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Nr. 8. Leipzig, 15. April 1891. VI. Jahrgang. Eigentum des Verbandes der Handelsgärtner Deutschlands, Organ des Gartenbauverbandes für das Königreich Sachsen, sowie vieler gärtnerischer Lokalvereinigungen, herausgegeben unter Mitwirkung der hervorragendsten Fachmänner des In- und Auslandes. Das „Handelsblatt für den deutschen Gartenbau etc.“ erscheint am 1. und 15. jeden Monats. Abonnementspreis für Nicht- verbandsmitglieder pro Jahrgang 7 Mk. 50 Pf.; für Verbandsmitglieder kostenlos. Redaktion: Otto Mohrmann, Leipzig-Lindenau, Geschäftsführer des Verbandes der Handelsgärtner Deutschlands. Verlag: Expedition des Ilandelsblattes etc. Einiges aus der Geschichte des deutschen Gartenbaues. BSie ersten Spuren des Gartenbaues unsrer alten Deutschen finden wir im achten Jahrhundert und zwar zu der Zeit, wo das Christentum in Deutschland Eingang fand. Um diese Zeit Dl bildeten sich auch in den damals bekannten deutschen Landen, hauptsächlich in den Rhein gegenden feste Wohnsitze, welche sich mehr und mehr zu Dörfern und Städten heranbildeten und stellte sich auch somit mehr und mehr das Bedürfnis ein, Erzeugnisse der Natur und Gewächse zu Nahrungsmitteln zu benutzen (denn wie die alten Chronisten melden, lebten unsre alten Deutschen nur von Fleisch, denn sie betrieben nur Jagd und etwas Viehzucht), diese Gewächse auf besonderen Flächen Land (Garten genannt) anzubauen und zu pflegen. Es waren meist einheimische rübenartige Gewächse, um die es sich zu der Zeit handelte, doch fing man auch bald an Obst bäume in die Gärten zu pflanzen, wenn auch mit gering wertigen Früchten, welche erst gekocht werden mussten ehe sie zur Nahrung dienten. Besonders war es Karl der Grosse (von 768—814), welcher sich zur damaligen Zeit sehr verdient um den deutschen Gartenbau gemacht hat. Derselbe erliess dies bezügliche Verordnungen, besonders aber ging er mit dem guten Beispiele voran, in allen seinen Gärten nachstehende Baumgattungen anpflanzen und von besonders dazu be orderten Leuten pflegen zu lassen, und zwar: Speierlinge, Haselnüsse, Quitten, Kastanien, Pfirsichen, Maulbeeren, Pflaumen, verschiedene Sorten Kirschen, Aepfel und Birnen. Viele der genannten Bäume liess Kaiser Karl aus Frank reich und Italien bringen, dort hatte man von denselben schon eine beträchtliche Anzahl Sorten. Es ist uns leider kein Name der einzelnen Sorten aufbewahrt geblieben, doch sollen schon einige 20 Sorten Aepfel, gegen 40 Sorten Birnen, Sommer- und Winterfrüchte, schmelzende und harte, eine sehr grosse, schmelzende Birnensorte hiess „Libralia'‘ 1, ; 6 Sorten Kastanien zum Essen; 2 Sorten Maulbeeren; Kirschen gab es gegen 10 Sorten und Pflaumen noch mehr; Quitten 3 Sorten, von denen eine ihres gelben Fleisches wegen „Chrysomela'’' - hiess; auch der Wein war schon in mehreren Sorten vertreten. Der erste Versuch mit dem Weinbau in der Rheingegend wurde schon um das Jahr 300 von dem römischen Kaiser Probius gemacht; jedoch erging es dem Weinbau ebenso wie dem Garten- und Obstbau, er blieb immer eine unvollkommene und vernachlässigte Kultur und gelangte erst mehr und mehr zur Aufnahme, je mehr das Christentum fortschritt und die Anlage von Klöstern und Abteien vor sich ging. Hauptsächlich waren es die Mönche, welche in ihrem Einsiedlerleben sich mit Obst- und Gartenbau beschäftigten, die Klöster und Abteien waren zu jener Zeit, in welcher Deutschland von Unruhen und Kriegen durchzogen wurde, die Orte, wo Ruhe und Frieden herrschte. Im 11. Jahrhundert hob sich die Lieb haberei für Gartenbau und Obstzucht schon mehr, denn an den verschiedenen Höfen von Deutschland herrschte ein gewisser Luxus und da man in anderen Ländern, haupt sächlich in Brabant und Holland schon anfing Blumenzucht zu treiben, verpflanzte sich auch diese Neigung nach Deutsch land. Die Seefahrer brachten fremdländische Pflanzen und Samen mit, mit welchen Versuche angestellt wurden, wo von viele auch geglückt sind. Auch wird erzählt, dass die im 12. Jahrhundert vom Meere verschlungene Stadt „Vineta" auf Usedom schon sehr schöne Obst- und andere Gärten besessen haben soll, mit deren Erzeugnissen Handel getrieben wurde. Im 13. Jahrhundert jedoch wurden schon mehr und mehr Kulturversuche angestellt, besonders durch die Kreuzfahrer, welche aus dem Süden allerlei Gewächse mit brachten und deren Verbreitung betrieben. Von Blumen führte man auf diese Weise ein: Levkojen, Lilien, Bosen, . Veilchen, Narzissen, Tulpen, Lavendel etc. etc.; jedoch zog sich deren Hauptkultur immer hinter die Kloster-