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411 Handelsblatt für den deutschen Gartenbau usw. No. 28 einigung, im „Deutschen Berufsgenossenschaftstag", vertreten sein zu können, oder ob sie sich auch fernerhin ihre Angelegenheiten und Beiträge von den Land- und Forstwirten diktieren lassen wollen. Wir sagten oben bereits, dass der § 915 ungenügend gefasst ist. Es wäre folgende Ordnung der Materie jeden falls viel zweckmässiger: 1. den § 913 Absatz 1 wie folgt zu fassen: „Der Unfallversicherung unterliegen die landwirt schaftlichen Betriebe und die Gärtnereien, nicht aber das ausschliessliche Bewirtschaften kleiner Haus- und Ziergärten, sofern es nicht durch nach § 918 V ersicherungspflich- tige im Hauptberuf erfolg t.“ Durch eine solche Fassung wäre erstens darüber Klarheit geschaffen, dass sowohl die Landwirtschaft wie auch die Gärtnerei als selbständige Berufe den Bestimmungen der landwirtschaftlichen Unfallversicherung unterstellt sind. Ferner ist korrekter bestimmt, was als versicherungspflichtige „Gärtnerei" anzusehen ist und was nicht. Der § 915 ist dadurch überflüssig und kann ganz ge strichen werden. Um nun jedoch für die Vereinfachung des weiteren Gesetztextes ein fortgesetztes Wiederholen von „land wirtschaftlicher Betrieb und Gärtnerei-Betrieb“ nebeneinander zu verhindern, — das war ja auch der eigentliche Zweck der Ein leitung des § 915: „Als landwirtschaftlicher Betrieb gilt..." — empfiehlt es sich, als § 913a einen neuen Paragraphen einzu fügen, der lauten müsste: § 913a: „Die Vorschriften dieses Buches für landwirtschaftliche Betriebe, Arbeitgeber, Unternehmer und Beschäftigte gelten, soweit nichts anderes vorgeschrieben ist, auch für die Gärtnereibetriebe, Arbeitgeber, Unternehmer und Be schäftigte." In § 173 haben wir eine ähnliche Vereinfachungsbestimmung für die Forstwirtschaft, die sich generell auf das ganze Gesetz bezieht. Die für die gärtnerischen Arbeitnehmer wich tigste Bestimmung ist die des § 918. Dieser lautet im Entwurf: „Gegen Unfälle bei Betrieben, die nach den §§ 913 bis 917 der Versicherung unterliegen (Betriebsunfälle), sind versichert: 1. Arbeiter, 2. Betriebsbeamte, deren Jahresarbeitsverdienst nicht 3000 Mark an Entgelt übersteigt, wenn sie in diesen Betrieben beschäftigt sind. Als Arbeiter gelten auch Gehilfen, Gesellen und Lehrlinge. Die Satzung der Berufsgenossenschaft hat für deren Bezirk festzustellen, wer als Betriebsbeamter oder als Fach arbeiter gilt. Facharbeiter, im Unterschied zum gewöhn lichen landwirtschaftlichen Arbeiter ist, wer für seine Stel lung besonderer fachlicher Fertigkeit bedarf, z. B. Förster, Gärtner, Gärtnereigehilfen oder gewerbliche Facharbeiter, wie Brenner, Maschinenführer, Heizer, Müller, Ziegler, Stell macher, Schmiede u. a. Betriebsbeamte und Facharbeiter sind solange den anderen Arbeitern gleichgestellt, bis die Satzung es anders bestimmt.“ Dieser Paragraph ist jedenfalls der unglücklichste in dem ganzen, sonst so klar und durchsichtig gearbeiteten Gesetzentwurf. Er vereinigt in sich alle Fehler, die überhaupt in der Paragraphen schmiede vorkommen können. Es erübrigt sich, die Untauglichkeit dieses Gebildes im einzelnen nachzuweisen. Wir wollen deshalb sofort eine bessere Formulierung vorschlagen. Wir empfehlen, dem § 918 folgende Fassung zu geben: „Gegen Unfälle bei Betrieben, die nach den §§ 913 bis 917 der Versicherung unterliegen (Betriebsunfälle), sind ver sichert 1. Arbeiter, sowie Gehilfen, Gesellen und Lehrlinge (Facharbeiter). 2. Betriebsbeamte und andere in gehobener Stellung befindliche Angestellte, deren Jahresdurchschnittsverdienst nicht dreitausend Mark an Entgelt übersteigt, wenn sie in diesen Betrieben beschäftigt sind. Facharbeiter, im Unterschiede zum gewöhnlichen land wirtschaftlichen Arbeiter ist, wer für seine Stellung be sonderer fachlicher Fertigkeiten bedarf oder sich in ge hobener Stellung befindet, z. B. Förster, Gärtner, Müller, Ziegler, Stellmacher, Schmiede, Brenner, Maschinenführer, Heizer u. a„ sowie die Gehilfen, Gesellen und Lehrlinge dieser Berufe, insbesondere die Gehilfen, die ständigen Ar beiter und die Lehrlinge in den Gärtnereien." Diese Fassung dürfte den Willen des Gesetzgebers präziser, und den Wünschen der in Frage kommenden Personenkreise ge- genügender, zum Ausdruck bringen. Zu § 196 ist bereits in der Reichstagskommission ein vom Abgeordneten Behrens einge brachter und nach diesen Grundsätzen begründeter Antrag ein stimmig angenommen worden, nachdem ein Vertreter der Verbündeten Regierungen die Zustimmung zu den Ausführungen des Antragstellers in bezug auf die Umgrenzung des Personent kreises der Facharbeiter ausgesprochen hatte. In § 964 wird bestimmt, was die Satzung der Berufs genossenschaft bestimmen muss. Darin ist unter No. 17 vorge schrieben, durch die Satzung zu bestimmen: „wer als Be- triebsbeamter oder als Facharbeiter gilt.“ Hier dürfte sich ein Hinweis auf § 918, vielleicht durch Anfügen von „(§ 918)“ empfehlen. Da dem Reichsversicherungsamt laut § 965 bezw. 694 die Genehmigung der Satzung zusteht, so dürfte damit genügend Sicherheit für loyale Auslegung des § 918 gegeben sein. Im übrigen ist den Betriebsbeamten und den Facharbeitern durch § 926 die Berechnung der Rente nach dem Jahresver dienst gleich den der Gewerbe-Unfallversicherung unterstellten Arbeitern (§§ 584 bis 587, 588) gesichert. § 929 sichert ihnen das Dreihundertfache des Ortslohnes für den Fall, dass ihr Jahres arbeitsverdienst diesen nicht erreicht. Mit dem Hervorheben dieser für die Arbeitnehmer erheblichen Tatsachen und Abände rungsvorschläge wollen wir das III. Buch verlassen, um kurz das II. Buch zu besprechen. Während im III. Buch (Unfall-Versicherung) die Gärtnerei als Beruf mit ihren Interessen geschlossen in Erscheinung tritt, so ist das im II. Buch (Krankenversicherung) nicht der Fall. Die Zugehörigkeit der Gärtnerei in der Unfallversicherung ist ohne Wirkung auf die Stellung der Gärtner in der Krankenversiche rung. Nach dem II. Buch sind alle Gärtner (Arbeitnehmer) krankenversicherungspflichtig; ob sie als gewerblicher oder kaufmännischer Arbeiter bezw. Gehilfe oder Obergärtner, als Gutsgärtner oder in einer Villengärtnerei tätig sind. Ja selbst im ,,Dienstboten"-Verhältnis entgehen sie der Krankenversicherungs pflicht nicht. § 177 verpflichtet sie alle, sofern ihr „regelmässiger Jahresarbeitsverdienst 2500 Mark (der Entwurf sah 2000 Mark vor, die Kommission hat die Summe auf 2500 erhöht) als Entgelt nicht übersteigt." Für die Gärtner kommen praktisch folgende Krankenversiche rungsmöglichkeiten in Betracht: 1. die Ortskrankenkassen; 2. die Landkrankenkassen; 3. die Betriebskrankenkassen; 4. die Ersatz kassen und 5. die in § 186 ausgesprochene Möglichkeit, vom Kassenzwang befreit zu sein, wenn der Arbeitgeber aus eigenen Mitteln eine gleichwertige Krankenhilfe gewährt. Diese 5. Mög lichkeit ist bereits von der Reichstagskommission abgelehnt. Vor weg sei zu den „Ersatzkassen“, bis jetzt „freie Hilfskassen" genannt, bemerkt, dass ein Ersatzkassen-Mitglied unter bestimmten Voraus setzungen zur Mitgliedschaft in keiner anderen Kasse gezwungen werden kann. Während das Ersatzkassen-Mitglied seine Beiträge allein zahlen muss, soll nach dem Entwurf der Arbeitgeber ge zwungen sein, seinen Beitragsanteil trotzdem an die zuständige Orts- oder Landkrankenkasse zu zahlen. Diese Bestimmung wird auch für die allgemein beliebte „Krankenkasse für deutsche Gärtner" (Hamburg) unerträglich und für die Gehilfen und Arbeit geber in der Gärtnerei gleich chikanös sein. Die Betriebskrankenkassen kommen nur für die jenigen in Betracht, die in Betrieben oder bei Betriebsunter nehmern arbeiten, die für ihre Betriebe eine solche Kasse errichtet haben. Besonders wird das für die in staatlichen und gemeind lichen Betrieben (Eisenbahn, Stadtgärtnerei) beschäftigten Personen zutreffen. Die beiden wichtigsten Kassenformen sind die Orts krankenkassen und die Landkrankenkassen. Diese sollen in der Regel für den Bezirk eines Versicherungsamtes, also Stadt- bezw. Landkreis errichtet werden. Beide Kassenformen sollen nur nebeneinander bestehen, wenn jede mindestens 500 Pflichtmitglieder haben würde. Wenn also nur eine dieser Kassen arten besteht, so gehören alle Gärtner in die eben bestehende Kasse. Wenn jedoch beide Arten in einem Bezirk nebeneinander bestehen, so sind nach dem Entwurf „landkrankenkassen pflichtig" alle Gärtner, die als Gutsgärtner in der Land wirtschaft oder in einem Nebenbetrieb der Landwirtschaft oder bei einer Privatherrschaft beschäftigt sind, denn § 245 bestimmt: „M itglieder der Landkrankenkasse sind die in der Landwirtschaft beschäftigten, die Dienstbote n." — Alle Gärtner und Gehilfen in den Gärtnereien, die Neben betriebe von gewerblichen Unternehmungen sind, z. B. Konzert-, Hotel- und Theatergärten usw., Friedhöfe; ferner die, welche in Blumengeschäften, Samenhandlungen, Kranzbindereien, Pflanzenhandlungen, Landschaftsgärtnereien und in den anderen gewerblichen Gärtnereibetrieben arbeiten, sind „O rts- k r a n k e n k a s s e n p f 1 i c h t i g". Hier wird aber in der Praxis der Zweifel und Streit einsetzen. Was sind „gewerbliche" Gärtne reien. Die alte unlösliche Preisfrage wird solange die Situation verwirren, solange der Unfug nicht aufhört, von „gewerblichen" und „landwirtschaftlichen" Gärtnereien zu reden. Die einfachste Lösung ist, wenn alle Beteiligten, auch die amtlichen Instanzen, nur zwischen „Gärtnerei“ und „Landwirtschaft“ unterscheiden. Dadurch werden feste Begriffe geschaffen, und es ist dann viel