigen Jahren im wilden Zustande aufgefundenen halbgefüllten Form, die bei guter Kultur bereits jetzt verspricht sich zu vervollkommnen und gefüllter zu werden, allerdings die