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Nr. 9. Leipzig, 1. Mai 1891. VI. Jahrgang. Eigentum des Verbandes der Handelsgärtner Deutschlands, Organ des Gartenbauverbandes für das Königreich Sachsen, sowie vieler gärtnerischer Lokalvereinigungen, heransgegeben unter Mitwirkung der hervorragendsten Fachmänner des In- und Auslandes. Das „Handelsblatt für den deutschen Gartenbau etc.“ erscheint am 1. und 15. jeden Monats. Abonnementspreis für Nicht- verbandsmitglieder pro Jahrgang 7 Mk. 50 Pf; für Verbandsmitglieder kostenlos. Redaktion: Otto Mohrmann, Leipzig-Lindenau, Geschäftsführer des Verbandes der Handelsgärtner Deutschlands. Verlag: Expedition des Handelsblattes etc. Rosa Banksiana als Unterlage zu Thee- und Theehybriden. er Gärtner, welcher in den Herbst- und Winter- monaten viele, ja sehr viele Rosen zu schaffen hat, sei es als Herrschafts- oder Handelsgärtner, sollte zu diesem Zwecke keine andern als Thee rosen oder deren Hybriden kultivieren und die selben auch nur, sei er wo er wolle, im Süden oder Norden, Osten oder Westen, möge er seine Rosen im Freien oder unter Glas kultivieren können, auf die ostasiatischen Rose Banksiana pfropfen, niemals auf irgend welche andere Unterlage. Diese Rose, die bekannt lich aus dem äussersten Osten Asiens stammt und in ihrer Heimat viele schöne Formen erzeugt hat, die auch teilweise bei uns kultiviert werden, wenigstens im Süden Europas, ist eine der starkwüchsigsten, wenn nicht die, riesigste Rosenspezies der Erde. Sie macht dazu niemals Ausläufer und wächst ungeheuer schnell. Sie hat wenig oder keine Dornen, bildet glatte schöne Stämme und festes Holz, ver bindet sich innig mit den edlen Theerosen und erzeugt einen Blütenreichtum, eine Unverwüstlichkeit, wie keine andere Rose. Sie erreicht ein sehr hohes Alter und was die Hauptsache ist, sie macht viel weniger Ansprüche an den Boden, als irgend eine sonstige Rose. Wenn ich die Prachtspaliere, die mit ungeheuren Rosen ganze Häuser im Süden decken, bis 20 m hoch steigen oder geführt werden und Millionen von Blumen und Knospen erzeugen, uner müdlich, unausgesetzt fast das ganze Jahr, ob der Sommer glühend heiss oder der Winter in den Nächten kalt, oft selbst Schnee bringend, sehe, da bleibt es mir allemal ein Rätsel, weshalb die Gärtner in nördlichen Ländern nicht längst Häuser oder geeignete Kästen bauten, um die Rosen auf die allerleichteste und natürlichste Weise zu grossen Massen im Herbst und Winter zu haben. Aber ich bin auch wie der überzeugt, dass es dahin kommen wird und muss. Keine Theerose erreicht, wenn wurzelecht. kultiviert, die Dimensionen und den Blütenreichtum, niemals kann sie so ausdauernd 30—50 Jahre und länger bestehen und blühen und zudem macht sie grosse Ansprüche an den Boden. Was aber die Hundsrose als Unterlage für Hausrosen, die sogar getrieben werden sollen, hat man oft genug er fahren. Die Rosa Banksiana ist immergrün. Ihre Stämme er reichen die Stärke von ca. 1 m Umfang in Meterhöhe über dem Boden, und die meisten Theerosen wachsen und blühen darauf ganz merkwürdig reich und schön. Sie bildet viele meterlange Jahrestriebe, die sich sehr gut zur Heranzucht kräftiger Unterlagen eignen, und" die als Senker behandelt, in zwei Jahren geeignet sind zur Veredelung. In allen Gärten Italiens sieht man oft enorm grosse Rosenstöcke, deren ein einziger grosse Wandflächen bedeckt oder Lauben bildet, Schirme darstellt und in jede beliebte Form sich fügt, diese ganze prachtvolle Rosenwelt, die gewiss nicht schöner ge dacht werden kann und nirgends üppiger und besser exi stiert, verdankt ihr Dasein einzig und allein der Banksiana- rose, auf die sie veredelt sind. Es ist ganz unglaublich, welche Lebensfülle diese asiatische Rose entwickelt und auf ihre angepfropften Pfleglinge auch überträgt. Man muss das sehen und erleben, um für immer und für alle Fälle, wo die Kälte nicht ein Wort mitredet, nur diese Rose als Unterlage zu nehmen. Alle andern Unterlagen sind Stümper dagegen. Würden z. B. in Italien hoch-' stämmige Rosen oder Trauerrosen so beliebt sein als in Deutschland und anderswo, welche Prachtstämme könnte man sich da mit Leichtigkeit erziehen. Allerdings lehnt die Banksiana sich gern an Gegenstände an, denn sie ist von Natur Kletterrose, aber doch erstarken ihre Triebe schnell genug, um keines Haltes mehr zu bedürfen und dann ist ja auch der Pfahl dazu da, um ihnen als Stütze zu dienen. Wie gesagt, mit Hilfe dieser Rose kann man alle nur erdenklichen Formen erzwingen und alle Gegen stände mit Rosen umkleiden. Sie bildet z. B. die aller-